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Am Grund des Sees

Titel: Am Grund des Sees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Fazioli
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gestanden?«
    »Ja … Tommi hat Pellanda und Vassalli umgebracht, weil sie die Erweiterung des Stausees befürwortet haben. Wieso aber Desolina Fontana? Sie hat doch nichts damit zu tun.«
    »Wieso bist du dir da so sicher?«
    »Sie wurde auf ganz andere Weise umgebracht«, murmelte Contini, »das ist eine andere Kategorie von Mord, verstehst du? Hinter dem Spiegel verbirgt sich ein anderer … Das ist eben die Täuschung!«
    »Was für ein Spiegel, wovon redest du?«
    Contini ging nicht auf ihn ein, sondern fuhr fort: »Mir ist der Verdacht gekommen, dass nicht Tommi sich Zutritt zum Haus Fontana verschafft hat, sondern jemand anderes. Dieser Mensch hat eigens gewartet, bis Calgari und ich da waren und ich das Haus betrat - er hat ja sogar die Türe angelehnt! Und er hat Desolina umgebracht.«
    »Aber ihr wart doch sofort zur Stelle, wie konnte er denn fliehen?«
    »Ich war im Flur, als der Schuss fiel. Es hat eine Weile gedauert, bis ich das Zimmer fand. In der Zeit konnte er ohne Weiteres durch die Hintertür verschwinden. Und dann winkt er mir noch dreist von der Straße zu … Jetzt kann Desolina nicht mehr verraten, was sie weiß, und ich habe einen weiteren Mord am Hals.«
    »Wieso versteifen die sich eigentlich ausgerechnet auf dich?«
    »Na ja, ich war von Anfang an immer mittendrin, und Tommi wollte mich ja auch hineinziehen, aus welchen Gründen auch immer. Also ich frag mich, ob er sich wirklich umgebracht hat. Vielleicht nicht - aber das wird die Polizei sicher bald herausbringen.«
    Pancho nickte. »Wer Desolina umgebracht hat, kann natürlich auch ihn umgelegt haben. Zumal ohnehin du der Schuldige bist … Aber wer könnte das alles bewerkstelligt haben?«
    »Jemand, der wusste, dass Tommi ein Mörder ist und ihn machen ließ, jemand, der bereit war, ihn zu eliminieren, wann es ihm passte. Jemand, der von Anfang an alles manipuliert hat, mich, Tommi, auch die Polizei.«
    Pancho seufzte und stellte die Frage, die schon die ganze Zeit im Raum stand: »Und was hast du jetzt vor?«
    »Ich muss rausfinden, wer derjenige ist«, antwortete Contini rasch. »Ich brauche ein bisschen Zeit. Wenn mir die alte Desolina wirklich was aufgeschrieben hat … dann muss ich diese Aufzeichnungen finden, und zwar bevor mich die Polizei holen kommt.«
    »Also bei diesem Schnee bezweifle ich, dass sie’s so schnell schaffen«, sagte Pancho grinsend. »Ich zum Beispiel habe bis hierher …«
    Er konnte den Satz nicht beenden, denn wie ein höhnischer Kommentar zu seinen Worten klingelte es. Contini erbleichte. Pancho ging zur Tür und schaute durch den Spion. Dann kam er wieder zurück und sagte: »Das ist der Kommissär De Marchi.«
     

20
    Der Fuchswald
    Contini starrte auf die geschlossene Tür.
    »Das war ja klar«, murmelte er. »Jetzt ist keine Zeit mehr … Das ist eine Falle.«
    Pancho fragte: »Was mach ich jetzt, soll ich ihm aufmachen?«
    »Nein!«
    Ein Schwall Adrenalin schoss durch Continis Kreislauf; jäh war er hellwach. Er musste nachdenken, schnell. Er hatte den Eindruck, dass nicht einmal Pancho so ganz überzeugt war. Diese Geschichte war so verdreht, so verworren, dass sie wirklich schwer zu glauben war: Tommi als Continis Abbild im Spiegel, hinter dem Spiegel aber der lenkende Geist eines anderen, der die Partie zu gewinnen drohte.
    Es läutete wieder, länger diesmal. Außerdem wurde an die Tür gehämmert.
    »Nein«, wiederholte der Detektiv. »So darf es nicht enden. Ich muss fliehen.«
    »Contini, das kannst du nicht tun, hör auf mich …«
    Aber Contini hatte bereits seine dicke Winterjacke angezogen, den Hut aufgesetzt. »Ich geh hinten raus«, sagte er, während er sich die Stiefel zuschnürte. »Ich muss für eine Weile verschwinden.«
    »Du haust ab? Und was soll ich derweil tun?«
    »Du hältst den Kommissär hin. Erzähl ihm irgendwas - dass ich in Bellinzona bin oder sonst wo.«
    Pancho protestierte, aber Contini hörte ihn schon nicht mehr. Er war ins Bad gehastet und hatte das Fenster aufgerissen, das zum Wald hinausging. Er sah sich um: niemand zu sehen. Dass keiner daran gedacht hatte, die Rückseite des Hauses zu bewachen, war ein schier unfassliches Glück.
    Er sprang hinaus und suchte sofort die Deckung des Unterholzes. Von der vorderen Seite des Hauses tönte De Marchis rufende Stimme. Ohne sich umzudrehen, verschwand Contini im Wald. Mit jedem Schritt versank er knietief im Schnee, während ringsum weiter sacht die Flocken herabschwebten.
    Er verfluchte sich, dass er nicht daran

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