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Am Haken - Ein maximalistischer Roman ueber das Leben die Liebe und den grossen Hecht

Am Haken - Ein maximalistischer Roman ueber das Leben die Liebe und den grossen Hecht

Titel: Am Haken - Ein maximalistischer Roman ueber das Leben die Liebe und den grossen Hecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Ewo
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und jeder Hecht mit ein bisschen Verstand zwischen den Kiemen flieht in die tiefste Tiefe und paddelt mit den Flossen zwischen Seegras und anderer Tarnung.
    »Ich wollte nur sagen, dass du nicht zu nahe an den Schilfgürtel gehen sollst«, brülle ich, damit er mich überhaupt hört. »SONST ERSCHRICKST DU DEN FISCH!«
    »Hmm«, bemerkt er misstrauisch und zieht Waldens Buch aus dem Rucksack. Schaut im Register nach und schlägt die Seite auf. Folgt den Worten mitdem Zeigefinger und glotzt zu mir hoch: »Du hast recht, Bud. Das steht hier.«
    Er zeigt mir Waldens Text, als wäre es die Heilige Schrift. Dann liest er weiter und murmelt etwas: »Aber   … da steht auch, dass man nicht so schreien soll, wenn man in die Nähe von Fischgewässern gerät. Die haben nämlich eine Art Gehör, mit dem sie so etwas mitkriegen. Bud! Du musst aufhören, so zu schreien! Warum redest du nicht ganz normal mit mir?«
    Ich zucke mit den Schultern und folge Jerry, während er sich voranschleicht, bis wir fünfundzwanzig Meter vom Schilfgürtel entfernt sind. Ich setze mich, schaue auf die Uhr und spüre, wie es bei dem Gedanken an die Malarbeiten, die wir hätten machen sollen, nervös in meinem Körper prickelt. Vater kriegt in diesem Moment wahrscheinlich einen Nervenzusammenbruch und ist sicher schon dabei, einen Galgen für uns zu zimmern. Doch ich habe keine Lust, weiter herumzunörgeln. Soll Jerry doch seine letzte Chance kriegen.
    Ich lege mich auf den Rücken ins Gras. Schließe die Augen und versuche, mir vorzustellen, wie ich einen riesigen Burger esse, während Maggie neben mir steht und angelt. Was natürlich nie passieren wird, nachdem sie Jerry eine gefeuert hat. Sicher hasst sie jetzt uns beide. Aber es ist ja wohl noch erlaubt, ein bisschen zu träumen.
    Ich wache von einem heiseren Schrei auf.
    Und springe auf.
    Und sehe, wie Jerry bis zu den Knien in der Erdesteht. Das sieht ganz mysteriös aus. Als wollte die Erde ihn verschlucken.
    »Hilfe!«, jammert er leise. Ich weiß nicht, ob er nicht lauter ruft, weil er die Fische nicht erschrecken will. Oder ob sein Sprachzentrum vor Schreck gelähmt ist.
    Er ist in ein Sumpfloch getreten oder was immer das auch sein mag. Momentan steht er jedenfalls bis zu den Knien drin und sinkt weiter.
    Ich strecke ihm die Hand entgegen, die er wie ein Ertrinkender packt, voller Panik, sodass ich Gefahr laufe, mit unterzugehen.
    Aber schnell lehne ich mich zurück.
    105   Kilo sind angesagt!
    Ich lehne mich zurück und ziehe und zerre Jerry mit mir, und ich bin auf dem besten Wege, ihn aus dem Loch herauszuziehen. Seine Hose hat von den Knöcheln abwärts eine braune Farbe angenommen. Und plötzlich ist ein »Schwups!« zu hören, das sich feucht, eklig und schleimig anhört.
    Dann steht er da: mein Cousin. Teilweise braun. Weiß im Gesicht. Mit einer merkwürdigen Stimme. Und mit nur noch einem Schuh.

7.   EIN SEERÄUBER BEGEGNET EINEM MONSTER
    Wir sind auf dem Heimweg. In ruhigem Tempo. Jerry geht voran und bestimmt den Weg. Wir haben um seinen schuhlosen Fuß ein Handtuch gewickelt und er wackelt dahin wie ein Seebär mit Holzbein.
    Deshalb singt Jerry auch ein Seeräuberlied von Long John Silver und seinem einbeinigen Papagei. Über alles, was sie geraubt haben, alle, die sie getötet haben, alle Städte, die sie geplündert, und wie viel Rum sie getrunken haben.
    Es hallt durch den Wald wie der Lockruf eines betrunkenen Ziegenhirten, der seine Tierchen ruft. Jerry hat keine Gesangsstimme, nur Enthusiasmus. Das ist auch der Grund, dass ich ihm reichlich Vorsprung gebe. Das »Lied« ist so laut, dass man es unmöglich ignorieren kann.
    Wir haben ungefähr den halben Weg hinter uns gebracht und Jerry muss bei Strophe 37 angekommen sein, als es im Laub raschelt. Jerry kann es nicht hören, weil er aus voller Kehle grölt. Aber die Geräusche im Gebüsch und in den Blättern sind heftig und bedrohlich. Ich rufe Jerry eine Warnung zu, aber dieser bemerkt weder mich noch den Feind, der sich von rechts her annähert. Ich fühle mich in einen Horrorfilm versetzt, bin der hilflose Zuschauer, der zusehen muss, wie ein Alien, ein Tyrannosaurus Rex, ein Monster aus den Sümpfen oder ganz einfach King Kong einen Kollegen und Freund angreift.
    Plötzlich merkt Jerry, dass da etwas im Busch ist.
    Er macht einen nervösen Schritt zur Seite und bleibt stehen.
    Aus dem Gebüsch kommt eine wütende Maggie herausgerannt.
    Und ich schwöre, dass Folgendes geschieht: Maggie packt Jerry beim Kragen.

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