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Am Fuß des träumenden Berges

Am Fuß des träumenden Berges

Titel: Am Fuß des träumenden Berges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Peters
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Serpentine im Hyde Park in London, aber das Wetter schlug um, und sie stürzten ab. Matthews Vater – Reggies Bruder – hat es noch mit dem Bergführer zurück nach Glasgow geschafft. Aber er starb an seinen Verletzungen.» Sie schwieg.
    Audrey musste einfach nachfragen. «Und seine Mutter?»
    «Claire? Ja, Claire … Ihren Leichnam haben sie nie gefunden.»
    Einen Moment schwiegen beide. Dann legte Rose die Hand auf Audreys Schulter. «Gräm dich nicht», sagte sie leise. «Das ist alles lange her, und er hat sich mit dem Tod seiner Eltern inzwischen arrangiert. Es ist für ihn abgeschlossen. Eine Zeitlang … war es schwer. Er war wütend, weil er jedem die Schuld an diesem Unglück gab, vor allem sich selbst. Aber inzwischen ist diese Wunde verheilt. Glaub mir, er ist ein guter Kerl.»
    Audrey verstand. Sie fröstelte.
    «Ich kann ihn nicht heiraten», hörte sie sich sagen.

[zur Inhaltsübersicht]
8 . Kapitel
    Sie traten auf die Terrasse, die im Schatten des Gebäudes lag. Boys in weißen Uniformen glitten lautlos an ihnen vorbei. In tiefen, weißen Korbstühlen saßen die Hotelgäste, die meisten schwiegen. Manche raschelten leise mit sechs Wochen alten Zeitungen. Die Luft war ebenso schwer und abgestanden wie die Nachrichten der Vergangenheit, und Audrey spürte, wie ein Schweißtropfen langsam ihren Rücken hinunterrann. Hätte sie nur ihren Fächer nicht im Zimmer vergessen!
    Tante Rose packte ihren Arm und schob sie zu dem Tisch, an dem Onkel Reggie und Matthew bereits warteten. «Entschuldigt!», zwitscherte sie, als sei gar nichts vorgefallen. «Unsere liebe Audrey war von der Hitze ganz erschlagen. Aber jetzt geht es wieder, nicht wahr, meine Liebe?»
    Audrey nickte. Die Zunge klebte ihr trocken am Gaumen, und sie schluckte schwer. Onkel Reggie und Matthew standen auf. Sie rückten die Stühle für die Damen zurecht, und sofort war ein Kellner zur Stelle. Matthew bestellte bei ihm Limonade, Tee und Törtchen.
    «Geht’s dir gut?», fragte er sie besorgt.
    Audrey nickte stumm. Ja, es ging ihr gut. Wenn sie es sich nur oft genug einredete …
    Kaum dass sie saßen, riss Onkel Reggie das Gespräch an sich. Er hatte es sich nicht nehmen lassen, das Hotel zu erkunden, und natürlich wusste er jetzt alles. Tante Rose bremste ihn mit mildem Lächeln. «Ich glaube, das interessiert Audrey und Matthew nicht», bemerkte sie.
    Eiswürfel klirrten leise in den Gläsern, in die die Kellner Limonade schenkten, und Audrey nahm dankbar einen großen Schluck.
    Und verzog angewidert das Gesicht. Sie hatte mit der milden, gesüßten Säure von Zitronenlimonade gerechnet, aber das hier war … bitter.
    «Was ist das?», fragte sie.
    Matthew grinste. «Bitter Lemon», erklärte er, als erkläre das alles. «Eine mit Chinin versetzte Limonade. Wunderbar, falls du deine Malariaprophylaxe mal vergisst.»
    Sie runzelte die Stirn. «Und dann trinkt man so etwas freiwillig?»
    «Oh, die meisten Leute mögen es, weil es wirklich erfrischt. Du wirst dich bald an den Geschmack gewöhnen.»
    Tante Rose kostete ebenfalls, schob aber dann das Limonadenglas weit von sich. «Das ist nichts für mich, ich bleibe bei meinen Tabletten.»
    Matthew zuckte mit den Schultern.
    «Woher kommt das Eis?», wollte Audrey wissen. «Ich meine, wir sind immerhin am Äquator …»
    «Vom Mount Kenya. Oder vom Kilimandscharo, je nachdem. Aber ja, es ist ein Luxus, da gebe ich dir recht.»
    Audrey senkte den Kopf. Das alles war zu viel für sie. Zu viel Neues, und dann auch noch Matthew, der sie beobachtete.
    Sie schob es auf die bleierne Müdigkeit, dass sich alles, was geschah, so schwer auf sie legte. Tante Rose ließ sie nicht aus den Augen, als fürchtete sie, Audrey könnte vor Matthew wiederholen, was sie vorhin in ihrem Hotelzimmer so impulsiv hervorgestoßen hatte.
    Die Worte hatten Tante Rose zutiefst erschreckt, das spürte Audrey. Besorgt hatte sie sich erkundigt, ob Audrey denn Matthew nicht möge. Ob er «abstoßend» sei, ja, genau das Wort hatte sie verwendet. Audrey hatte hastig verneint, denn ganz im Gegenteil: Matthew war in jeder Hinsicht perfekt.
    Dennoch schien ihr die Vorstellung, mit ihm verheiratet zu sein und alles, wirklich alles mit ihm zu teilen, völlig abwegig.
    «… lege mich noch ein wenig hin. Die Reise hat mich sehr erschöpft.» Tante Rose trank ihren Tee aus und erhob sich. Die beiden Männer erhoben sich ebenfalls. Audrey schaute hoch.
    «Reggie, du bist doch bestimmt auch erschöpft?», fragte Tante

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