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Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)

Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Sears
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Exemplare im ausgewachsenen Zustand wogen und wie sie es mit der Brutpflege hielten. Er hätte – in aller Ausführlichkeit – erklären können, dass niemals ein Spinosaurus einen T-Rex in den Hintern getreten haben konnte, weil es den T-Rex erst gegeben hatte, als der gute alte Spini schon 35 Millionen Jahre tot war, und weil sie, davon ganz abgesehen, auf unterschiedlichen Kontinenten gelebt hatten.
    »Soll ich die technischen Daten noch mal vorlesen?«
    Er antwortete nicht. Er war hinüber. Ein unhörbares Klicken, und er war weg, als sei ihm plötzlich die Stromzufuhr gekappt worden. Ich vergewisserte mich, dass er atmete, indem ich selbst die Luft anhielt und mein Gesicht nahe an seins hielt, um zu lauschen. Er roch nach Zahnpasta und Hotdog.
    Ich war noch lange wach. Abgesehen von dem Haufen Chips war die Fahrt nach Brooklyn ein Fehlschlag gewesen. Auf Sanders’ Laptop befanden sich an die achtzig Gigabyte Live-Jam-Musik – Galactica, String Cheese Incident und etliche andere Bands, natürlich auch jede Menge Phish. Außerdem hatte ich einen Ordner mit einem gespeicherten E-Mail-Wechsel gefunden, der den Niedergang einer Beziehung dokumentierte; die Frau mit Namen Cherysse hatte immer wieder gedrängt, er solle der »Scheiß-Wall-Street« endlich den Rücken kehren und zu ihr nach San Francisco kommen.Die letzte Mail war ein Jahr vor Sanders’ Ableben geschrieben worden.
    Sollte es auf dem Rechner tatsächlich eine geheime Datei geben, in der unser Mann all seine weltlichen Sünden beichtete und die Mechanismen einer großen Verschwörung offenlegte, so war sie mir irgendwie entgangen.
    Das Summen meines vibrierenden Telefons auf dem Glastisch rettete mich vor den Klauen der Latino-Kings, die sich an den Gitterstäben meiner Ray-Brook-Zelle drängten und zu mir hereingrinsten, während Jack Avery mir geduldig erklärte, dass ich wieder im Gefängnis sei, weil ich die Pita-Chips gestohlen hätte. Ich war auf der Couch eingeschlafen.
    »Hallo?« Ich sah auf die Uhr. Es war kurz vor Mitternacht.
    »Hey, Boo.« Angie. Ich wollte nicht mit ihr reden. Es sei denn, sie schickte Geld.
    »Woher hast du meine Nummer?« Ein unfreundliches Beiwort verkniff ich mir gerade noch.
    »Mamma.«
    Natürlich. Ich hatte sie gebeten, die Nummer nicht an Angie weiterzugeben. Es sei denn, es gab einen Notfall.
    »Was ist?«
    »Ich muss mit meinem Kleinen reden.« Sie war betrunken. Nicht so, dass sie lallte, aber sie war eindeutig nicht mehr in der Lage, Auto zu fahren oder ein schwieriges Telefonat zu führen. Ich hörte es daran, wie sie das Wort »Kleinen« nuschelte.
    »Der Junge schläft. Schon seit Stunden. Ich wecke ihn jetzt nicht.« Kid würde danach die halbe Nacht aufbleiben – und damit auch ich. Außerdem hätte es den ganzen nächsten Tag durcheinandergebracht. Und es tat gut, Nein zu sagen.
    »So spät isses doch noch nicht.« Wenn du im Mittelpunkt des Universums stehst, ist es immer Mittag.
    »Angie.« Ich bemühte mich um einen entspannten Ton.»Der Junge braucht seinen Schlaf. Bei euch ist es jetzt – wie spät? Elf? Hier ist gleich Mitternacht. Können wir’s auf morgen verschieben? Wenn er aus der Schule zurück ist? Zur Abendbrotzeit?«
    »Schule? Du hast den Jungen in der Schule?«
    Am liebsten hätte ich durchs Telefon die Hand nach ihr ausgestreckt und sie am Nacken gepackt und geschüttelt, bis sie endlich zu Verstand kam. »Ich schließe ihn nicht ein, Angie. Ja, er geht in die Schule. Er geht in den Park. Heute war er mit meinem Vater in einem Streichelzoo und hat ein Schwein getroffen.«
    »Ich habe mit TeePaul geredet, und er sagt, es ist in Ordnung, wenn der Junge kommt und bei uns bleibt.«
    TeePaul? »Tee« ist Cajun und steht für »petit«, »klein«. »Paul« bedeutet »winzig«. Genauso hätte man jemanden »KleinWinzig« nennen können.
    »Ich glaube nicht, dass das funktioniert.«
    »Ich will meinen Jungen zurück, Jason.« Innerhalb eines Herzschlags schaltete sie von knallhart auf tränenreich um. » Ma petit boug . Ich will ihn in den Arm nehmen und abküssen.«
    Kid würde Zeter und Mordio schreien.
    »Er ist mein Tout-tout , Boo. Ich weiß, mit ihm stimmt was nicht, aber die Liebe einer Mutter kann schließlich alles richten. Wir brauchen nur Zeit. Du weißt genau, dass er ohne seine Mamma nicht glücklich sein kann. Ich will doch nur, dass er glücklich ist.«
    Warum schockte mich das nicht? Weil es nicht dazu kommen würde. Am nächsten Tag oder eine Woche später würde sie es

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