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Am Fuß des träumenden Berges

Am Fuß des träumenden Berges

Titel: Am Fuß des träumenden Berges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Peters
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Rose.
    Onkel Reggie grinste. «Iwo», meinte er gutgelaunt. «Matthew und ich haben uns eine Menge zu erzählen. Ich bleib noch.»
    Tante Rose räusperte sich. «Du bist ganz sicher auch erschöpft», wiederholte sie, diesmal strenger.
    Reggie, der sich gerade wieder in den Korbstuhl lümmeln wollte, machte: «Hm?»
    «Du willst dich jetzt hinlegen, Reginald.»
    Audrey musste ein Lachen unterdrücken. Es war überdeutlich, was Tante Rose bezweckte. Sie wollte Matthew und ihr die Gelegenheit bieten, miteinander allein zu sein, und sei es nur für ein Stündchen zwischen Tee und Dinner. Damit sie sich besser kennenlernten.
    «Mh? Oh, gut, gut. Wenn du meinst, Röschen …» Umständlich schälte Onkel Reggie sich aus seinem Sessel und zwinkerte Matthew zu. «Dass du mir nicht die arme Audrey vergraulst!»
    «Werde ich nicht.» Matthew lächelte. Zum ersten Mal, seit sie ihm heute früh am Pier gegenübergestanden hatte, fragte sie sich, ob auch er verunsichert war.
    «Und du machst mir keinen Unsinn!» Das kam von Tante Rose, und sie drückte Audreys Arm. Ihr Blick wirkte ehrlich besorgt. Dann nahm sie Reggie am Arm und wandte sich zum Gehen
    Hätte Audrey doch bloß den Mund gehalten. Denn natürlich hatte sie Tante Rose nicht die ganze Wahrheit sagen können. Sie hatte herumgedruckst, bis diese sie resolut am Arm genommen und nach unten in den Palmengarten gebracht hatte.
    Matthew beobachtete sie. Er lächelte verlegen, weil er sich ertappt fühlte.
    «Gar nicht so leicht», bemerkte er.
    Sie verstand, was er sagen wollte. Es war wirklich nicht leicht. Sie war um die halbe Welt gereist für einen Mann, von dem sie geglaubt hatte, ihn zu kennen.
    Aber er war ein Fremder.
    Das Schlimmste war, dass sie nicht wusste, wie sie gegen die Fremde anleben sollte. Es war naiv gewesen zu glauben, dass ein Blick in seine Augen genügte, um zu wissen, dass er sie glücklich machte.
    So was passierte in Liebesromanen. Das Leben sah anders aus. Und gerade sie hätte doch wissen müssen, dass das Leben sich nicht beeindrucken ließ von den Plänen, die die Menschen schmiedeten.
    Sie atmete tief durch. Matthew wartete auf eine Antwort von ihr. Irgendwas, das die Anspannung löste.
    «Habe ich dir erzählt, wie dein Onkel über das Schiff gestromert ist? Wie er alles über jeden einzelnen Passagier herausfinden wollte?»
    Er lächelte und schüttelte den Kopf. «Nein …?»
    Und sie erzählte es ihm.
    Schon bald lachten sie gemeinsam, und über dem Tisch trafen sich ihre Blicke. Nicht mehr scheu oder ängstlich. Sondern gewiss.
    Sie konnte ihn spüren, den Mann, den sie aus den Briefen kannte.
    Den Mann, in den sie sich verlieben würde.
    «Erzähl mir von unserem Leben», sagte sie leise. «Wie wird es sein?»
    Und Matthew ließ sich nicht bitten. Er beugte sich vor und schenkte ihr mehr von dieser bitteren Limonade ein, von der sich ihre Gesichtsmuskeln verzogen. «Es wird wunderschön», versprach er ihr. «Wir haben ein Haus, das du lieben wirst. Ich habe es The Brashy genannt.»
    «Regnet es dort denn so viel?»
    Er lachte verlegen. «Als ich das erste Mal nach The Brashy kam, herrschte gerade die große Regenzeit. Tagelang goss es wie aus Kübeln. So nass war es, dass die Frösche auf meiner Veranda Zuflucht suchten, und jeden Morgen, wenn ich aus dem Haus trat, begrüßten sie mich mit einem Quakkonzert. Nach einer Woche war der Spuk dann vorbei. Alles grünte, alle Büsche und Bäume blühten, die Teeblätter sprossen zart und von erlesener Qualität. Aber seither war es nicht mehr so. Die Regenzeiten sind launisch, manchmal denke ich, dass ich mit dem Namen für unsere Farm das Schicksal herausgefordert habe. Dass der
Ngai wa Kirinyaga
mir nun zürnt und mir keinen Regen mehr schickt.»
    «Der
Ngai wa Kirinyaga
?» Sie stolperte über diesen ungewöhnlichen Begriff.
    «Der Gott des Bergs.» Wieder dieses Lächeln. Wissend und ein wenig verloren, als fürchtete er, sie mit seinen Erzählungen zu langweilen. «Die Kikuyu glauben, dass ihr Gott auf dem Berg wohnt. Sie nennen den Mount Kenya den Kirinyaga.»
    Sie nickte, als verstünde sie genau, was er sagte. «Wer sind die
Kikuyu
?», fragte sie dennoch, und sie kam sich sehr dumm vor.
    «Sie leben am Mount Kenya. The Brashy liegt im Südwesten des Bergs, wo sie auch ihr Land haben. Du wirst sehen, dass sie ihre Häuser allesamt mit der Türöffnung zum Berg ausrichten. Wie ein Muslim, der sich zum Gebet gen Mekka wendet.»
    «Haben sie nur diesen einen Gott?» Bisher hatte

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