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Am Fuß des träumenden Berges

Am Fuß des träumenden Berges

Titel: Am Fuß des träumenden Berges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Peters
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Ngai für sie entschieden.
    Plötzlich öffneten sich ihr Türen, und junge Männer fragten bei Ngengi, ob Mukami zu haben sei. Sie waren bereit, den vollen Brautpreis für ein Mädchen zu zahlen, das bereits beschädigt war.
    Kinyua sah es nicht gern, dass Mukami sich von ihm abwandte. Aber er verstand, was sie bewegte. Sie wollte einen Mann haben, der ganz für sie da war. Keinen, der sie in ihrer Hütte am Dorfrand leben ließ. Und das hatte sie verdient: einen, der ihr Platz einräumte in seinem Leben.
    Also blieb Kinyua nur noch die kindliche Nyakio. Sie war inzwischen mit über zwanzig Regenzeiten in einem Alter, in dem viele Frauen schon zwei oder drei Kinder hatten, doch Kinyua hatte es irgendwann aufgegeben, sich nachts zu ihr zu legen. Sie kicherte immer nur albern. Oder sie weinte. Irgendwas stimmte nicht mit ihr.
    Vielleicht wusste die Memsahib auch eine Antwort darauf, was mit Nyakio nicht in Ordnung war.
    Er nahm sie daher mit, als er das nächste Mal zu der Memsahib ging.
    Es war früher Morgen, und Nyakio hatte sich den Bauch ordentlich mit Hirsebrei vollgeschlagen – denn essen konnte sie immer. Sie hüpfte fröhlich neben Kinyua her und sang leise. Er bat sie, still zu sein. Für ihn war der morgendliche Gang zum Haus der Memsahib ein Ritual unter vielen, und dieses beging er schweigend. Erst wenn er die Memsahib auf der Veranda sitzen sah, wachte etwas in ihm auf.
    Auch an diesem Morgen saß die Memsahib auf der Veranda. Kinyua packte Nyakios Hand und zog sie mit. Die Memsahib war nicht allein wie sonst. Neben ihr saßen das Luomädchen Mary und ihr älterer Sohn. Kinyuas Schritte verlangsamten sich.
    «Guten Morgen, Kinyua.» Sie schaute auf, und ihre dunklen Augen blitzten. Sie sah müde aus, fand er. Ihre Augen waren von Schatten umrahmt, und um den Mund war ein bitterer Zug erblüht, der sie fremd wirken ließ.
    «Guten Morgen, Memsahib.» Er gab Nyakio einen Rippenstoß, damit sie die Memsahib auch begrüßte, doch seine letzte Frau kicherte nur und wandte sich verlegen ab.
    «Du kommst nicht alleine, wie ich sehe.»
    «Das ist meine Frau. Nyakio.» Er atmete tief durch.
    «Guten Morgen, Nyakio.»
    Wieder kicherte seine Frau so albern, dass Kinyua am liebsten im Boden versunken wäre. Er packte ihre Hand fester und führte sie auf die Veranda. Nyakio nahm die Stufen etwas ungelenk, und als sie vor der Memsahib stand, faltete sie die Hände hinter dem Rücken und wippte auf den Fußballen vor und zurück. Das hatte sie sich beim Verwalter abgeschaut, der früher oft so auf dem Dorfplatz gestanden hatte, wenn er mit Kinyua über die Plantage redete. Nyakio hatte sich dieses Verhalten gemerkt und glaubte wohl, das sei für einen Mzungu angemessen und richtig.
    «Ich möchte mit dir sprechen, Memsahib.»
    «Mary wollte ohnehin gerade mit Chris zur Faktorei gehen. Er möchte heute sehen, wie die Teeblätter gerollt werden.»
    Mary erhob sich sofort. Sie half Chris vom Stuhl und führte ihn an der Hand von der Veranda. Sie sagte kein Wort. Doch als sie an Kinyua vorbeikam, spürte er ihren Blick.
    Er wusste, dass sie mit Mukami befreundet war. Und die Frauen redeten, das war nun mal so. Er schien, diesem Blick nach zu urteilen, nicht allzu gut dabei weggekommen zu sein.
    Er wartete, bis Mary verschwunden war.
    «Nyakio macht mir Sorgen», sagte er. Seine Frau hatte sich derweil auf die Verandastufe gehockt, fuhr mit den Fingern durch den Staub und fegte ihn in die Ritzen der Bretter. Sie lächelte einfältig.
    Bisher war ihm gar nicht aufgefallen, wie … dumm sie wirkte. Es kam ihm so vor, als hätte er sie erst in dieses Haus bringen müssen, bevor er ihr wahres Wesen erkannte.
    «Sie macht doch einen ganz zufriedenen Eindruck. Setz dich, Kinyua.» Einladend wies die Memsahib auf den freien Stuhl. Kinyua setzte sich, und sofort kam Kamau, legte für ihn ein neues Gedeck auf und räumte das schmutzige Geschirr ab. Er brachte eine Kanne frischen Tee und ließ sie wieder allein.
    Die ganze Zeit sprachen sie kein Wort, sondern beobachteten Nyakio, die zufrieden und selbstvergessen den Sand von den Brettern fegte.
    «Sie ist wie ein Kind», sagte er leise, als fürchtete er, Nyakio könnte verstehen, was er sagte. «Ich habe das nie so gesehen, aber sie ist wie meine Kinder.»
    «Ein Kind im Körper einer Frau.» Die Memsahib nickte. Dann fügte sie leise hinzu: «Ich habe einen Bruder daheim in England. Er ist … wie ein Zweijähriger. Obwohl er inzwischen schon vierzehn ist.»
    «Wie ist das

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