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Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)

Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Sears
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sich anders überlegen. Ich hatte ihn bei mir und würde ihn nicht hergeben.
    »Angie, der Junge geht hier in eine hervorragende Schule. Er macht das sehr gut. Weißt du was? Du und deine Mamma,ihr kommt uns besuchen. Wir kaufen ihr eine Karte für Wicked – da wird sie begeistert sein. In der Zeit kannst du dir die Richard-Avedon-Retrospektive im MOMA anschauen oder die Galerien in Chelsea abklappern. Oder dich einen Nachmittag lang bei Bergdorf’s verwöhnen lassen. Dann holen wir meinen Vater dazu und fahren mit ihm und deiner Mamma nach Brooklyn, zu Peter Luger , Steaks essen. Nimm’s als Urlaub. Für uns beide wär’s eine Übung darin, zivilisiert miteinander umzugehen.«
    Die Pause dauerte so lange, dass ich es immerhin für möglich hielt, dass sie ernsthaft über den Vorschlag nachdachte. Pech.
    »Ich kann nicht«, sagte sie schließlich.
    »Du kannst nicht?« Ich war müde und nicht mehr im Training, was die permanenten Sprünge, Hundertachtzig-Grad-Wendungen und Verkürzungen anging, die bei Gesprächen mit Angie normal waren.
    »Ich kann nicht nach New York kommen«, erklärte sie mit spürbar mühsam aufgebrachter Geduld, »weil ich eine Speichenknochen-Fissur habe.« Worauf sie damit indirekt auch schon hinwies, war meine offensichtliche Herzlosigkeit, die darin bestand, dass ich sie nicht längst bedauert hatte.
    Wieso ein gebrochener Arm es ihr unmöglich machte zu reisen, erklärte sie nicht.
    »Das tut mir leid. Hör zu, Angie, es ist spät ...«
    » Mais, wie auch immer. Ich habe TeePaul nervös gemacht. Es hat ihm schrecklich leidgetan. Er ist süß, Jason, aber er ist nicht ganz so ein guter Fahrer, wie er denkt – besonders, wenn er getrunken hat und in so einer Scheißegal-Stimmung ist.«
    Sie hatte doch mehr intus, als ich anfänglich geglaubt hatte. Natürlich war sie in der Lage, ein längeres Gespräch zu führen, ohne in ihre Cajun-Mundart zu verfallen. Und wennsie es doch tat, dann normalerweise bewusst, dann war es eine der zahlreichen Posen, die sie aus dem Stand einzunehmen vermochte; etwas, das sie einsetzte, wenn sie flirtete oder witzig sein wollte. Die andere Variante war, dass sie es tat, kurz bevor sie vom Barhocker fiel.
    »Ich krieg Angst, wenn er zu schnell fährt, und ich weiß, dass ich eklig sein kann, wenn ich Angst habe. Mais , als er diesen alten Lkw überholt hat, hab ich ihm gesagt, was ich davon halte, und dann hat er plötzlich nicht mehr auf die Straße geguckt, und gerade da kam diese scharfe Kurve oben vor Patoutville. Weißt du, welche ich meine?«
    Wenn eine Tatsache in dieser Welt unumstößlich feststand, dann die, dass ich nie im Leben in Patoutville gewesen war.
    »Der Pick-up war okay, ich weiß gar nicht, warum er sich so aufgeregt hat. Er wurde richtig sauer, und da hab ich gesagt, wenn er so drauf ist, gehe ich lieber zu Fuß nach Hause. Da ist er erst recht verrückt geworden. Ich weiß, ich hätte das lieber nicht sagen sollen.« Sie fing an zu lachen. » Merde, cher ! Bis nach Morgan City waren es noch fünfzig Kilometer. Ich hatte überhaupt nicht vor zu laufen. Ich bin nur ausgestiegen und ein Stück die Böschung hochgeklettert. Mais , dann ist er auf seiner Seite ausgestiegen und bis zu seinen Coullions in diesem Reisfeld versunken, und da konnte ich mich einfach nicht beherrschen, cher .«
    Ich versuchte, eine gewisse Ordnung in die zusammengestückelte Geschichte zu bekommen. »Er ist also von der Straße abgekommen? Und in ein Reisfeld gefahren?«
    »Hä? Das sag ich doch. Hörst du überhaupt zu? Ich weiß schon, du hörst mir ja nie zu.«
    Als wir noch zusammen waren, hatte sie oft gesagt, eine meiner liebenswertesten Eigenschaften sei meine Fähigkeit, ihr zuzuhören.
    »Und so hast du dir den Arm gebrochen?«
    »Nein, so habe ich mir nicht den Arm gebrochen.« Ehrlich erbost. »Wenn du mir nicht dauernd ins Wort fallen würdest, würde ich es dir ja erzählen.« Sie hielt inne und wartete auf eine Entschuldigung. Als die nicht kam, fuhr sie schließlich fort. »Ich habe etwas Unverzeihliches getan. Ich hab über ihn gelacht. Und er ist anders als du, er ist sensibel. Über einen sensiblen Mann lacht man nicht.«
    Mamma hatte Angies Vater oft als »sensiblen Mann« beschrieben. Da, wo ich herkomme, hätte man ihn einen gemeinen Trunkenbold genannt.
    »Wenn er durchdreht, weiß er gar nicht, was er für Kraft hat. Er wollte mich nur davon abhalten, zu Fuß weiterzugehen, verstehst du? Weil ich das nämlich nicht überleben würde, meinte

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