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Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)

Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Sears
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das.
    »Ich bin ganz in deiner Hand«, sagte ich.
    Sie grinste und warf ihr Haar zurück. Wie durch Telepathie herbeigerufen erschien ein Kellner an unserem Tisch.
    »Haben Sie noch die Sangria?«
    »Jede Menge«, antwortete er.
    »Da nehmen wir einen Krug.«
    Ich hatte seit einer besonders üblen Episode im College keine Sangria mehr angerührt.
    »Oh«, sagte ich.
    Sie lachte wieder ihr Elfenlachen. »Wart’s ab. Du wirst überrascht sein.«
    Das war ich. Zunächst kam das Essen. Große Platten, auf denen jeweils mehrere kleine Portionen verschiedener Speisen angerichtet waren. Schüsseln mit Hummus und Tsatsiki, ein Teller mit warmem Brot. Ein Salat. Eine Platte mit kleinen gegrillten Fischen, so salzig wie der Atlantik. Moussaka. Lamm.
    »Hier, das musst du kosten«, sagte sie und schob das Tsatsiki in meine Richtung.
    Ich roch den Knoblauch schon von Weitem – meine Nase und mein Gaumen waren immer noch nicht ganz wieder an das Leben draußen gewöhnt.
    »Nicht zu viel Knoblauch, hoffe ich.«
    »Unmengen. Und da ich gerade davon gegessen habe, rate ich dir, es auch zu tun. Selbstschutz.«
    Sie nahm mit dem Zeigefinger einen Klecks davon auf und schob ihn mir in den Mund. Für einen Augenblick waren meine Sinne überfordert, es war, als fühlte ich gar nichts.
    »Gut?«
    Es machte mir Spaß, ihr beim Essen zuzusehen. Sie war ganz und gar mit den verschiedenen Geschmacksrichtungen, Aromen und Konsistenzen beschäftigt. Konversation war überflüssig – hätte sogar gestört. Erst als von den Lammkoteletts nur noch die kleinen Knochen übrig waren, fing sie wieder an zu reden.
    »Du bist wirklich kein alltäglicher Typ, weißt du das? Es gibt nicht viele Männer, die beim Essen einfach mal genießen können. Die meisten sind dauernd darauf aus, einen zubeeindrucken. Das ist so langweilig. Und du? Du stippst einfach hier und kostest da und achtest darauf, wie die Sachen riechen und schmecken.«
    »Tut mir leid, ich habe einfach schon ewig nicht mehr so gut gegessen.«
    »Ach komm. Lass mir doch meine Illusionen.«
    Eine so schwerwiegende Fehlinterpretation konnte ich nicht unwidersprochen stehen lassen. »Eigentlich habe ich die ganze Zeit nur darüber nachgedacht, was ich sagen könnte. Klug sollte es sein. Oder wenigstens nicht total lahm. Wie ich feststelle, ist es mir sehr wichtig, dass du eine gute Meinung von mir hast.«
    Sie legte den Kopf schräg und sah mich abschätzend an. »Und ich weiß nicht, was ich von dir halten soll.«
    Das entspannte mich keineswegs.
    »Ist Wanda dein richtiger Name?«
    »Du glaubst nicht, dass ich Wanda, die Wunderbare bin?«
    »Heißt du Kelly?«
    »Kelly? Nein. Wieso Kelly?«
    »Ich dachte, ich hätte den Mann an der Tür dich so nennen hören.«
    »Aristos? Wir haben griechisch gesprochen.«
    Damit war ich einer Antwort auf meine Frage kein Stück näher gekommen. Anstatt sie weiter zu verfolgen, trank ich einen Schluck Sangria. Sie war ausgezeichnet.
    Erst kicherte Wanda, dann lachte sie irgendwann laut los. »Skeli! Er hat mich ›Skeli‹ genannt!« Sie lächelte mich an. »Das heißt ›Beine‹. So nennt er mich schon seit Jahren.«
    »Du sprichst Griechisch?« Es war der Abend der Enthüllungen.
    »Nicht richtig. Army-Balg eben. Ich beherrsche fünf, sechs Sprachen gerade so gut, dass ich Essen bestellen kann und die Toiletten finde.«
    »›Skeli‹ gefällt mir. Darf ich dich ›Skeli‹ nennen?«
    »Aristos füttert mich durch. Er hat sich das Recht erworben, mich zu nennen, wie er will, und wenn es ›Osama‹ ist.«
    »Mehr braucht es dazu nicht?«
    »Er füttert mich sehr gut.«
    »Ist ›Wanda‹ nun ein Zweitname?«
    Sie lächelte verschmitzt. »Wenn wir schon Geheimnisse austauschen, frage ich zuerst.«
    Dann schob sie ihre Hand über den Tisch und hakte ihre Finger in meine. Die zärtliche Berührung einer Frau sandte augenblicklich Signale an die primitiveren Areale meines Hirns. Dabei war ich gar nicht sicher, ob in der Geste ein Versprechen lag oder ob meine vernachlässigten Neuronen einfach jedes Signal als sexuelle Offerte deuteten.
    »Na gut. Aber keine Deadhead-Fragen, okay?«
    »Einverstanden.«
    Ich wappnete mich für eine Frage nach Angie. Die größte Ernüchterung, die ich mir vorstellen konnte.
    »Was hast du an der Wall Street gemacht?«
    Wenn sie wusste, dass ich an der Wall Street gearbeitet hatte, kannte sie wahrscheinlich auch den Rest der Geschichte. Ich wollte meine Hand zurückziehen, doch sie hielt sie fest, drückte sie und sah mich

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