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Am Horizont die Freiheit

Am Horizont die Freiheit

Titel: Am Horizont die Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorge Molist
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verkauften. Für die lateinischen Texte erwies sich seine Grammatik
Introductiones latinae
als sehr nützlich. Und für die, die auf Kastilisch schrieben, wurde die 1492 veröffentlichte Grammatik Nebrijas – die erste, die in Europa in einer »Volkssprache« verfasst wurde – unentbehrlich, denn Königin Isabella förderte sie persönlich. Was die Ritterbücher anging, so erhielt er von Bartomeu mehrere Exemplare der beiden ersten Bücher des
Amadis von Gallien
, die Garci Rodríguez zusammengestellt hatte und die ein Jahr zuvor in Zaragoza gedruckt worden waren. Er verkaufte sie auf der Stelle.
    Mit seinem Freund Miquel Corella schrieb er sich regelmäßig. Der Papst war mit seinem Hofstaat nach Rom zurückgekehrt, und der Valencianer bestätigte, dass es große Möglichkeiten für den Verkauf spanischer Bücher gebe. Darum schickte Joan eine weitere Bestellung an Bartomeu, und mit den Büchern, die er schon hatte, bereitete er seine Romreise vor.
     
     
    Obwohl Anna auf Distanz achtete, konnte sie es nicht vermeiden, die Buchhandlung zu besuchen. Sie war eine große Leserin. Eines Tages, als Joan in der Druckerei mit einem von ihm selbst angefertigten Holzschnitt experimentierte, schaute Antonello in die Werkstatt.
    »Verliebter Roland«, sagte er, ironisch wie immer. »Vielleicht interessiert es dich, dass deine Angelica im Laden steht und in meinen Büchern stöbert.«
    »Hat sie nach mir gefragt?«, erkundigte sich Joan begierig.
    »Nein, das hat sie nicht«, antwortete der Buchhändler belustigt. »Wohl aber nach den letzten Neuheiten.«
    Joans Hände waren mit Druckfarbe beschmiert, und er lief los, um sie so gut wie möglich zu waschen. Er konnte die Farbe unmöglich von den Fingernägeln entfernen. Darum zog er seine beste Straßenkleidung an und streifte Handschuhe über, obwohl es ungewöhnlich war, sie während des Sommers in den Häusern zu tragen. In diesem sonderbaren Aufzug stürzte er ungeduldig zum Laden, um seine Liebste zu finden.
    Er sah, dass sie in einem Buch blätterte. Sie trug strenge Trauer, war aber so schön wie immer. Sie war allein, denn als Witwe musste sie sich nicht mit einer lästigen Anstandsdame abfinden. Als sie ihn erblickte, begrüßte sie ihn herzlich, wie sie es mit einem alten Freund getan hätte, doch sie wies jeden Versuch einer körperlichen Annäherung ab. Joan drängte, sie sollten wie früher in Antonellos Arbeitszimmer gehen. Aber sie unterbrach ihn schroff.
    »Ich habe Euch gesagt, dass ich meine Trauerzeit einhalten werde«, tadelte sie ihn. »Wartet, bis die drei Monate vorbei sind.«
    »Aber …«
    »Es tut mir leid«, sagte sie und milderte ihre Worte mit einem Lächeln, das ihr über die Grübchen des Gesichts huschte. »Das haben wir vereinbart.«
    »Haben wir es vereinbart?«, fragte sich Joan.
    Sie hielt seinem Lächeln stand und bejahte mit einem Kopfnicken. Schließlich wählte Anna ihr Buch aus, bezahlte es und verabschiedete sich, wobei sie wie zuvor bei der Begrüßung auf Abstand achtete. Dann bedeckte sie sich den Mund mit der schwarzen Mantille, und mit anmutigen Schritten verließ sie den Laden.
    Antonello beobachtete lächelnd Joan, der Anna von der Türschwelle aus nachsah.
    »Du hast dich vielleicht von der Galeere befreit«, sagte er lachend. »Aber nicht von einem Kapitän, der dir befiehlt.«
    Joan sagte sich, dass es stimmte. Anna war eine charakterstarke Frau. Ihm gefiel das.
     
     
    Da an der Grenze zum Kirchenstaat Ruhe herrschte, konnte Joan seine ersehnte Reise nach Rom antreten. Er entschied sich für den Landweg, denn Gaeta, das auf halbem Wege am Meer lag, blieb weiter in französischer Hand. Er mietete einen Fuhrmann und einen Wagen, belud diesen mit seinen Büchern und schloss sich einer Reisegesellschaft an, die in die vom neapolitanischen Heer beschützte Ewige Stadt wollte. Nachdem er sich im Gasthaus eingerichtet hatte, ging er zu Miquel Corella, der sich über seinen Besuch freute.
    »Deine Artilleriekenntnisse könnten Seiner Heiligkeit von Nutzen sein«, sagte er, als er erfuhr, dass er nicht mehr unter Vilamarí arbeitete. »Ich kann dir einen Dienst vermitteln, der besser als deine Buchgeschäfte bezahlt wird.«
    »Vielen Dank, Don Miquel«, antwortete Joan. »Aber ich glaube, dass ich Seiner Heiligkeit und den Spaniern in Rom besser mit Literatur als mit Waffen dienen werde.«
    Miquel zuckte die Achseln und drängte nicht weiter. Joan hatte Angst, dass er sich gekränkt fühlte, doch der Valencianer stellte ihm

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