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Am Horizont die Freiheit

Am Horizont die Freiheit

Titel: Am Horizont die Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorge Molist
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dürfen die Piraten nicht entkommen lassen, und du hast bewiesen, dass du sie mit einer Feldschlange treffen kannst. Allerdings sind sie ungeheuer überheblich und ertragen es nicht, dass ihnen ein Galeerensträfling beibringt, wie man die Dinge tun muss.«
    Er packte ihn an der Schulter und drückte sie in einer ermutigenden Geste. Von hinten pfiff jemand höhnisch, und man hörte Gelächter und Witze.
    Carles drehte sich um, warf den anderen einen kurzen herausfordernden Blick zu und fuhr sie an, sie sollten zum Teufel gehen. Die anderen lachten abermals. Doch die Zeit verging, und das Warten dehnte sich endlos. Verzweifelt legte Joan seine Arme auf die Knie und die Stirn auf die Arme.
    Kurz darauf erklang ein Pfiff, und man benachrichtigte sie vom Berggipfel aus, dass sich Schiffe näherten. Noch waren sie weit entfernt. Dann meldete man genauer: Zwei kleinere Schiffe, denen zwei größere folgten, ruderten heran. Keines hatte ein Segel aufgespannt. Vom Kampanjedeck waren freudige Ausrufe zu hören. Die Kriegslist hatte gewirkt: Alles deutete darauf hin, dass die Piraten direkt auf sie zukamen. Aber nichts rührte sich. Die Männer warteten gespannt und schienen die Luft anzuhalten.
    Als die Ausguckposten meldeten, dass die Schiffe noch ungefähr zwanzig Minuten entfernt waren, erteilte der Kapitän erste Befehle. Es begann eine fieberhafte Tätigkeit. Man lichtete die Anker, hielt aber das Schiff, das von den Rudern bewegt wurde, weiter versteckt. So veränderten die sich nähernden Schiffe zwar ihre Position gegenüber der Insel, doch die Galeere, die den Anweisungen der Ausguckposten folgte, hielt sich hinter dem Berg in Deckung. Dies machte behutsame und genaue Bewegungen erforderlich.
    »Der Kanonier soll kommen!«, hörte Joan jemanden vom Kampanjedeck aus rufen.
    Sein Herz machte einen Satz. Meinten sie ihn? Carles klopfte ihm auf die Schulter und zeigte lächelnd mit dem Finger auf ihn.
    Garau kam und nahm ihm die Ketten ab. Ein freiwilliger Ruderer nahm seinen Platz ein. Sobald Joan frei war, sprang er mit einem Satz auf den Mittelgang und lief zum Kampanjedeck. Er spürte, wie ihm die Beine zitterten.
    »Zu Ihren Diensten, Kapitän.«
    »Beweise, was du kannst.«
    Joan verlor keine Zeit. Er lief zum Bug, um die Feldschlangen vorzubereiten. Einen Teil der letzten Anweisungen musste er mit Gesten erteilen, denn der Kapitän hatte Schweigen befohlen. Aber das war kein Problem, weil alle ihre Aufgabe kannten.
    Auf einmal ertönte das Horn und befahl: »Volle Kraft voraus!« Die Galeere richtete sich nach dem Rhythmus der großen Trommel und schoss in vollem Tempo los. Einen Augenblick später, als sie die Deckung der Insel verließen, konnte Joan die Fusten sehen: Sie waren ziemlich nahe, direkt vor dem Bug. Und er erblickte auch die Galeeren der Flotte, die sie verfolgten. Er konnte sogar hören, dass man auf den Fusten eine Kursänderung befahl, und er sah, wie beide nach Westen wendeten, um der
Santa Eulalia
auszuweichen, die von Steuerbord auf sie zukam. Sie führten das Manöver sehr schnell aus, aber sie konnten es nicht vermeiden, dabei Zeit zu verlieren. Nun sah Joan ihr Heck. Allerdings vermochte die Mannschaft, die seit wenigstens einer Stunde mit voller Kraft voraus ruderte, auf bewundernswerte Weise den Abstand beizubehalten. Die Sarazenen bestätigten ihren Ruf, gute Ruderer zu sein. Innerhalb kurzer Zeit würden sie allmählich selbst der
Santa Eulalia
gegenüber größeren Abstand gewinnen. Trotzdem befanden sie sich noch in Schussweite der Feldschlangen.
    Joan merkte, dass ihm die Hände zitterten und er einen Kloß im Hals hatte, als er das erste Geschütz ausrichtete. Nachdem er die Bewegung der Galeere abgeschätzt hatte, hielt er die brennende Lunte an die obere Öffnung der Feldschlange. Kurz darauf war das Krachen zu hören, und der vertraute Pulverdampf stieg ihm in die Nase. Er liebte diesen Geruch und auch das Brüllen der Kanone. Diese gewohnten Empfindungen gaben ihm seine Selbstsicherheit zurück. Er war ein großartiger Artillerist, und das musste er nur noch beweisen.
    Das Geschoss stürzte auf der Steuerbordseite ins Wasser, ziemlich weit vom Schiff entfernt. Aber wenigstens die Höhe hatte gestimmt. Joan versuchte es noch einmal mit der zweiten Feldschlange, und dieser Schuss landete nach Backbord im Wasser. Die Seeleute, die ihm halfen, begannen zu murren. Joan musste warten, dass man das erste Geschütz mit Wasser aus Eimern abkühlte. Als er die Hand auf das Metall legen

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