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Am Horizont die Freiheit

Am Horizont die Freiheit

Titel: Am Horizont die Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorge Molist
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Nachdem dieser einige Augenblicke fassungslos dagestanden hatte, ging er mit finsterem Blick auf Joan zu.
    »Du wagst es, mir mein Vorrecht bei der Beute zu bestreiten?«, sagte er drohend.
    »Ich bestreite Euer Recht nicht«, widersprach Joan. »Ich sage nur, dass mein Recht auf diese Frau größer als Eures ist.«
    »Dein Recht?« Torrent lachte laut. »Aber von welchem Recht redest du, Junge? Was für ein Recht hast du?«
    »Das Recht der Liebe!«, antwortete Joan erregt. »Ich liebe sie, und sie erwidert meine Liebe.«
    Es trat erwartungsvolles Schweigen ein, während sich Torrent überrascht mit Joans Worten beschäftigte.
    »Vielleicht glaubst du, ein solches Recht zu haben«, sagte er schließlich. »Aber ich erkenne es nicht an, und diese Frau wird mir gehören, wenn du sie nicht mit dem Degen gewinnst.«
    Joan dachte kurz nach. Er hielt sich für einen guten Fechter, aber Torrent war ein überragender Kämpfer. Tatsächlich hatte er ihn ja auf Verlangen Vilamarís im Degenfechten unterrichtet. Gewiss würde ihn der Offizier besiegen und vielleicht im Kampf töten, weil Joan es gewagt hatte, seine maßlose Eitelkeit öffentlich herauszufordern. Doch er wusste, dass er keine andere Möglichkeit hatte. Als Antwort zog er den Degen, der noch mit dem Blut von Annas Ehemann bespritzt war. Herausfordernd blickte er in Torrents harte blaue Augen. Der Offizier legte die Hand an den Griff seiner Waffe und reagierte mit einem wilden Blick, der von einem überlegenen Lächeln begleitet wurde.
    »Steck deinen Degen ein, Junge.« Das war Vilamarís Stimme. »Meine Offiziere schlagen sich nicht in der Öffentlichkeit. Und ich will keinen weiteren Streit. Die Beute wird erst verteilt, wenn wir in den Hafen kommen und ich entschieden habe.«
    Erleichtert gehorchte Joan.
     
     
    »Torrent wird dich umbringen«, sagte Genís auf der Rückfahrt zu ihm. »Er lässt nicht zu, dass ihm jemand die Frau wegnimmt, die er haben will. Und noch weniger, dass ihn ein junger Bursche wie du herausfordert.«
    Joan zuckte die Achseln. Solange er am Leben war, würde Anna nicht Torrent gehören. Wenn ihn der Offizier tötete, wäre dies wenigstens ein würdiger Tod und könnte ihn etwas von der erbärmlichen Tat entlasten, die er begangen hatte, als er den Ehemann seiner Liebsten ermordete hatte.
    »Er wird sich nur ein paar Tage an ihr erfreuen. Danach verlangt er ein Lösegeld von der Familie oder verkauft sie als Sklavin«, setzte der Kapitän hinzu.
    Legte ihm Genís etwa nahe, dass er nachgeben und Anna dem Besitz Torrents überlassen sollte? Allein daran zu denken empörte ihn.
    »Dann muss er mich umbringen«, entgegnete er scharf.
     
     
    »Überlege dir deine Haltung noch einmal«, sagte Admiral Vilamarí später zu ihm. »Unter allen Umständen ziehst du den Kürzeren. Selbst in dem unwahrscheinlichen Fall, dass du Torrent besiegst, würdest du lediglich verhindern, dass er dieses Mädchen anfasst. Wenn ihre Familie nicht bezahlen kann, wird sie als Sklavin verkauft, und ihr Herr kann mit ihr tun, was er will. Du hast kein Recht auf Beute oder Besitz. Sie ist eine sehr schöne Frau, und man wird sie teuer verkaufen. Du kannst sie nicht erwerben. Und wenn du Torrent weiter herausforderst und ihr euch schlagt, werde ich das als eine Missachtung der Obrigkeit ansehen, die auf meinen Schiffen unzulässig ist. Nicht nur, dass er ein hochrangiger Offizier ist, sondern du bist auch nicht einmal Matrose oder Soldat. Du bist ein Galeerensträfling, dem ich eine Vorzugsbehandlung gebe. Ich muss dich dann exemplarisch bestrafen.«
    »Torrent wird meine Liebste nicht anrühren, solange ich lebe«, widersprach Joan.
     
     
    Was man auf der Karavelle erbeutet hatte, war kein außergewöhnlicher Schatz, aber durchaus ein Vermögen, das Vilamarí für seine Mühen, die vier Toten und das Dutzend Verletzter entschädigte. Sorgfältig berechnete er die Anteile der Beute, die König Ferrandino zukamen, von dem er weiterhin Geld für den Dienst seiner Galeeren erhielt, wobei er einen kleinen Teil für den spanischen König Ferdinand, seinen natürlichen Herrn, abzog. Mit diesen Zahlungen könnte er erreichen, dass dieser seine Aktionen gutheißen würde.
    Joan konnte zwei Tage und Nächte ausruhen. Er war sicher, dass niemand Anna vor dem Duell belästigen würde. Mehrmals versuchte er, sie im Lagerraum der Karavelle zu sehen, wo sie eingesperrt war, doch die Wachleute hinderten ihn daran. Sie hatten Anweisungen, dass niemand, nicht einmal die

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