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Am Horizont die Freiheit

Am Horizont die Freiheit

Titel: Am Horizont die Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorge Molist
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Muslime wurden in Ketten gelegt. Sie ruderten auf ihrer eigenen Fuste unter dem Kommando des Steuermanns Genís und wurden von einem großen Teil der Truppe bewacht. Alle außer den muslimischen Galeerensklaven feierten den Sieg, und die Sträflinge bewirtete man mit einem zusätzlichen Bohnengericht, Wasser und einem Napf Wein.
    Niemand bedankte sich bei Joan. Zwei Aufseher brachten ihn wieder zu seiner Bank, wo man ihm die Ketten anlegte. Jerònim und sein Gefährte Sanç klopften ihm auf die Schulter, diesmal wohlwollend: »Gute Arbeit, Kanonier!«

68
    S ie nahmen Kurs auf Toro, weil sie sich mit den anderen Schiffen vereinen wollten. Nach einer mehrstündigen ruhigen Fahrt trafen sie mit ihnen zusammen. Man hatte die andere Fuste überwältigt, ohne dass ein Christ ums Leben gekommen war, und alle waren höchst zufrieden.
    Der Wind war günstig, und sie fuhren nur mit dem aufgespannten Segel, damit sich die Sträflinge erholen konnten. Nachdem sie die Ausguckposten in Toro abgeholt hatten, segelten sie nach Cagliari, der Hauptstadt Südsardiniens. Die Stadt empfing sie mit Salutschüssen, Hörnern und Trompeten. Als die Einwohner erfuhren, dass man die Piraten gefangen genommen hatte, bekundeten sie laut ihre Freude, denn die Piratenangriffe hatten die Stadt zermürbt. Sie blieben nur zwei Tage, um Wasser, Proviant und Pulver aufzufüllen. Außerdem verkauften sie eine Fuste und mehrere Sklaven. Dann fuhr die Flotte weiter nach Alghero.
    Dort erwartete Joan ein Brief. Sein Herz klopfte schneller, als der Aufseher seinen Namen rief und den Brief zu der Bank brachte, wo er angekettet war. Er machte sich Sorgen, dass es sich um schlechte Nachrichten handeln könnte. Die Arbeit eines Gießers war gefährlich, und er betete, dass es Gabriel gutging.
    Es kam sehr selten vor, dass ein Galeerensträfling einen Brief erhielt. Beinahe keiner von ihnen konnte lesen, und alle waren sehr interessiert an diesem Ereignis.
    »Wir wollen wissen, was darin steht!«, sagte einer.
    »Lies ihn laut vor!«, verlangte Jerònim.
    »Ich will auch einen Brief!«, brüllte ein Dritter.
    »Lasst ihn in Ruhe!«, verteidigte ihn Carles. »Womöglich sind es schlechte Neuigkeiten.«
    Joan wollte den Brief allein lesen. Er steckte ihn in seinen Beutel, weil er abwarten wollte, dass sich die Aufmerksamkeit der Ruderknechte etwas anderem zuwandte.
    Endlich konnte er das Siegel auf dem roten Lack prüfen. Es war das Bartomeus. Er öffnete den Brief und sah, dass drinnen ein weiterer, nicht versiegelter, aber sorgfältig zugeklebter Brief verwahrt war. Das Herz schlug ihm zum Zerspringen, als er Annas Schrift erkannte.
    Zuerst las er den Brief Bartomeus. Der Kaufmann kündigte Annas Brief an und teilte ihm danach mit, dass seine Frau an der Pest gestorben war. Doch Joans Bruder Gabriel, Abdalá und die übrigen Bekannten waren bei guter Gesundheit und ließen ihm ihre besten Wünsche ausrichten. Sie sprachen ihm Mut zu, damit er seine Strafe gut überstand. Er setzte hinzu, er hoffe, dass der Aufseher Garau sein Versprechen halte, mit dem Geld, das man ihm vor der Abfahrt aus Barcelona bezahlt habe, Joan wenigstens viermal in der Woche eine zusätzliche Ration Fleisch zu geben.
    Joan hatte nichts bekommen, und das überraschte ihn nicht. Er wusste, dass Garau ein niederträchtiger Kerl war. Doch die Sache mit dem Essen machte ihm in diesem Augenblick die geringsten Sorgen. Seine Aufmerksamkeit und Hoffnung richteten sich vollständig auf den kleinen Brief, den er in der Hand hielt, ohne es zu wagen, ihn zu öffnen. In dem letzten Schreiben, das Joan vor seiner Abfahrt aus Barcelona an Anna geschickt hatte, hatte er seine Verurteilung zur öffentlichen Schmach und zu den Galeeren nicht erwähnt. Er rechnete nach, wie viel Zeit seitdem vergangen war, und stellte fest, dass die Antwort unmöglich schon eingetroffen sein konnte. Nein, Anna hatte diesen Brief abgeschickt, bevor sie seinen letzten erhalten hatte. Vielleicht hatte sie von seiner Verurteilung erfahren.
    Er spürte, wie sich ihm die Brust vor Angst zusammenschnürte. Er riss den Umschlag auf.
    Lieber Joan! Ihr wisst, dass mein Herz und all meine Gedanken Euch und der Liebe gelten, die Ihr in mir geweckt habt und die ich erwidere.
    Joan seufzte erleichtert auf.
    Aber das Unglück überwältigt mich, weil mein Vater die Hochzeit mit einem vermögenden Witwer vereinbart hat. Ich habe alles Mögliche getan, um andere Bewerber und auch diesen abzuweisen. Doch meine Eltern erklären, dass sie

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