Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Am Grund des Sees

Titel: Am Grund des Sees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Fazioli
Vom Netzwerk:
aus dem Zimmer und die Treppe hinunter, stürzte hinaus auf die Straße.
    Aber es war zu spät. Einen Moment lang hatte er die Idee, ihn mit dem Jeep zu verfolgen, aber das wäre sinnlos gewesen - der Vorsprung war zu groß. Sie hätten ihn nicht mehr eingeholt, und nachher hätte er der Polizei erklären müssen, weshalb er sich Hals über Kopf vom Tatort entfernt hatte.
    Apropos Polizei.
    Allein im Haus. Ein Schuss, eine Leiche. Dann das mysteriöse Telefonat. Und das Foto! Das Foto neben der Toten … Es ist wirklich Contini, Leute, jetzt haben wir ihn. Wie kam dieses Foto hierher?
    »Contini, was ist, geht’s Ihnen nicht gut?«
    Calgari war ihm nachgegangen, er berührte seinen Arm. Contini stand mit hängenden Schultern auf der Straße und reagierte nicht.
    »Contini, hören Sie mich?«
    Der Detektiv wandte ihm sein Gesicht zu und murmelte: »Ich bin erledigt.«
     
    Nach der Spurensicherung, nach den Journalisten und Fotografen, nach den Fragen und Zeugenvernehmungen und Presseverlautbarungen war nur noch Commissario Emilio De Marchi am Tatort.
    Er wollte sich noch einmal umsehen, weitersuchen, als wäre hier irgendwo die Lösung zu finden. Dabei wusste er, dass es lächerlich war, ein Wort wie »Lösung« auch nur in den Mund zu nehmen. Was heißt das denn? Daran ist die Flut der Krimis schuld, dachte er, die inzwischen sogar die Polizei vergiftet. Er bildete sich ja selbst schon ein, dass irgendwo eine fehlende Masche im Netz zu entdecken sei.
    Dabei brauchte man bloß Contini zu verhaften.
    Aber sie hatten ihn gehen lassen und ihm zum Schluss nur gesagt: Halt dich zur Verfügung. Warum? Das wusste nicht einmal De Marchi. Seit Jahren kannte er ihn. Contini ein Mörder? Sehr unwahrscheinlich. Bevor er ihn definitiv als Psychopathen abstempelte, wollte De Marchi einen letzten Beweis sehen.
    Aber Beweise sind heutzutage ja eine Seltenheit, dachte er, während er die Treppe hinunterging. Im Wohnzimmer fand er die Hausherrin Adele Fontana. Den Rock über die Knie herabgezogen und die Haare zu einem Knoten aufgesteckt, saß sie gefasst auf der Kante eines weißen Sessels.
    »Und, was denken Sie, Commissario?«
    De Marchi sah sie an und fragte sich, ob sie tatsächlich eine Antwort erwartete.
    »Möchten Sie vielleicht was trinken?«, fragte sie, als er nichts sagte.
    »Nein danke. Ich muss gehen.«
    »Haben Sie in Desolinas Zimmer noch was entdeckt?«
    »Hm«, sagte De Marchi, »mir scheint, da gibt es wenig zu entdecken.«
    Signora Fontana stand auf, um ihn zur Tür zu begleiten. Im Dämmerlicht der Umgebung sah der Kommissär ihren Gesichtsausdruck nicht, dennoch war ihr die Erschütterung anzumerken: Die frühere Adele Fontana, die lächelnde, redselige, hatte der Mörder ausgelöscht. Jetzt verriet jede ihrer Gesten Furcht.
    »Glauben Sie denn, er wird wiederkommen, Commissario?«
    »Nein, keine Sorge, Signora Fontana.« Er drückte ihr die Hand. »Er hat es nicht auf Sie abgesehen. Aber zu Ihrer Sicherheit wird die ganze Nacht ein Beamter vor Ihrem Haus stehen. Sie haben nichts zu befürchten.«
    Auf dem Rückweg, als er langsam die Serpentinen hinunterfuhr, dachte De Marchi zum x-ten Mal daüber nach, ob Contini als Täter in Frage kam, und gelangte zum x-ten Mal zu keiner Antwort.
     
    »Ich verstehe Ihre Lage. Aber ich weiß, offen gestanden, nicht mehr, was ich denken soll.«
    Calgari schien in echter Verlegenheit. Bei Anwälten weiß man freilich nie. Contini ließ ihn reden.
    »Ich kann jetzt nichts mehr für Sie tun, es sei denn, Sie konsultieren mich als Verteidiger.«
    »Ich habe schon einen Anwalt. Ich möchte Sie nur noch eines fragen.«
    Calgari seufzte. »Na gut, sagen Sie schon.«
    »Haben Sie der Polizei von dem Mann erzählt, den wir auf der Straße gesehen haben?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Tja. Weil ich niemanden gesehen habe«, erklärte Calgari. » Sie haben gesagt, Sie hätten einen gesehen. Als ich zum Fenster kam, war da nur noch ein schwarzes Auto, das die Straße hinunterfuhr.«
    Contini dachte eine Weile nach. »Dann haben Sie der Polizei sicher auch erzählt, dass ich allein im Haus war, als der Schuss fiel«, sagte er.
    Calgari hob befremdet die Brauen. »Ich habe die Wahrheit gesagt, Contini: Ich war nicht im Haus. Und dann lag ja auch dieses Foto neben der Toten, nicht? Der erste Polizist am Tatort hätte es umgedreht und seine Schlüsse gezogen: Sieh an, wen haben wir denn da...«
    »Das ist kein Beweis, das ist ein Wink mit dem Zaunpfahl. Als Mörder hätte ich ja gleich

Weitere Kostenlose Bücher