Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Am Horizont die Freiheit

Am Horizont die Freiheit

Titel: Am Horizont die Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorge Molist
Vom Netzwerk:
ihr in östlicher Richtung entlangfahren sollten, während es die
Santa Eulalia
in westlicher Richtung tat. Auf einmal hörte man die Rufe des Ausguckpostens. Eine sarazenische Fuste, die sich hinter den Felsen versteckt hatte, floh eilig rudernd hinaus, während sie den Mast ihres einzigen Segels aufrichtete, den sie umgelegt hatte, um sich nicht zu verraten. Die Offiziere riefen ihre Befehle, und beim Hornsignal standen die Galeerensträflinge von ihren Bänken auf, um die Ruder mit voller Kraft voraus zu schwingen.
    »Wir holen sie nicht ein«, murmelte hinter ihm Jerònim zwischen den Zähnen. »Sie sind schneller.«
    Immer, wenn Joan aufstand, um das Ruder ins Wasser zu tauchen, und sich umsah, konnte er tatsächlich sehen, dass die Muslime zunächst den Abstand beibehielten und ihn dann langsam vergrößerten. Der Junge fragte sich erstaunt, warum die Galeere nicht ihre Artillerie einsetzte.
    Als er erkannte, dass sie die Fuste nicht einholen würden, beobachtete er den Mittelgang, und als er zwei Offiziere entdeckte, die zum Bug liefen, rief er: »Ich kann diese Fuste mit einer Feldschlange treffen!«
    Er sah, wie die Offiziere stehen blieben und ihn überrascht anstarrten. Doch sie liefen weiter, als ihm Garau einen Peitschenhieb verabreichte, der ihm quer auf den Rücken knallte. Zugleich befahl er, er solle rudern und den Mund halten.
    Trotzdem schwieg Joan nicht. Nach einer Weile rief er abermals, als der Kapitän Pau de Perelló selbst Richtung Bug an ihm vorbeilief.
    »Joan Serra: fünf Peitschenhiebe!«, brüllte Garau.
    Kurz darauf befahl der Kapitän, die Verfolgung einzustellen. Die Ruderer ließen sich keuchend und schweißbedeckt auf ihre Sitze fallen und griffen begierig nach ihrem Wasserschlauch. Ein Gefühl der Niederlage schien sich der Mannschaft und sogar der christlichen Galeerensträflinge bemächtigt zu haben.
    Als die Schiffe für die Nacht vor Anker gegangen waren und das Feuer in der Kombüse brannte, damit das Essen der Offiziere kochen konnte, kam die Zeit der Strafen. Garau und ein anderer Aufseher lösten Joans Ketten, zogen ihm das Hemd aus und ließen ihn auf den Mittelgang hochsteigen. Zwei Männer waren zu drei Peitschenhieben verurteilt, weil sie zu langsam gerudert hatten, und Joan sollte fünf wegen Ungehorsams erhalten. Alle an Bord – Offiziere, Matrosen, Soldaten und Ruderknechte – mussten der Bestrafung zusehen. Als der Kommandopfiff ertönte, musste das Rudervolk aufstehen. Sie hätten sonst nichts sehen können, weil sie beim Rudern auf den Bänken unterhalb des Mittelgangs saßen. Man band die Verurteilten der Reihe nach an den Mast. Der Rudermeister verlas das Urteil, und ein Aufseher vollzog die Strafe.
    Diese Peitschenhiebe waren ganz anders als die in Barcelona. Joan glaubte, dass sie ihm das Fleisch herunterreißen würden. Der Schmerz ließ ihn aufschreien und einmal sogar den Halt verlieren, so dass er in seinen Fesseln am Mast hing.
    »Aber bist du verrückt?«, tadelte ihn Carles, als Joan wieder auf der Bank saß und er ihm die Wunden mit einer Salbe bestrich. »Wenn dir der Aufseher etwas befiehlt, tust du es. Wie kannst du es außerdem wagen, den Kapitän persönlich anzusprechen?«
    Joan sagte nichts, doch er stöhnte, als ihm der Junge die nächste blutige Strieme, die seinen Rücken bedeckte, mit Salbe bestrich. Das würde eine sehr lange Nacht werden.

66
    A m Abend aß Joan seine Bohnensuppe, als Garau und ein zweiter Aufseher auftauchten und ihm die Ketten abnahmen. Sie befahlen ihm, dass er sich trotz der von der Peitsche hinterlassenen Wunden das Hemd anzog und ihnen auf dem Mittelgang zum Kampanjedeck folgte. Dieses war nicht sehr groß, doch es nahm das Heckende der Galeere ein und war der bequemste Platz des Schiffs, wie ihm Carles schon erzählt hatte. Es lag höher als der übrige Schiffsbau, war überdacht und an den zum Meer gehenden Seiten geschlossen, allerdings zum Mittelgang und Bug hin offen. Von dort aus wurde das Steuerruder bedient, und dort lebten die Offiziere. Der Admiral hatte eine eigene Kajüte unter Deck, aber sie war klein, und in milden Nächten schlief er ebenfalls auf dem Deck.
    Man hatte einen Tisch hergerichtet und das Geschirr des Abendessens bereits abgeräumt. Der Kapitän, der Steuermann, der Rudermeister und der die Truppe des Fußvolks befehligende Offizier saßen um den Tisch und plauderten. Admiral Vilamarí hörte auf einer etwas entfernter stehenden Bank dem Gespräch zu. Ein Musiker spielte auf einer

Weitere Kostenlose Bücher