Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)
aufmerksam und interessiert an.
»Eine Gruppe von Tradern geleitet. Devisen. Fremdwährungen. Ist nicht besonders aufregend, darüber zu reden.« Ich wusste, dass ich ruppig klang. »Hin und wieder war es aufregend, es zu tun.«
Wieder drückte sie meine Hand, wohl zum Zeichen, dass ich weiterreden sollte.
»Aber ich habe Fehler gemacht. Jetzt bin ich da nicht mehr. Zurzeit mache ich privates Consulting.« Früher hatteich die Rede vom Consulting immer für einen Witz gehalten – für eine andere Art zu sagen, dass man nach einem richtigen Job suchte. Jetzt sah es so aus, als könnte es für mich dabei bleiben.
»Von den Fehlern habe ich gehört«, sagte sie.
»Aha.« Diesmal schaffte ich es, meine Hand wegzuziehen. Ich wollte darüber nicht reden. Sowieso nicht. Und schon gar nicht an unserem ersten Abend.
»PaJohn hat uns davon erzählt. Er hat vor ein paar Jahren im Journal darüber gelesen.«
»Das passt. Er ist wahrscheinlich der Einzige in der Bar, der auch mal was anderes liest als die Wettzeitung«
»Sei nicht so gemein!« Sie griff erneut nach meiner Hand. »Niemand stört sich daran. Und außerdem lesen sie alle die Post .«
»Ich bin nicht gern Gesprächsstoff.« Ich hörte mich wütend an und zugleich defensiv. Ich hörte mich an wie ein Idiot.
»Genau das hat Vinny auch gesagt. Er hat gesagt, wenn du selbst irgendwann so weit bist, dass du darüber reden möchtest, dann ist das in Ordnung – dass sie dich sonst aber in Ruhe lassen sollen.«
So viel Feingefühl hatte ich der Nachmittagsstammkundschaft gar nicht zugetraut. Ich begriff, dass diese Tatsache nicht unbedingt für mich sprach.
»Nett von ihm.«
»Ja.«
»Du hast aber gefragt.«
»Ja.« Sie schenkte mir ein Lächeln.
Ich atmete tief durch und gab mir einen Ruck. »Okay. Ich war zwei Jahre weg. Wirtschaftsvergehen. Aber ich habe keinem Kunden Geld gestohlen. Es ging um Buchungsschieberei. Im großen Stil. Eine halbe Milliarde Dollar.«
Sie riss die Augen auf. So zusammengefasst klang es nach einer beeindruckenden Leistung – wenn nicht Errungenschaft.
»Als sie mich erwischt haben, fand ich zunächst, dass sie zu hart gegen mich vorgingen, aber das sehe ich inzwischen ein bisschen anders.« Ich konnte ihre Miene nicht deuten, redete aber einfach weiter. »Wenn du mich allerdings fragst, ob ich bereue, was ich getan habe, oder ob ich entschlossen bin, es nie wieder zu tun, kann ich dazu nicht mehr sagen, als dass ich nie wieder erwischt werden möchte.«
Mit niemandem hatte ich bis dahin so offen über meine Vergangenheit gesprochen, und es überraschte mich, wie wichtig es mir war, verstanden zu werden. Ich versuchte ja selbst immer noch, das alles zu verstehen. Zugleich ließ ich große Teile der Geschichte aus. Dinge, über die zu reden ich noch nicht bereit war.
Jetzt lag es bei ihr. Wenn sie ein Vamp war, der den besonderen Kick suchte, der sich in der Hoffnung auf den Reiz des Gefährlichen mit einem Ex-Knacki traf, dann hatte ich wohl verspielt. Damit konnte ich leben. Ich wünschte mir nur, dass sie nicht vorschnell urteilte, nicht vorhatte, mich gönnerhaft zu behandeln oder gar zu belehren, kaum dass sie mir das Bekenntnis aus der Nase gezogen hatte.
»Und? Ändert das jetzt alles, oder was?«
Sie legte ihre Hand auf meine. Diesmal waren die Neuronensignale absolut eindeutig. »Ich wollte nur wissen, wie du zwei Jahre ohne eine einzige Nummer überstanden hast.«
An der Eingangstür von Wandas Wohnhaus klebten alle möglichen Baugenehmigungen, manche schon über zwei Jahre alt. Und davor stand am Bordstein ein großer grüner Container. Der Boden im Hausflur war mit antikem Marmorgefliest, die einzige Lichtquelle aber war eine nackte Glühbirne, die von der Decke baumelte. Zementstaub hing in der Luft, und es roch nach Farbe.
»Wie sieht’s mit deiner Kondition aus?«
Noch ehe ich Gelegenheit hatte, mich mit einer Antwort selbst in Verlegenheit zu bringen, fuhr sie schon fort.
»Es ist im fünften Stock. Der Fahrstuhl wird noch saniert. Damit haben sie angefangen, bevor der Markt zusammengebrochen ist.«
»Das kriege ich hin.«
Wanda ging voran. Die Treppe kostete sie keine Anstrengung. Mich auch nicht. Für manche Dinge war Gefängnis auch gut.
Vor Wohnung Nummer 5A blieb sie stehen, schloss die Tür auf und drehte sich zu mir um. »Du hast es geschafft.«
»Die beiden letzten Stockwerke habe ich nur überstanden, weil ich deine schönen Beine vor mir hatte.«
Sie zog den Saum des Kleides ein Stück
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