Am Haken - Ein maximalistischer Roman ueber das Leben die Liebe und den grossen Hecht
sich nur noch um ein Duell zwischen ihm und mir. Ein Duell, das meiner Meinung nach nur ein Ergebnis haben konnte.
Aber es ist richtig, dass Hechte in bestimmten Perioden besser beißen – in anderen schlechter. Das hängt von der Jahres- und der Tageszeit ab, von der Wasser- und der Lufttemperatur und davon, wo die kleinen Fische – das heißt die Nahrung des Hechts – hinwandern. Davon, wie hungrig er ist.
Besonders gierig ist er im April/Mai, wenn er abgelaicht hat. Dann beißt er bei allem an. Dann liegt er mit knurrendem Magen im seichten Wasser auf der Lauer. Aber wenn der Sommer sich nähert, dann zieht er weiter in tieferes Wasser. Er mag keine Wärme.
Juli und August werden als die schlechteste Zeit angesehen, um einen Hecht zu fangen. Da sind die meisten Hechte nur in der Dämmerung oder bei Sonnenaufgang bereit zuzubeißen.
Aber wie gesagt – ein hungriger Hecht beißt so ziemlich auf alles. Mein Freund, der Sportfischer Ahab, hat ein eigenes Hechtmuseum eingerichtet. Zwischen den Bildern von Hechten und ausgestopften Fischenstehen auch Vitrinen mit allem möglichen merkwürdigen Zeug, das er von Hechtfischern zugeschickt bekommen hat, um zu zeigen, wie gierig der Hecht ist. Da gibt es Schafsknochen, die Überreste von Schwalben, Mäuse, Ratten und Frösche, Schinken, Käse und Kaninchenohren, die in Hechtmägen gefunden wurden. Die Sammlung umfasst außerdem Münzen, Uhren, Löffel, eine Sardinenbüchse mit Öffner und eine Bierflasche.
Ich wusste, dass mein Riesenhecht ein gieriger Fisch war. Gierig, aber gerissen. Und nachdem ich erst einmal beschlossen hatte, ihn zu fangen, da war die richtige Ausrüstung natürlich wichtig.
Aber meine allerwichtigste Waffe, das war die Ausdauer. Nicht aufzugeben. Es immer wieder aufs Neue zu versuchen, bis ich den Fang sicher im Hafen hatte.«
4. EIN DICKER BROCKEN = DONNERSTAG
1. DAS FRÜHSTÜCK DES WOLFSJUNGEN
Ich bin der Wolfsjunge! Das ist mein erster Gedanke, als ich im Kellergeschoss in meinem Bett aufwache.
Nur ein Wolfsjunge wacht von allein um fünf Uhr morgens auf. Die Sonne schläft noch hinter dem Horizont, mit eingeschaltetem Licht. Aber ich bin wach und voll da. 105 Kilo Wolfsjunge schleichen sich durchs Zimmer, ziehen sich an und suchen Jacke und Schuhe. Sind bereit für den Tag, auch wenn der Tag nicht bereit ist für mich.
Ein Wolfsjunge hat Unmengen an Dingen zu tun. Ganz gleich, ob es spät oder früh am Tag ist.
Mein Plan sieht vor, erst einmal ein wahnsinnig umfangreiches Frühstück zu mir zu nehmen. Etwas, das wirklich Platz im Magen einnimmt und meine Maschine für den Rest des Tages aktiv halten kann. Es besteht eine 87%ige Chance, dass ich in den letzten Tagen einige Kilo verloren habe – trotz der gestrigen Würstchen und Würstchen und Würstchen.
Ich schenke mir einen halben Liter Saft ins Glas ein und trinke es in einem Zug aus. Schlage drei Eier und Schinken in die Pfanne und schiebe das Brot in den Toaster. Decke den Tisch und lausche der Stille.
Die Stille ist schön in Tipling. Ich höre nicht einmalden Müllwagen. Nur Vögel, die das verkünden, was Vögel an einem schönen Morgen nun einmal zu verkünden haben.
Meine Wolfsjungen-Instinkte befehlen mir, von hier wegzukommen. Abhauen! Weglaufen! Sich auf und davon machen! »Iss schneller!«, zischt der Wolfsjunge. Aber ich zwinge mich, jeden Bissen ausgiebig zu kauen. Den Saft mit Speichel zu vermischen und ihn im Mund kreisen zu lassen, um alle Reste von Ei, Schinken und Toast auf dem Weg zum Magenmotor mitzunehmen. Mein Magenmotor ist diesbezüglich ein wenig empfindlich. Er will nicht gedrängt werden. Aber Wolfsjunge und Magenmotor werden sich einig.
So isst der Wolfsjunge mit empfindlichem Magen Frühstück, während er Pläne für den Tag schmiedet.
Doch da gibt es ein Problem. Abgesehen von dem Wunsch, in die Natur, dem Sonnenaufgang entgegenzustürzen, habe ich keine Ahnung, was ein Wolfsjunge wohl denken oder tun würde. Ich habe Probleme, mir vorzustellen, welches Tagesprogramm so ein Pelztier wohl haben könnte. Deshalb versuche ich, so zu tun, als hätte ich ein Fell, und rede mir selbst ein, dass ich jetzt nur noch mit Wolfsideen durch die Welt gehe.
Aber weiter als bis zu dem Gedanken, dass ein Wolfsjunge seinen Instinkten folgt, komme ich nicht. Er würde kein Haus streichen oder versuchen, Beulen in Autos wegzureden, oder sich große Sorgen machen.
Er würde in den Wald gehen und sich auf die Lauer legen, um Beute zu
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