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Am Horizont die Freiheit

Am Horizont die Freiheit

Titel: Am Horizont die Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorge Molist
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würden seine Galeeren große Schäden erleiden. Vielleicht würde er sogar ein Schiff verlieren. Sein Jagdinstinkt setzte sich jedoch über die Vorsicht hinweg. Er wollte nicht auf seine Beute verzichten. Er hatte Blut gerochen.
    Der Admiral gab den Befehl, volle Kraft voraus zu rudern, während er seine Anweisungen an die übrigen Schiffe weitergab. Beim Hornsignal richteten sich die Galeerensträflinge auf, um die Ruder gleichzeitig ins Meerwasser zu stoßen und den Wettlauf zu beginnen.
    Als die
Santa Eulalia
den für die Artillerie geeigneten Abstand erreicht hatte, befahl Vilamarí, zum normalen Rudertempo überzugehen. Die französischen Galeeren waren schon deutlich zu erkennen.
    Joan hatte einen konkreten Befehl: Er sollte das Steuerruder der Karavelle zerstören. Er litt bei jedem Schuss und versuchte, ganz genau zu treffen. Anna befand sich ja auf diesem Schiff, und er betete, dass ihr nichts zustieße. Er musste ein paar Salven abfeuern, bis er traf. Aber schließlich zersplitterte das Steuerruder und ließ das Schiff hilflos im Südsüdostwind treiben, ohne dass es manövrieren konnte, um dem Entern zu entgehen.
    Den ersten Angriff übernahm die Galeere, die von Pau de Perelló, dem früheren Kapitän der
Santa Eulalia
, befehligt wurde. Er erstürmte die Karavelle über das Heck, nachdem er seine Geschütze abgefeuert hatte. Er konnte das Schiff mit seinen Haken festhalten, und vom Feuer der Musketen und Pfeile unterstützt, versuchten die Marineinfanteristen zu entern. Doch die Bordwand war an dieser Stelle sehr hoch. Die Anjou-Anhänger warfen Granaten, und die Lage wurde für die Angreifer kritisch. Damit hatte Vilamarí gerechnet. Während der Feind am Achterdeck beschäftigt war, ließ er die
Santa Eulalia
mit voller Kraft voraus einen weiten Halbkreis zur Backbordseite der Karavelle fahren. Das war ihre niedrigste Stelle an der Bordwand. Einige Augenblicke vor dem Zusammenstoß befahl Joan, die Geschütze abzufeuern, und auf dem feindlichen Schiff wirbelte eine Wolke aus Rauch, Splittern und Staub empor. Unverzüglich stieß der Rammsporn an das Spantenwerk der Karavelle, und die Fußsoldaten, die von Arkebusenkugeln und Pfeilen geschützt wurden, schleuderten ihre Enterhaken. Das feindliche Schiff leistete keinen Widerstand, und als die Fußsoldaten das Deck betraten, flohen die Verteidiger auf das Vorder- und das Achterdeck. In einem einzigen Augenblick kletterten die unter Pere Torrents Befehl stehenden achtzig Männer auf die Karavelle. Nun wurde Mann gegen Mann gekämpft.
    Joan gehörte zu den Ersten, die hinaufkletterten. Er kommandierte die Artillerie und musste nicht am Sturm teilnehmen. Doch er sagte sich, sobald diese Menschenmasse zum Entern vorrückte und aus vollem Hals schrie, könnte ihn niemand daran hindern, sich den Männern anzuschließen. In der Hand schwenkte er eine Azcona, die er mit aller Kraft einem gegnerischen Seemann in den Leib rammte. Der Unglückliche stürzte schreiend zu Boden und hielt den Schaft der Waffe fest, die ihm die Brust durchbohrte. Die Frauen waren unter Deck versteckt, doch trotzdem suchte er nicht nach Anna, sondern nach ihrem Ehemann. Er sah, dass dieser zusammen mit mehreren anderen das Vorderkastell verteidigte. Joan lief mit den Fußsoldaten und stürmte auf ihn los. Er wollte ihn treffen, bevor er sich ergab. Er freute sich, dass ihn der Mann mit gezogenem Degen in anmaßender Haltung erwartete.
    »Riccardo Lucca!«, rief er ihm zu.
    »Schon wieder du?«, stieß dieser hervor und fragte sich, welche Rolle dieser Angreifer bei alldem spielte.
    »Anna und ich, wir lieben uns!«, stieß Joan hervor, als er schon in der Reichweite seines Degens war.
    Joan konnte sehen, wie Luccas Gesicht die Überraschung und den Schmerz der plötzlichen Entdeckung von etwas wiedergab, was ihn peinigte: Anna war ihm untreu gewesen. Joan setzte etwas Offensichtliches hinzu: »Gestern Nacht war ich bei ihr.«
    Joan hatte es kaum ausgesprochen, da empfand er auf einmal Mitleid mit diesem Mann, dem nichts anderes mehr übrigblieb, als zu sterben oder zu töten. Ihm wurde klar, dass er um jeden Preis den Tod des anderen wollte und dass dies der Grund war, warum er ihm voller Grausamkeit die schmerzlichste Beleidigung an den Kopf geworfen hatte. Während sich der Mann mit wütendem Gebrüll auf ihn stürzte, sah er überrascht, wie sich die anmaßend blickenden Augen seines Widersachers mit Tränen füllten.
    Riccardo Luccas feuchte Augen nahmen den Eindringling kaum wahr,

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