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Am Haken - Ein maximalistischer Roman ueber das Leben die Liebe und den grossen Hecht

Am Haken - Ein maximalistischer Roman ueber das Leben die Liebe und den grossen Hecht

Titel: Am Haken - Ein maximalistischer Roman ueber das Leben die Liebe und den grossen Hecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Ewo
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worden zu sein, ist gewaltig. Er hat sich immer aus allem herausreden können, mit seinem Charme, hat die Leute mit seinen Worten in bessere Laune versetzt. Aber jetzt liegt er so platt am Boden, dass nicht einmal eine Haarsträhne aufragt. Jetzt liegt er so platt, dass er verschwindet. Verdunstet wie Dampf. Verschwindet wie alle Farben der Blätter, nachdem der Herbst explodiert ist.
    Ich wünschte, ich könnte ein paar Missverständnisse richtigstellen. Ich könnte meine Eltern daran erinnern,dass sie all die coolen Dinge vergessen haben, die Jerry getan und gesagt hat. Wie viel Spaß er ihnen bereitet hat. Welche spannenden Diskussionen er in Gang gebracht hat.
    Aber das gerät alles in den Hintergrund   … Ja, ein Auto ohne Erlaubnis zu nehmen und ohne Führerschein zu fahren, das ist dumm und nicht erlaubt. Darin haben sie natürlich recht. Aber trotzdem   … Wenn sie wüssten, wie unschuldig Jerry eigentlich ist.
    Das Bier habe ich genommen. Und den Pavillon habe ich verdreckt. Aber niemand will meine Erklärungen hören.
    Ich verschwinde um das Haus herum   – nur um wegzukommen. Papas Operation Gewitter donnert weiter da draußen auf der Terrasse über undankbare Menschen und so weiter. Bis er endlich leiser wird. Aber da ich nicht weiß, ob er nicht noch auf die Idee kommt, dass sein Sohn vielleicht auch so eine Gardinenpredigt braucht, schleiche ich mich lieber hinunter in mein Zimmer, um mich für eine Weile in den Schrank zu setzen.
    Das alles ist traurig genug, um eine riesenlange Träne zu vergießen.
    Aber als ich mein Zimmer erreiche, höre ich ein merkwürdiges Geräusch.
    Es kommt aus dem Schrank.
    Ich schleiche mich näher.
    Mein Ohr wird zu einem zwei Meter großen Hörrohr und lauscht an dem Spalt zwischen Tür und Rahmen.
    Da ist jemand, der schluchzt.
    Das ist Jerry.
    Er sitzt dadrinnen und heult.
    Ich habe kein Recht, hier zu sein. Ich muss raus. Das ertrage ich nicht.
    Bis jetzt hatte ich noch nicht herausgefunden, wer ich heute bin. Aber jetzt weiß ich es. Ich bin Niemand. Also steht Niemand hier und lauscht. Niemand schleicht sich wieder hinaus. Niemand streicht weiter das Haus, als wenn nichts geschehen wäre oder geschehen wird.
    Niemand schweigt und wartet, dass das Leben besser wird.

11.   DER TOD, DEPRI, DOWN UND BESCHISSEN
    »Du kannst eine Fischsuppe kochen. Die ist wahnsinnig gesund und ihr Lieblingsgericht«, schlage ich Jerry vor, als wir über die abendliche Mahlzeit sprechen. Er ist wieder aus dem Schrank herausgekommen und möchte gern versuchen, die Stimmung im Haus zu heben. Und Essen ist dabei die Lösung.
    »Fischsuppe? Meinst du wirklich?«, fragt er, vollkommen am Boden zerstört.
    »Was sollen wir denn sonst mit diesen fünf Fischteenagern hier machen?«, frage ich.
    »Fischsuppe?«, fragt er noch einmal und sein Gehirn ist so zerbrochen, dass es nicht begreift, was das bedeutet.
    »Nun ja, wird wohl eher eine dünne Fischsuppe«, erkläre ich. »Mach die Fische sauber und filetiere sie.Dann Wasser, Gewürze, Fischbouillon dazu, Gemüse klein schneiden, vielleicht ein Schuss Sahne. Ungefähr so?«
    »Fischsuppe«, sagt mein zerschmetterter Cousin und geht auf zerschmetterten Füßen in die Küche und findet dort alles, was er braucht.
    Meine Mutter huscht an ihm vorbei und beachtet ihn gar nicht. Kommentiert seine Kochkünste nicht. Sagt kein Wort.
    Mein Vater kommt herein, gießt sich eine weitere Tasse Kaffee ein, murmelt etwas Gehässiges und Unverständliches und verschwindet wieder. Für sie ist Jerry unsichtbar geworden.
    Jerry sinkt auf die Höhe der Arbeitsplatte zusammen. Du siehst nur noch einen dünnen Stiel, der Gemüse schneidet. Das Messer in seiner Hand ist größer als er selbst und kommt seinen Fingern gefährlich nahe. Ich schiebe ihn freundschaftlich zur Seite, bevor er Fleischbrühe statt Fischsuppe macht   – und erledige den Job für ihn.
    Dann stelle ich die Zutaten in der richtigen Reihenfolge auf die Arbeitsplatte. Schneide das Gemüse und lege es in kleine Schalen. Mache den Fisch zurecht. Hole den Topf heraus. Stelle ihn auf den Herd. Zeige auf die verschiedenen Dinge, die hineinsollen, und sage, in welcher Reihenfolge.
    »Lass mich nicht allein«, flüstert er, als ich abhauen will.
    Das ist vielleicht ein trauriger Abend. So ein trauriger Abend mit mürrischen Gesichtern auf der Terrasse und betretenem Schweigen in der Küche. Undeinem Jerry, der nur noch ein Schatten seiner selbst ist.
    »Meinst du, das wird gut gehen?«,

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