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Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)

Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Sears
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was bieten, mache ich Sie fertig. Ich lasse mich nicht gern vor vollendete Tatsachen stellen. Schon gar nicht auf meinem eigenen Gebiet.«
    »Ich habe versucht, mit den Leuten zu reden. Sie haben mich abgewimmelt.«
    »Warum sind Sie nicht zu mir gekommen?«
    Er hatte ja recht.
    »Und was zum Henker ist das mit diesen Abschlüssen, zu denen er nicht befugt gewesen sein soll? Wo kommt dieser Bockmist her?«
    »Das habe ich nicht erfunden. Es sieht so aus, als hätten Ihre Senior Trade Bescheid gewusst.«
    »Gut. Was halten Sie dann davon, wenn wir – Sie, die drei und ich – uns in zehn Minuten in meinem Büro zusammensetzen?« Das war keine höfliche Anfrage.
    Ich war mit den Junior Trade zu Gesprächen verabredet. »Ich werde da sein.«
    Barilla war stinkwütend, und wenn er sauber war, stand ihm das auch voll und ganz zu. Das Gemeine war nur, dass jemand, der Dreck am Stecken hatte, sich genauso benommen hätte.
    Zu meiner Zeit war die Hypothekenabteilung bei Case so groß, dass sie dort ihren eigenen Handelsraum hatte. Manche Leute da arbeiteten ausschließlich mit den kleinen, örtlichen Banken zusammen, die die Darlehen tatsächlich vergaben und die Verträge dann an Case , Fannie Mae oder eine der anderen Großbanken weiterverkauften. Im Vertriebgab es Leute, die kümmerten sich nur um einen einzigen Kunden und fuhren trotzdem Provisionen in Millionenhöhe ein. Die Trader waren spezialisiert auf ARMS, Dwarfs, IOs, POs, Ballon-Hypotheken, Private-Label-Anleihen und Z-Bonds. Von denen ich ebenso wenig verstand wie die meisten Kollegen außerhalb der abgeschotteten Hypotheken-Welt.
    Bei Weld hätte die Hypotheken-Abteilung in einen begehbaren Kleiderschrank gepasst. In einer Ecke des Handelsraums saßen sechs gestresste Händler, aneinandergedrängt wie die letzten Überlebenden der Schlacht am Little Big Horn.
    »Ich suche Sudhir«, sagte ich. »Sudhir Patel.«
    Eine der beiden Frauen unter den Händlern blickte auf und wies zur anderen Seite des Ganges.
    Sudhir sah aus wie ein Kaninchen mit dunklem Fell. Er war dünn, mager beinahe, und hätte dringend zum Friseur gemusst. Ich nahm an, dass er Mitte zwanzig war, aber er wirkte erheblich jünger. Fast noch vorpubertär. Bis auf die Augenpartie. Die Schatten und Sorgenfalten hätten zu einem fünfzigjährigen Anleihehändler gepasst, aber nicht zu diesem Junior.
    »Sudhir?«
    Er nickte, sah mich aber nicht an.
    »Ich bin Stafford. Wir sind für elf Uhr dreißig verabredet, aber ich muss den Termin leider verschieben. Geht das?«
    Er sah aus, als würde er gleich anfangen zu weinen.
    »Worum geht es denn da? Ich weiß nicht, ob ich mit Ihnen reden darf«, sagte er mit dem Wagemut eines Zwölfjährigen. In Verbindung mit dem ausgeprägten Cambridge-Akzent war das fast schon lustig.
    »Ich spreche mit allen Freunden von Brian Sanders. Es ist keine Inquisition.«
    »Ich habe den Mann kaum gekannt.«
    Die Lüge war so offensichtlich, so leicht aufzudecken, dass ich nur ärgerlich schnaubte. »Gut. Ich komme«, ich sah auf die Uhr, »in einer halben Stunde wieder. Und dann will ich alles wissen: Atlantic City, Arrowhead , die ganze Geschichte. Klar? Ich habe keine Zeit zu verlieren.«
    Er wurde blass, und auf seiner Oberlippe erschienen Schweißperlen. Einen Moment lang fürchtete ich, er könnte sich da, wo er stand, übergeben.
    »In einer halben Stunde«, wiederholte ich, machte kehrt und ging zu Barillas Büro. Mein Gefühl sagte mir, dass Barilla mich, sollte ich auch nur eine Sekunde zu spät kommen, mit Freuden den Haien zum Fraß vorwerfen würde.
    Wir kamen alle gleichzeitig an. Barillas Büro füllte sich rasch, und es gab nur zwei Besucherstühle. Ich postierte mich auf einer Ecke des Bücherschranks. Bei den drei Eigenhandels-Managern handelte es sich durchweg um Leute, die ich kannte.
    Richard Wheeler hatte Mitte der Achtziger bei einem neuen Hedgefonds gearbeitet und sich zehn Jahre später zur Ruhe gesetzt, nachdem er – zweimal – auf dem Titel des Magazins Fortune erschienen war. Weld musste ihm ein unglaubliches Angebot gemacht haben, um ihn wieder in den Ring zu bekommen.
    Cornelius »Neil« Wilkinson war zur selben Zeit bei Case gewesen wie ich auch. Offenbar trug er noch immer jeden Tag Anzug und Fliege – ich stellte mir vor, dass er auch das ganze Wochenende so herumlief –, und seine Brille sah aus, als könnte sie, wenn er nieste, zerfallen, so zierlich war sie. In jeder Runde war er der Klügste gewesen. Kurze Berühmtheit hatte er

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