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Am Fuß des träumenden Berges

Am Fuß des träumenden Berges

Titel: Am Fuß des träumenden Berges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Peters
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ohne dass halb Nairobi dabei zuschaute.
    «Guten Morgen, Audrey.» Benjamin stand vor dem Tisch. Sie wollte sich erheben, ihn irgendwie auf Abstand bringen zu Matthew und sich, doch er winkte ab. «Bleib nur sitzen. Ich bin Freiherr Benjamin von Hardeberg», stellte er sich Matthew vor.
    «Matthew Winston.»
    Die beiden Männer gaben sich die Hand. «Setzen Sie sich zu uns, Mr. von Hardeberg. Wenn Sie schon mit meiner Frau in der Gesellschaftsspalte so eng zusammenrücken, können Sie auch mit uns frühstücken.»
    Benjamin warf ihr einen neugierigen Blick zu, doch er fragte nicht. Der Kellner brachte mehr Kaffee und ein drittes Gedeck.
    «Wo ist eigentlich Fanny?», fragte sie, um möglichst rasch von sich abzulenken. Denn sie fürchtete, Benjamin könnte etwas Unbedachtes sagen, oder Matthew könnte die falschen Fragen stellen.
    «Ich habe sie noch nicht gesehen.» Matthew wandte sich an Benjamin. «Sie entschuldigen hoffentlich meine Neugier, Mr. von Hardeberg, aber ich habe vermutlich viel eher als die Klatschpresse ein Recht darauf zu erfahren, woher Sie meine Frau kennen.»
    «Ach, hat sie Ihnen das nicht erzählt?»
    Audrey schüttelte den Kopf. Beschwörend. Nein, sag es ihm nicht, wollte sie Benjamin zurufen, doch er lehnte sich entspannt zurück und sprach es einfach aus.
    «Wir waren mal verlobt. Vor … vier Jahren?»
    Sie nickte. Ja, vier Jahre war es her.
    Audrey senkte den Blick. Die Rühreier schmeckten fad, das Obst roch faulig, und der Toast war verbrannt. Allein der Tee wurde ihrem Anspruch gerecht, aber der kam schließlich auch von ihrer eigenen Farm.
    «Wussten Sie das nicht?», schob Benjamin hinterher.
    «Nein.» Matthews Stimme klang … schwer. Gequält. «Davon hat sie nie etwas gesagt.»
    «Ach so. Das … war mir nicht bewusst.»
    Audrey war nicht sicher, ob sie ihm das glaubte. Sie hatte Benjamin zwar nie als einen Mann kennengelernt, der grausam war oder unaufmerksam. Aber was er gerade mit ihr tat, war beides.
    «Nun, das ist lange her.»
    Für sie nicht.
    Für sie brach an diesem Morgen am Frühstückstisch die ganze Vergangenheit wieder über sie herein. Wie eine Welle, die jedes bisschen Fassung mit sich riss. Sie zitterte am ganzen Körper, und als sie es nicht länger ertrug, erhob sie sich. Pflichtschuldig erhoben sich die Männer halb aus ihren Stühlen.
    «Entschuldigt mich bitte.»
    «Ist dir nicht wohl, Liebes?» Matthew wollte besorgt nach ihrem Arm greifen, doch sie entzog sich ihm.
    «Es geht schon», behauptete sie. «Mir ist nur schwindelig.» Und mit den Lippen formte sie «mein Zustand». Sie sprach es nicht laut aus, weil das so unschicklich war und sie sich ohnehin schon völlig danebenbenahm. Doch Matthew verstand auch so.
    «Leg dich am besten hin. Ich komme gleich.»
    Ja, darauf mochte sie wetten, dass er so schnell wie möglich nachkommen würde.
    Und dann würde er Antworten von ihr verlangen.
     
    Sie saß auf dem Bett und wartete.
    Als Matthew zwanzig Minuten später ins Zimmer kam, hatte sie in Gedanken schon den schlimmsten Fall durchgespielt: Sie sah sich mit Chris an der Hand und dickem Bauch durch die Straßen von Nairobi irren, auf der Suche nach Freunden, die sie aufnahmen, nachdem Matthew sie vor die Tür gesetzt hatte. Sie sah sich vor dem Muthaigaclub jeden ansprechen, der ihr auch nur entfernt bekannt war, und jeder senkte den Kopf und eilte weiter, als habe er sie nicht verstanden.
    Keine schöne Vorstellung.
    Schlimmer wäre nur, wenn er Benjamin zum Duell forderte. Aber nein, so barbarisch war er nicht. Oder doch? Hatte Benjamin seine und ihre Ehre verletzt, indem er zugab, ja, diese Frau wäre fast meine geworden?
    Ihr war entsetzlich schlecht. Sie konnte nicht anders, sie musste immerzu weinen.
    In diesem völlig aufgelösten und verzweifelten Zustand fand Matthew sie. Er eilte zu ihr, setzte sich neben sie aufs Bett und zog ihren Kopf an seiner Brust. «Nicht weinen», flüsterte er, und sie schluchzte und weinte und heulte wie noch nie zuvor in ihrem Leben.
    «Aber es ist so schrecklich», flüsterte sie.
    «Nicht weinen.»
    «Jetzt magst du mich bestimmt nicht mehr.»
    Er wurde einen Moment ganz starr, doch dann wanderten seine Hände wieder über ihren Rücken. Beruhigend. Stark.
    «Wieso sollte ich dich nicht mögen?» Sanft schob er sie von sich weg und reichte ihr sein Taschentuch. Sie wischte die Tränen ab und schnäuzte sich recht undamenhaft, was ihm ein Lächeln entlockte.
    «Weil ich mit ihm verlobt war und weil ich dir nicht

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