Am Horizont die Freiheit
konnten.
Joan sparte so viel von seinem Lohn, wie er konnte, und wartete ungeduldig auf Vilamarís Ankunft.
Ende Dezember hieß es, König Ferdinand habe Vilamarí befohlen, seine Flotte zu zerstören. Man beschuldigte ihn, Matrosen und Galeerenruderer gewaltsam zu rekrutieren und Piratenakte zu begehen. Joan dachte, dass der Admiral und seine Leute eine viel schlimmere Strafe verdient hätten, doch gleichzeitig war er enttäuscht. Dann wäre sein Plan gescheitert, sich in der Flotte anwerben zu lassen. Wie sollte er jetzt den Einäugigen finden, falls er noch lebte? Allerdings meinten andere, dass Vilamarí nicht klein beigeben werde, vielmehr werde er schnell nach Barcelona kommen, um den Monarchen umzustimmen. Joan beschloss, geduldig zu warten. Ihm blieb keine andere Möglichkeit.
Die Ausrufer verkündeten am 8 . Januar 1493 die große Neuigkeit: König Ferdinand hatte soeben einen Vertrag mit Frankreich unterzeichnet. Ohne dass er kämpfen musste, erhielt er dadurch die Grafschaften Cerdaña und Roussillon zurück, die Frankreich zweiunddreißig Jahre zuvor besetzt hatte als Pfand für die von seinem Vater, Johann II ., aufgenommenen Schulden, weil ihn die französischen Heere im katalanischen Bürgerkrieg unterstützten. Danach hatte sich Frankreich geweigert, die Grafschaften herauszugeben, und Johann II . musste sich zurückziehen, als er bei dem Versuch, sie mit Waffengewalt wiederzugewinnen, eine Niederlage erlitten hatte. Nun wurden sie von Frankreich an König Ferdinand abgetreten, und man bezahlte außerdem eine finanzielle Entschädigung.
Am nächsten Tag unternahm der König zusammen mit seinen Honoratioren einen Spazierritt durch die Stadt, und das Volk bejubelte ihn wie nie zuvor. Die Königin und Prinz Juan begleiteten ihn. Sie waren die Sieger im kastilischen Bürgerkrieg und im Krieg von Granada, und nun stellten sie die Einheit Kataloniens wieder her.
Doch in den Schänken, in denen viele Fremde saßen, hörte Joan zu diesem Thema unterschiedliche Meinungen in mehreren Sprachen. Wer glaubte, dass ihn niemand verstand, äußerte sich frei und vorbehaltlos.
Joan erfuhr, dass der Staatenbund, den die Krone von Aragonien damals vertreten hatte, über wenig mehr als eine Million Einwohner verfügte, und Katalonien war vom Bürgerkrieg verwüstet. Er konnte nicht mit Frankreich wetteifern, das stets nach neuen Annexionen strebte. Nun aber hatte man Kastilien und León mit beinahe sieben Millionen Einwohnern und Granada mit einer weiteren halben Million hinzugewonnen. Das bedeutete, dass sich die militärische Macht, mit der es Frankreich aufnehmen musste, verachtfacht hatte.
»Seine Hoheit, König Ferdinand, hat die Heere unserer Königin Isabella während des kastilischen Bürgerkriegs befehligt. Sie haben gesiegt, und Isabella hat sich zur Königin proklamiert«, sagte einer auf Kastilisch. »Danach hat der König den Krieg von Granada geleitet und Kastilien mit der Flotte und den Truppen seiner Reiche unterstützt.«
»Und jetzt erweist ihm seine Gattin einen Gegendienst, indem sie die kastilischen Heere für die Interessen Aragoniens einsetzt«, ergänzte sein Gegenüber. »Und der Franzose, der sich vor unserer Macht fürchtet, will Frieden.«
Die Gespräche der Franzosen, die Joan belauschte, verrieten allerdings keine Angst. König Karl VIII . von Frankreich machte den spanischen Königen kein Geschenk, weil ihn die Einnahme Granadas beeindruckt hätte. Er hatte andere Pläne. Er wollte nichts Geringeres, als durch ganz Italien bis zum Königreich Neapel zu marschieren, es zu erobern und sich als Erben der Anjous, der früheren Könige, zum Herrscher zu erklären. Doch König Ferdinand I. von Neapel, der Ferrante von Aragonien genannt wurde, war ein Cousin des Königs Ferdinand von Spanien und mit dessen Schwester Juana verheiratet. Die Vereinbarung besagte, dass Spanien nicht gegen Frankreich eingreifen würde und ohne dessen Einwilligung keine Ehebündnisse mit anderen europäischen Ländern abschließen dürfte. Ferdinand von Spanien ließ Frankreich gewissermaßen freie Hand gegen seinen Cousin und seine Schwester.
»König Ferdinand verrät seine Familie in Neapel«, hörte Joan von einem Diener des französischen Gefolges.
»Vielleicht«, entgegnete ein anderer. »Aber es heißt, dass der listige König von Aragonien ein Ass im Ärmel bewahrt. Weißt du, dass das Abkommen seine Gültigkeit verliert, wenn einer der beiden Unterzeichner den Papst
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