Am Horizont die Freiheit
Viola, und man hatte starken Rosenduft versprüht, um den Gestank der Galeerensträflinge zu vertreiben.
»Die Artillerie kann man nur aus kurzem Abstand, vor dem Entern, einsetzen, wenn uns schon das Blut des Feindes bespritzt«, sagte Pere Torrent, der die Truppe kommandierende Offizier. »Sie soll das gegnerische Deck säubern, um den ersten Widerstand zu brechen.«
Joan stand zwischen den beiden Aufsehern, die die Offiziere grüßten. Diese taten so, als sähen sie sie nicht, und setzten ihr Gespräch fort.
»Das gilt auch für unbewegliche Ziele, wie etwa Festungen«, fügte der Steuermann hinzu. »Und für den Fall, dass eine Galeere genau vor uns auftaucht.«
»Nicht einmal dann«, erklärte der Truppenoffizier. »Wenn das Ziel weit weg ist, schießt man immer daneben. Und wenn die Entfernung gering ist, reicht die Zeit zum Abkühlen der Geschütze nicht aus. Wir riskieren, dass wir nicht nachladen können, bevor die anderen über uns herfallen. Die Gefahr ist zu groß. Ich schieße lieber als Letzter und bin meiner Sache sicher.«
»Und was sagt Ihr über ein fliehendes Schiff wie das heute?«, wollte Kapitän Perelló wissen.
»Damit hätte man bloß Schießpulver vergeudet«, antwortete der Rudermeister. »Die Entfernung war zu groß, und die See war unruhig. Man konnte es unmöglich treffen.«
»Was meinst du dazu, Ruderknecht?«, fragte Pau de Perelló und wandte sich dabei an Joan. Zugleich befahl er den Aufsehern mit einer Geste, sich zurückzuziehen.
Joan bemerkte, wie sich alle Blicke auf ihn richteten. Selbst der Admiral beobachtete ihn. Er räusperte sich, bevor er antwortete, dann aber klang seine Stimme nachdrücklich und selbstsicher. Das hier konnte die einzige Chance sein, seine Lage zu verbessern.
»Mit den Feldschlangen hätte ich getroffen.«
Der Truppenoffizier und der Rudermeister lachten schallend.
»Was für eine Dummheit!«, sagte der Offizier. »Das würde nicht einmal der beste Artillerist schaffen. Auf diese Entfernung kann man den Schuss nicht genau ausrichten.«
»Und warum hat die Galeere dann zwei Feldschlangen und eine Kanone an Bord?«, erwiderte Joan lebhaft. »Wenn Ihr keinen Fernschüssen vertraut, so schafft die Feldschlangen weg und stellt Kanonen auf. Die sind auf kurze Entfernung wirkungsvoller.«
Der Offizier starrte Joan fassungslos an. Dieser hatte nicht ihn angesprochen, sondern den Kapitän. Er hatte nicht erwartet, dass der Sträfling antwortete, und noch weniger in einem solch entschiedenen Ton. Ein unbehagliches Schweigen trat ein.
»Wir haben die Feldschlangen, um Häfen zu blockieren und von See aus Städte und Festungen zu belagern«, widersprach schließlich der Steuermann.
»Ist das ein albernes Großmaul!«, fuhr ihn Offizier Torrent an. »Für wen hältst du dich?«
»Diese Galeere wurde auf den Werften Barcelonas gebaut«, antwortete der Junge. »Habe ich unrecht, Herr Kapitän?«
»Nein«, bestätigte Pau de Perelló. »Sie kommt aus Barcelona.«
»Nun, dann habe ich diese Feldschlangen hergestellt und auf den Hängen von Montjuic erprobt.«
Die Offiziere sahen sich verblüfft an. Joan beobachtete den Admiral, der weiter kein Wort sagte – er schien nicht erstaunt zu sein.
»Stimmt das, Junge?«, fragte der immer noch ungläubige Kapitän nach.
»Ja, Herr Kapitän.«
»Und du versprichst, dass du eine Fuste treffen kannst, wenn die Umstände so sind wie heute?«
»Nicht beim ersten Schuss, Herr Kapitän«, erklärte Joan zurückhaltend. »Aber wir haben zwei Feldschlangen, und als wir die Fuste verfolgten, gab es mehrere Gelegenheiten, auf sie zu schießen. Ich hätte sie wenigstens einmal getroffen.«
»Das wirst du probieren müssen«, sagte Pau de Perelló.
»Sehr gern, Herr Kapitän.«
»Aber wenn du uns belügst, reißen wir dir mit Peitschenhieben die Haut ab«, drohte ihm Offizier Torrent.
»Ich muss das Pulver, die Kugeln und den Zustand der Geschütze überprüfen und mich mit den Artilleristen des Schiffs absprechen«, erklärte Joan, ohne aus der Fassung zu geraten. »Außerdem muss ich vorher üben.«
»Einverstanden«, sagte der Kapitän. »Aber zu deinem eigenen Wohl hoffe ich, dass du dich nicht irrst.«
Am nächsten Tag verlangte Joan, Carles als Gehilfen zu bekommen, jedoch ohne Erfolg. Er handelte sich lediglich Spottreden des Rudermeisters ein. Alle wussten von Carles’ Neigungen.
Joan musste sich mit den Seeleuten herumschlagen, die die Geschütze bedienten. Sie sahen es als Beleidigung an,
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