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Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)

Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Sears
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immer einfach, aber ich bemühe mich. Und deshalb: Können wir jetzt zur Sache kommen?«
    »Ich sagte es bereits: Ich habe mit Ihnen nichts zu besprechen.«
    »Großartig. Dann sitze ich also in einem Konferenzraum herum und sehe Stapel von Computerausdrucken durch, die ich nicht verstehe. Das ist kein Gefängnis, aber ätzend ist es auch. Trotzdem: Ich kassiere dafür fünf Riesen am Tag, und diese Kuh werde ich melken, solange ich kann. Oder Sie bieten mir ein gewisses Maß an Unterstützung und sind mich Ende nächster Woche los. Ihre Entscheidung.«
    Wir starrten einander über den Schreibtisch hinweg an. Er war groß und breitschultrig, Mitte fünfzig, ziemlich grau schon, aber mit schmalen Hüften und gut in Form. Nach Börsenschluss spielte er Basketball, jede Wette. Er zwinkerte zuerst.
    »Setzen Sie sich.«
    Ich nahm das als Einladung, nicht als Anweisung.
    Sein Büro war beinahe anheimelnd. Dunkle Kirschbaummöbel, ein kostbarer Orientteppich. An der Wand hinter seinem Schreibtisch hingen gerahmte Exemplare aus seiner Sammlung von Obligationen, die nie ausbezahlt worden waren: Staatsanleihen der Konföderierten Staaten von Amerika; Pfandbriefe für die ökonomische Entwicklung Patagoniens aus dem späten 19. Jahrhundert – gedeckt durch Gold, das vermutlich noch im Erdboden lag; eine chinesische Eisenbahn-Null-Prozent-Anleiheaus den 1920er-Jahren, die in Gulden gestückelt war. Innovationen in der Finanzwirtschaft beruhen mindestens genauso auf Recycling wie auf Einfallsreichtum.
    »Was muss ich tun, um Sie so schnell wie möglich loszuwerden?«
    »Ich brauche jemanden – einen Junior Trade vielleicht oder einen klugen Assistenten –, der sich mit mir zusammen die Handelsprotokolle anschaut. Und mir erklärt, was ich sehe. Einen Übersetzer. Dann möchte ich mit ein paar Freunden oder guten Bekannten des Mannes reden. Wären das andere Trader? Vertriebsleute? Manchmal haben Leute etwas gesehen und wissen nicht, dass sie es gesehen haben.«
    »Und manchmal gibt es nichts zu sehen.«
    Ich nickte. »Mir soll es recht sein. Wenn da nichts ist, werde ich das gern sagen.«
    »Gut. Ich kümmere mich darum. Was noch?«
    Ich hatte ihn so weit. Er kooperierte. Ich lehnte mich zurück und machte es mir in dem Sessel bequem.
    »Erzählen Sie mir von Sanders!«
    Barilla atmete entnervt aus und wartete einen Moment. »Das war wörtlich gemeint vorhin. Er war ein guter Mann. Grundanständig in meinen Augen. Geradlinig.«
    »Wie ist er zu Ihnen gekommen? Hat jemand ihn hier untergebracht?« Im Lauf der über zwanzig Jahre, die ich in dem Geschäft gewesen war, hatte die Wall Street sich durchaus geöffnet, aber Verbindungen – »Vitamin B« – waren immer noch sehr hilfreich für jeden, der hier eine Chance haben wollte.
    »Nein. Er ist über ein Trainee-Programm bei uns gelandet. Normalerweise kann ich mit diesen MBAs nicht viel anfangen – es sei denn, sie bringen gute Zeugnisse von den richtigen Unis, dem MIT oder der Universität Chicago. Sie wollenalle viel zu sehr gefallen. Passen gut in den Vertrieb. Sanders war anders. Er hatte Mumm und kam immer mit guten Ideen. Und er konnte hervorragend mit Zahlen umgehen.«
    »Womit hat er gehandelt?«
    »Anleihen. Er gehörte zur Eigenhandelsgruppe. Das sind in erster Linie einige wenige Senior Trade, die direkt an mich berichten. Solange sie Geld machen, haben sie völlig freie Hand. Sie gehen nicht selten hohe Risiken ein, aber sie haben das im Griff; man kann ihnen das zutrauen. Außerdem gehören zu der Gruppe ein paar junge Händler. Sie lernen aus dem, was sie bei den erfahrenen Leuten mitbekommen, und bringen vielleicht ab und zu eine gute Idee für etwas Neues ein.«
    »Und Sanders war einer von ihnen?«
    Er nickte. »Das ist eine gute Truppe. Dick Wheeler führt sie. Neil Wilkinson könnten Sie eventuell noch kennen. Er war auch bei Case – damals, in den finsteren Zeiten.«
    Und ob ich mich an Cornelius Wilkinson erinnerte. Er war ein Genie und ein Gentleman – eine Mischung, die ohnehin selten ist, an der Wall Street aber so gut wie nie anzutreffen.
    »Zurück zum Thema«, sagte ich. »Anleihen?« Davon hatte ich nicht viel mehr als eine vage Vorstellung.
    »Die Kurzfassung? Er hat mit US-Staatsanleihen und Bonds gehandelt und damit Arbitragegeschäfte am Futures-Markt abgewickelt. Ungefähr das, was Sie mit Devisen gemacht haben, richtig?«
    »Im Devisenhandel sprechen wir von Daytrading.«
    »Ein schlauer Kopf kann im einen Markt kaufen und im anderen auf

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