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Am Horizont die Freiheit

Am Horizont die Freiheit

Titel: Am Horizont die Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorge Molist
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noch seinen Rudergefährten gefallen.
    »Haben sie nichts gesagt?«, fragte Carles. »Beinahe hättest du doch die Fässer getroffen.«
    »Nein, nichts«, antwortete Joan entmutigt.
    In dieser Nacht fand er kaum Schlaf. Er war schon an die unbequemen Bänke, den Gestank, die Bisse der Blutsauger und die unmittelbare Nähe von Carles und Amed gewöhnt. Doch zum Schmerz der Peitschenwunden kam das Gefühl eines unwiederbringlichen Versagens hinzu. Was hatte er falsch gemacht? Er hatte kein einziges Ziel getroffen, die Fässer waren einfach zu klein gewesen.
    Aber die Offiziere konnten sich nicht die Gelegenheit entgehen lassen, mit ihren Schüssen die fliehenden sarazenischen Galeeren zu erreichen. So blind konnten sie nicht sein. Dann dachte er, dass sie vielleicht doch so blind waren.

67
    D ie Flottille lichtete am nächsten Tag die Anker, um ihre Fahrt weiter südlich fortzusetzen. Kurz danach sichteten sie zwischen den Inseln San Pietro und Sant’Antioco zwei sizilianische Karavellen, die Weizen nach Valencia transportierten. Ihre Kapitäne erklärten, sie seien von zwei sarazenischen Fusten angegriffen worden, als sie die Südspitze Sardiniens umfahren und die Isola della Vacca erblickt hätten. Die Karavellen hatten das Glück, dass der Südwind ihre Segel blähte, und weil sie sich schnell bewegten und ihre Bordseiten viel höher waren, konnten die kleinen Galeeren sie nicht entern, obwohl sie mehrere Haken zu ihnen hinüberwarfen. Stundenlang hatten die Piraten Jagd auf sie gemacht und mit Kanonen beschossen, aber das Spantenwerk der schweren Karavellen war widerstandsfähiger als das der Fusten. Diese waren sehr wendig, hatten jedoch nur zwei Kanonen, und da die Karavellen über kleine Falkonette, mehrere Arkebusen und ein paar Armbrustschützen verfügten, trafen sie die sarazenischen Schiffe immer, wenn diese gerade entern wollten. Schließlich gaben sie auf.
    Auf eine solche Nachricht hatte Admiral Vilamarí gewartet. Er kannte diese Gewässer und die Taktik der Piraten genau. Er nahm an, dass sie die schroffe und unbewohnte Isola della Vacca als Ausguck benutzten und ihre Fusten hinter ihr versteckten. Er ließ seine Galeeren zur Meerenge zwischen Sant’Antioco und der Isola della Vacca fahren. Bevor Vilamarí die Isola della Vacca sichtete und die Piraten sie entdecken konnten, schickte er seine zwei kleineren Galeeren aus. Sie sollten durch die Meerenge fahren, während er mit der
Santa Eulalia
die Vulkaninsel Isola del Toro ansteuerte. Ihre Größe entsprach der Isola della Vacca, doch sie war noch steiler und lag weiter südlich. Ihr hoher Berggipfel bot einen vollkommenen Ausblick auf den südlichen Teil der Inseln Sant’Antioco und Vacca und auf eine weite Meeresfläche. Wenn die berberischen Piraten bei der Isola della Vacca waren, wie der Admiral vermutete, würden sie nach Süden zur Isola del Toro fliehen, sobald sie von den zur Meerenge geschickten Galeeren gejagt wurden.
    Als sie zur Isola del Toro kamen, nahm man an diesem sonnigen Tag, dessen Himmel mit weißen Wolken getüpfelt war, die Küste Sardiniens nur als eine blaugraue Linie am Horizont wahr. Die Galeere ankerte an der Südseite der kleinen Insel und schickte die mit ein paar Männern besetzte Schaluppe los. Sie kletterten den spärlich bewachsenen Berg hinauf, aus dem die Insel bestand, und als sie den Gipfel erreicht hatten, warfen sie sich auf die Erde, damit man sie vom Norden aus nicht sehen konnte. Dann legten die Aufseher den muslimischen Galeerensklaven ein zusätzliches Fußeisen an. Nun waren sie an beiden Fußknöcheln und einem Arm mit dem Schiff verbunden.
    Hierauf wurden an die Ruderknechte ein weiterer Wasserschlauch und Zwieback verteilt, und anstelle der Kichererbsen- oder Bohnensuppe füllte man ihnen den Napf mit Wein, denn man wollte den Herd in der Kombüse nicht anzünden.
    »Da werden sie uns eine üble Plackerei beim Rudern zumuten!«, murmelte Jerònim von hinten, und mehrere Sträflinge bestätigten dies unzufrieden murrend.
    Bald würden sie in den Kampf eintreten, dachte Joan, während er gierig den Zwieback aß und seinen Wein trank. Der Kapitän kümmerte sich nicht um ihn. Ihn befiel tiefe Mutlosigkeit. Er hatte seine Chance verpasst. Carles blickte ihn wortlos an, und Joan erriet seine Gedanken – sie waren die gleichen wie seine.
    »Sie holen mich nicht«, sagte er so leise, dass ihn nur sein Gefährte hören konnte.
    »Mach dir keine Sorgen. Das tun sie schon noch«, tröstete ihn Carles. »Sie

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