Am Haken - Ein maximalistischer Roman ueber das Leben die Liebe und den grossen Hecht
stehen, wenn es so ist.
»Wenn das Moped es aushalten würde, könntet ihr gern bei mir mitfahren«, erklärt Selma traurig. »Aber das ist zu klapprig. Und wenn ihr keine Mitfahrgelegenheit organisiert habt, dann ist es zu spät, Jungs. Der Bus ist schon weg. Ich war so sicher, dass ihr alles geregelt habt, um hinzukommen, sonst hätte ich dochmeine Mutter gefragt, ob ihr bei ihr mitfahren könnt. Aber sie ist vor einer halben Stunde losgefahren.«
Jerrys Gehirn kocht. Er MUSS und er WILL auf die MOT O-Show . Nicht nur, weil Selma dorthin fährt. Sondern auch, weil dort etwas los ist.
Wir beide haben eingesehen, dass dieses Hausstreichen einfach zu deprimierend ist.
Jetzt arbeitet Jerrys Gehirn mit Gasenergie, Kohleenergie und Atomenergie gleichzeitig. Es fehlt nicht viel, dann kommt ihm der Dampf aus den Ohren – hitzige, weiße Dampfwölkchen, gefolgt von einem hohen Pfeifton.
»Ich weiß, wie wir nach Vanger kommen«, sagt er. »Das kann doch gar nicht so schwer sein, oder? Wenn wir kein Fahrrad, kein Moped, keinen Bus und keinen Zug haben. Was bleibt dann noch?«
Mein Gehirn köchelt auch vor sich hin, aber das einzige Fortbewegungsmittel, das mir einfällt, ist ein Auto. Und ein Auto haben wir nicht, soweit ich weiß.
»Ich habe eine Idee«, sagt Jerry.
Ein grausamer, schauriger, kalter Schauer durchfährt mich.
4. MIT DEM TEUFEL HUCKEPACK
Jerry führt mich zu dem Biodieselwunder meiner Eltern. Zwar steht es meistens nur zur Zierde da, aber …
»Nein, nein, nein«, rufe ich erschrocken aus.
»Lass mich dir ein paar einfache Fragen stellen«, sagt er.
»Kommt gar nicht infrage!«, antworte ich, drehe mich um und laufe davon.
Aber Jerry hechtet nach meinen Beinen, bekommt mich zu fassen und wirft mich zu Boden. Während Selma kichert, setzt er sich auf meine Schultern und presst mein Gesicht und meine Brust auf den Boden. Ich bin viel zu erstarrt, um ihn abzuschütteln.
»Hast du Lust, zur MOT O-Show zu fahren, Bud?«, fragt er.
»… ja klar, aber …«, gebe ich zu.
»Psst! Ich will kein Aber hören«, sagt er. »Gibt es eine andere Möglichkeit, dorthin zu kommen, außer mit einem Auto?«
»Nein, aber …«, keuche ich. Seine Knie reiben auf meinen Schultern.
»Hör auf mit deinem ›Aber‹«, sagt er ruhig. »Und wer von uns kann fahren?«
»Ich … zum Glück … nicht«, antworte ich. »Könntest du so nett sein … jetzt runterzugehen?
»Nun, ich kann fahren«, erklärt Jerry. »Ja, ich weiß, dass ich das nicht darf & so weiter, aber nachdem ich meinen Vater zwei Jahre lang bearbeitet habe, hat er nachgegeben & plötzlich waren wir dabei & ich habe festgestellt, dass ich ein Naturtalent im Autofahren bin. Ich habe nicht die blasseste Ahnung, was da unter der Haube ist, aber was auf dem Armaturenbrett zu sehen ist, das weiß ich, & wie ich es benutzen soll auch, um es mal so zu sagen.«
»Okay, okay, dann kannst du … fahren«, stöhne ich und versuche, mich auf den Rücken zu drehen. Aber er hält mich auf.
»Ich bin noch nicht fertig, mein Kleiner«, sagt er mit einem boshaften Lächeln. »Das Problem ist, dass uns der Schlüssel für den Wagen fehlt. & es gibt nur einen Autoexperten hier.«
»Nein, nein, nein«, keuche ich.
»Oh doch, ja!«, sagt er und drückt meinen Kopf auf den Rasen, dass ich Gras in den Mund kriege.
Ich stöhne mit Grün zwischen den Zähnen und dann beugt er sich zu meinem Ohr hinunter und flüstert, damit Selma es nicht hören kann: »Du bringst uns dahin, indem du den Wagen in Gang kriegst. Dann wird dein genialer Cousin das mit der Lady für dich regeln. Ist das ein Deal? Oder? Ja, ist es das?«
Ich bin immer noch nicht überzeugt. Aber ich weiß, wann ich mich geschlagen geben muss. Der Gedanke an die Lady lockt. Maggies Bild flattert mir durch den Kopf, verschwindet aber wieder, als der Teufel Jerry hinter mir weiterflüstert: »Du kannst es vor dir sehen: das schicke Auto deines Vaters. Wir preschen über den Asphalt & immer neue Aussichten kommen uns vor die Augen. Die Landschaft rast vorbei & wir fliegen durch die Welt wie die Sieger, die wir auch sind. Nichts kann uns aufhalten. Wir haben ein Auto. Wir haben Benzin. Wir haben Geld. Wir trauen uns alles zu & uns gelingt alles. Wir haben alles, was der moderne Mann braucht, um Eindruck auf dieser Welt zu machen. Du kannst die Welt vor dir sehen, Bud! Sie ist groß & saftig wie ein Stück Wassermelone. Du brauchst nur reinzubeißen & dir deinen Teil zu holen. Wie
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