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Am Fuß des träumenden Berges

Am Fuß des träumenden Berges

Titel: Am Fuß des träumenden Berges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Peters
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überraschte ihn.
    «Wir müssen nicht reden, Renata.»
    Sie schaute sich hektisch um. Rote Flecken waren auf ihren sonnengebräunten Wangen erblüht.
    «Sie redet mit den Tuttlingtons, also keine Sorge.» Beinahe belustigt beobachtete er, wie Renata sich den Hals nach Audrey verrenkte.
    «Warum sie?», wollte sie wissen. «Warum nicht ich?»
    Er seufzte. «Renata, das hatten wir doch schon», sagte er.
    Renata Walden war wie ein Wirbelsturm, der über alles hinwegfegte und verbrannte Erde hinterließ. Matthew war nicht der Erste, den sie mit vollem Herzen liebte, doch er hatte gesehen, was sie bei anderen Männern anrichtete. Hatte sie den Auserwählten erstmal dort, wo sie ihn haben wollte – vor ihr auf den Knien und ihr völlig willenlos ergeben –, dann ließ sie ihn fallen und verschwand auf Nimmerwiedersehen. Er hatte gedacht, nach dem letzten Jahr hätte sie ihn als potenzielles Opfer aussortiert.
    Aber vielleicht war es, weil er heiraten wollte.
    «Macht es dir Spaß, Menschen zu zerstören?»
    Sie zuckte zusammen. Ihre dunklen Augen verengten sich zu Schlitzen, und für einen Moment erlaubte Matthew sich zu glauben, dass seine Worte sie wirklich trafen.
    Doch dann lachte sie schon wieder. «Was du nur wieder erzählst!» Spielerisch gab sie ihm einen Klaps auf den Oberarm. «Komm, ich weiß einen Ort, wo wir ungestört sind.»
    Matthew wollte protestieren, aber sie zog ihn einfach mit sich. Durch eine Tür und den Korridor entlang zur Treppe. Sie lief leichtfüßig voran, und obwohl er zurück zu Audrey wollte, konnte er nicht anders – fasziniert starrte er auf die bestrumpften Waden, die unter dem Kleid hervorblitzten, das sie mehr als nötig anhob, um die Stufen zu bewältigen.
    Er schluckte trocken. Sie war eine Sirene.
    Aber er würde bald ein verheirateter Mann sein, und niemand zwang ihn, mit ihr zu gehen.
    «Ich will das hier nicht», sagte er und blieb einfach auf dem Treppenabsatz stehen.
    «Natürlich willst du das.» Sie nahm erneut seine Hand, aber er drehte sich einfach um und ging wieder nach unten.
    «Sie wird dich unglücklich machen!», rief Renata ihm nach. «Sie wird dir alles nehmen! Zu mir zurückgekrochen kommst du, weil sie dir das Herz bricht!»
    Er brauchte dringend frische Luft, denn im Salon wurde es trotz der hohen Decke stickig. Auf der Terrasse war er völlig ungestört. Ein Boy trat hinaus und bot Matthew Champagner an. Er nahm ein Glas, stellte es auf die Balustrade und zündete sich eine Zigarette an.
    Renatas Worte hingen ihm nach, sosehr er auch versuchte, sie zu vertreiben.
    Dabei werde wohl ich sie unglücklich machen, dachte er. Weil das Leben hier nicht ihren Erwartungen entspricht.
    Er blickte hinauf. Das schwärzeste Schwarz fand man nur an Afrikas Nachthimmel. Er schüttelte den Kopf und musste lachen. Genug finstere Gedanken. Er war bald verheiratet und musste sich dann um Renata keine Gedanken mehr machen.

[zur Inhaltsübersicht]
11 . Kapitel
    Spät in der Nacht kehrten sie zurück ins Haus von Tim Ricket. Audrey war ein bisschen beschwipst, Matthew merkwürdig still. Sie fragte ihn nicht, ob das mit Renata Walden zusammenhing, die sich ihm beim Abschied an den Hals geworfen und beteuert hatte, dass sie für immer Freunde bleiben würden.
    Ihr Gastgeber war schon vor ihnen heimgekehrt, anscheinend über die Maßen betrunken. Im Haus hörte Audrey ein lautes Poltern, gefolgt von schrillem Kreischen. Ein Kreischen, das sie schlagartig ernüchterte. «Was ist da los?», flüsterte sie.
    «Das geht uns nichts an, fürchte ich.» Matthew nahm ihren Arm und führte Audrey zur Treppe. «Komm, ich bring dich zu deinem Zimmer.»
    Sie machte sich los. «Ich brauche Mary. Sie muss mir aus dem Kleid helfen.» Sie hatte einen schrecklichen Verdacht, und sie hoffte, ihn nicht bestätigt zu sehen.
    «Ich schaue, ob ich sie finde.» Matthew verschwand nach links, obwohl der Lärm von rechts kam.
    Audrey war nicht dumm. Sie wusste, das Mädchen war hübsch, und Mr. Ricket war ein alleinstehender Mann. Außer Mary gab es noch ein paar Hausboys, aber niemanden, der das Mädchen würde beschützen können. Wie alt mochte sie sein? Fünfzehn? Sechzehn?
    Sie folgte dem Lärm. Sie wusste, dass es sie nichts anging. Im Grunde hatte Matthew recht; sie sollten sich heraushalten.
    Aber das
konnte
sie einfach nicht.
    Der Gang war schmal und dunkel. Über eine steile Treppe gelangte Audrey in den Küchentrakt. Sie brauchte kein Licht; der Mond stand hell und strahlend am Himmel und

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