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Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition)

Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition)

Titel: Am Horizont das rote Land: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kylie Fitzpatrick
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unpraktische Kleidung erschien ihr in dieser Umgebung etwas lächerlich. Das Prickeln der feuchten Luft machte ihr jedoch nicht viel aus und auch die Insekten nicht, die um ihr Gesicht schwirrten. Sie hätte den ganzen Tag so weiterlaufen können. Sie war frei.
    Michael blieb abrupt vor ihr stehen, und sie wäre beinahe mit ihm zusammengestoßen. Vor ihm stand reglos Jarrah, die Hand als Signal erhoben, dass sie still sein sollten. Zuerst wunderte sich Rhia, weshalb er nicht einfach über den Ast hinwegtrat, der da vor ihm auf dem Boden lag, doch dann rollte sich der Ast zusammen und ringelte sich zur Seite. Es war eine braune Schlange. Jarrah bewegte sich so blitzschnell, dass Rhia gar nicht sagen konnte, wie es kam, dass er plötzlich den Schwanz einer ein Meter langen Schlange in der Hand hielt und ihren Kopf gegen den Boden schlug, als sei es eine Peitsche. Kurz darauf hatte er sie sich um den Hals geschlungen. »Das Biest hätte mich fast gekriegt«, verkündete er mit einem glucksenden Lachen über die Schulter hinweg. »Jetzt ist es Frühstück.«
    Sie erreichten das Ende des Waldes und ein großes Stück gerodetes Land. Am Ende einer kurvigen Auffahrt stand ein flacher Steinbau, um den herum eine elegante Veranda mit hübschem Geländer führte. Zwischen geöffneten Verandatüren bewegten sich Spitzenvorhänge. Das gerodete Land war meilenweit eingezäunt, und auf den entfernten Wiesen grasten Hunderte von Schafen. Kein Wunder, dass die Viehzüchter Australiens so feine Merinowolle produzieren konnten – die Verhältnisse hier waren perfekt und die Weiden einfach endlos. Rhia hatte gehört, dieser Kontinent sei so groß wie ganz Europa, und wenn sie den grenzenlosen Himmel betrachtete, glaubte sie, dass es stimmen könnte.
    Sie traten aus dem Schutz der Bäume heraus, während Jarrah zurückblieb und Rinde und Zweige für ein Feuer sammelte, auf dem er seine Schlange braten konnte. Er versprach, ihnen etwas in der Asche übrig zu lassen, und Rhia bedankte sich, sagte jedoch, sie hätte keinen großen Hunger.
    Sie waren die Auffahrt noch nicht weit entlanggegangen, als zwei Mischlingshunde auf sie zugestürzt kamen, als seien die Besucher entlaufene Schafe. Kurz darauf tauchte eine dünne, ängstlich wirkende Frau auf der Veranda auf, die sich die Hände an der Schürze abwischte. Sie musste Juliettes Mutter sein, denn die Ähnlichkeit war nicht zu leugnen.
    »Guten Morgen!«, rief Michael. »Wir suchen Eliza Green.«
    »Das bin ich«, erwiderte die Frau und wirkte nun noch ängstlicher.
    »Sie müssen sich keine Sorgen machen, Mrs Green. Wir haben Nachricht von Ihrer Tochter.«
    »Juliette!« Eliza umklammerte das Geländer, als ob ihre Beine gleich nachgeben könnten. »Dann kommen Sie besser mal rein«, brachte sie schließlich heraus. »Die Herrschaften sind in die Stadt gefahren, deshalb kann ich Ihnen eine Tasse Tee anbieten. Haben Sie schon gefrühstückt? Die junge Dame wirkt hungrig.«
    Sie schob Rhia und Michael eifrig in ein großes, luftiges Zimmer und eilte wieder von dannen.
    »In New South Wales ist ein Viehzüchter offensichtlich ein reicher Mann«, stellte Michael trocken fest, als sie sich auf der Kante der gepolsterten Stühle niederließen. Er fuhr mit der Hand über das glatte, polierte Holz. »Das ist Zeder. Holz des Gouverneurs.«
    Rhia nahm an, dass es sich hier um den Salon handelte. Er war mit dem schimmernden rötlichen Holz eingerichtet, und orientalische Teppiche bedeckten breite, glänzende Dielen. In einer Ecke stand ein hübsches Klavier, und Ölbilder mit englischen Landschaften hingen an den Wänden.
    Eliza kehrte mit einer Kanne Tee, einem flachen Laib Brot und etwas frischer Butter zurück. Es sah auf jeden Fall nach einem appetitlicheren Frühstück aus als Jarrahs Schlange. Eliza griff nach der Kanne, doch ihre Hand zitterte so sehr, dass Rhia sie ihr abnahm und ihnen allen Tee einschenkte, ehe sie Michael einen Blick zuwarf. »Ich denke, wir sollten Mrs Green sagen, weshalb wir hier sind.«
    Er nickte.
    Rhia erklärte, so gut sie konnte, was eine fotogene Zeichnung war, und was sie nach Rose Hill brachte. Selbst in ihren Ohren klang es nach einer Menge Unsinn. Eliza zupfte unsichtbare Staubkörner von ihrer Schürze und zerbröckelte dann ein Stück Brot zwischen den Fingern. Als nur noch ein Haufen Krümel übrig war, rang sie die Hände.
    Rhia wartete, bis Eliza sich ein wenig beruhigt zu haben schien. »Wissen Sie, weshalb Juliette gedacht haben könnte, dass einer

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