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Am Horizont die Freiheit

Am Horizont die Freiheit

Titel: Am Horizont die Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorge Molist
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haarsträubendes Miauen hören, während der Junge einen Triumphschrei ausstieß.
    »Verdammt!«, rief Miquel Corella, ohne dass er sich zurückhalten konnte. »Steckt endlich den Degen ein! Wir bekommen noch Ärger!«
    »Den bekommt Ihr, nicht ich«, antwortete der junge Mann dreist. »Schließlich bin ich der Sohn des Papstes.«
     
     
    »Ich habe es satt, das Kindermädchen dieses Draufgängers zu spielen«, gestand ihm Miquel ein paar Tage später, als sie einander schon vertrauten. »Er ist daran gewöhnt, dass alle seinen Launen nachgeben, und er tut immer das Gegenteil von dem, was ihm sein Vater vorschreibt. Er trinkt, flucht, würfelt und gibt das Geld mit vollen Händen aus.«
    Joan erfuhr, dass es sich um Juan Borgia, einen Sohn von Papst Alexander  VI ., handelte, den Vilamarí von Rom nach Barcelona gebracht hatte, um María Enríquez, die Cousine des Königs und Witwe seines älteren Bruders, zu heiraten. Von ihm hatte er das Herzogtum Gandía geerbt.
    »Er nimmt sich bei hübschen Frauen zu viel heraus, und ich muss alles wiedergutmachen«, erzählte ihm der Valencianer. »Obwohl ihn sein Vater angewiesen hat, die Ehe mit der Cousine des Königs unverzüglich zu vollziehen, hat er sie offenbar noch nicht angerührt. Der Papst ist wütend wegen dieser Skandale.«
    Die Ereignisse bestätigten die Worte Miquel Corellas, denn zwei Tage danach packte Juan Borgia, der übel gelaunt war, nachdem er beim Würfeln verloren hatte, Margarida an den Brüsten. Sie war die aufreizende Tochter des Schankwirts und stellte einen sehr tiefen Ausschnitt zur Schau. Das Mädchen ließ sich nicht von den Titeln ihres Angreifers noch von dem versprochenen Geld beeindrucken und ohrfeigte ihn. Juan Borgia drehte sich um und wollte sie schlagen, aber Margarida bohrte ihm ihre Fingernägel in die Wange und zerkratzte ihn. Joan stellte sich rechtzeitig dazwischen und ergriff die Hand des Papstsohnes, der schon seinen Dolch hervorgeholt hatte. Miquel Corella hielt inzwischen die Gäste, die den jungen Herzog umbringen wollten, mit seinem Degen in Schach. Er brachte zwei Seeleuten leichte Verwundungen bei und zeigte dabei ein bemerkenswertes Fechtertalent. Mit Joans Hilfe, der Juan Borgia fortschleppte, drängten sie sich zur Straße durch.
    »Du weißt nicht, wer ich bin, du Hure!«, schrie der Borgia dem Mädchen zu.
    »Ich bin nur eine Hure für den, bei dem ich es will«, antwortete Margarida. »Doch für dich bin ich die Heilige Jungfrau. Steck dir dein Geld in den Hintern, weil ich zwar arm bin, aber dennoch meine Würde habe.«
    Joan ging mit ihnen, und auf dem halben Weg zu seinem Palast erstach der wütende Herzog einen Straßenhund mit seinem Degen. Miquel Corella dankte Joan und bat ihn, sie in den nächsten Nächten zu geleiten. Der Sohn des Papstes würde sich wieder Ärger einhandeln.
    »Ich kann nicht jede Nacht dabei sein, aber ich werde es versuchen«, antwortete Joan und wies das Geld zurück, das ihm Miquel anbot. Ihm gefiel der Valencianer.
    In dieser Nacht schrieb er in sein Lehrlingsbuch: »Ich bin nur eine Hure für den, bei dem ich es will.« Er war stolz auf das Mädchen. Margarida war es gewesen, die Joan in einem Hinterzimmer der Schänke und in einem Moment, als keine Kunden da waren, gezeigt hatte, was eine Frau war.
    »Das nächste Mal musst du mich bezahlen«, hatte sie lächelnd gesagt, als sie sich von Joan verabschiedete.
    »Ich bin arm, aber ich habe meine Würde«, notierte Joan mit einem Lächeln in seinem Buch und setzte hinzu: »Lerne das, Herzog!«
     
     
    Im September wollte der König die wiedergewonnenen Herzogtümer besuchen und ihre friedliche Unterwerfung und Treue zur Krone bestätigen. Der Admiral Bernat de Vilamarí brachte ihn mit seiner Flotte nach Collioure. Offenbar hatte der Seemann die Gunst des Monarchen wiedererlangt. Die Schiffe hatten jedoch nur sehr kurze Zeit in Badalona geankert. Joan blieb nicht einmal Zeit, sich ihnen zu nähern, und der Einäugige ließ sich nicht in den Schänken Barcelonas blicken.
    Das Warten ermüdete Joan, der es vor Ungeduld kaum noch aushielt. Sogar Meister Eloi, der seine Vergangenheit kannte und erlaubte, dass er die Schänken besuchte, rügte ihn, weil er während der Arbeitszeit mehrmals fehlte.
    »Es dauert nicht mehr lange, Meister«, antwortete der Junge. »Bald weiß ich, wo meine Familie ist.«

59
    J oan hatte diese Szene in seinen Gedanken oft durchgespielt. Der Einäugige, der Mörder seines Vaters, saß an einem Wirtshaustisch

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