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Am Horizont die Freiheit

Am Horizont die Freiheit

Titel: Am Horizont die Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorge Molist
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sprachlos dastand. Er hatte keine Veränderung an ihr bemerkt. Sie waren in Antonellos Arbeitszimmer allein. Als er den Raum betreten hatte, sah er beunruhigt, dass Anna eine ernste Miene machte. Sie hielt ihn wie gewöhnlich auf Abstand.
    »Seit wann?«, fragte er, als er reagieren konnte.
    »Die Regel ist zweimal ausgeblieben.«
    »Dann ist es mein Kind!«, rief Joan freudig.
    »Das glaube ich nicht«, widersprach sie und blickte ihm in die Augen. »Wenn es zwei Perioden sind, ist es von Riccardo.«
    »Riccardo?«
    »Ja, Riccardo«, bestätigte sie streng. »Erinnert Ihr Euch? Er war mein Mann.«
    »Natürlich erinnere ich mich«, erklärte er ärgerlich. »Aber Ihr habt mir gesagt, dass Ihr mich liebt.«
    Sie schüttelte ungläubig den Kopf.
    »Was hat das damit zu tun?«, sagte sie. »Er war mein Ehemann, und ich habe ihm nie meinen Körper verweigert. Das war sein Recht.«
    Joan schwieg. Warum hatte er sich nur dieser albernen Illusion hingegeben? Vielleicht hatte er geglaubt, sie hätte ihren Ehemann seit der ersten gemeinsamen Nacht der Zärtlichkeiten zurückgewiesen. So war es anscheinend nicht gewesen. Er war tief enttäuscht. Er stellte sich Anna vor, wie sie Riccardo liebte, und ihn überwältigte eine rasende Wut. Er betrachtete Annas Bauch. Es war noch nichts zu bemerken, aber dort wuchs der Samen, den sein Nebenbuhler in ihr hinterlassen hatte. Er würde sich zu einem lebendigen Wesen entwickeln, das ihn immer an sein Verbrechen und an Riccardos letzten Sieg erinnern würde.
    »Das verstehe ich«, meinte Anna, als sie Joans verstörte Miene sah. »Damit habt Ihr nicht gerechnet, als Ihr gebeten habt, mir den Hof zu machen. Macht Euch keine Sorgen. Ihr seid frei. Ich werde meinen Eltern sagen, dass Ihr es Euch anders überlegt habt.«
    Joan hörte ihr nicht zu. Vor seinen Augen tauchte Riccardos Blick auf, als er ihm den Degen in den Hals stieß. Ein Wirbel unterschiedlicher Gefühle überwältigte ihn. Sie bestanden aus Hass und Wut, aus Eifersucht auf einen Toten und zugleich Gewissensbissen wegen seines Verbrechens und seiner Lüge. Wegen einer Lüge, die ihn peinigte. Er konnte es nicht länger aushalten.
    »Ich habe ihn getötet«, sagte er schließlich und zog die Worte in die Länge.
    »Was?«
    »Beim Angriff auf die Karavelle sind wir aufeinandergestoßen. Wir haben gekämpft, und ich habe ihn getötet«, bestätigte Joan.
    »Aber Ihr habt mir gesagt, dass Ihr es nicht gewesen seid!«
    »Ich habe gelogen. Aus Angst, Euch zu verlieren.«
    Sie blickten sich schweigend an. Annas Gesicht zeigte einen schmerzlichen Ausdruck, und ihre Augen füllten sich mit Tränen. Ein Abgrund riss vor ihren Füßen auf. Damit bestätigte sich ein Verdacht, der sie gequält und ihr bis zur Erschöpfung den Schlaf geraubt hatte, während sie zu Gott betete, dass es nicht stimmte. Joan hatte Riccardo getötet, und das hatte er ihretwegen, durch ihre Schuld getan. Wenn sie sich trotz der Liebe, die sie für Joan empfand, von ihm entfernt gehalten und als ehrbare Gattin ihre Pflicht geleistet hätte, so hätte Joan nicht geglaubt, Rechte auf sie zu haben, und Riccardo wäre noch am Leben. Zum Verrat an ihrem Ehemann musste sie nun die Schuld an seinem Tod hinzurechnen. Es war beinahe sicher, dass das Kind, das sie erwartete, von Riccardo stammte. Darüber freute sie sich. Sie hätte es nicht ertragen, die Folge eines Verrats unter dem Herzen zu tragen.
    »Mein Gott!«, schluchzte sie endlich. Sie drehte sich um und lief zur Tür.
    »Wartet bitte.« Joan wollte sie zurückhalten, doch sie machte sich wütend von ihm frei.
    »Lasst mich! Ich habe es geahnt! Ich habe so viel gebetet, dass es nicht stimmt!«
    »Aber Ihr liebt mich!«, rief er. Er versuchte, sie zurückzuhalten.
    »Jetzt nicht mehr!« Sie riss sich abermals von Joan los, und bevor sie hastig hinausrannte, blickte sie ihm fest in die Augen und setzte hinzu: »Versteht Ihr nicht, dass wir verdammt sind? Ich will Euch nicht wiedersehen!«
    Joan blieb allein in dem Arbeitszimmer, das Zeuge ihrer heimlichen Liebesstunden gewesen war. Er konnte gar nicht glauben, was soeben geschehen war. Wie konnte alles so schlimm enden? Einige Minuten zuvor hatte er sich auf ein glückliches Treffen mit seiner Liebsten gefreut, bei dem sie von ihrer Zukunft als Buchhändler reden würden. Nun waren all seine Träume gescheitert, und ihm blieb nur, als Beweis für seinen Misserfolg, ein Ring in der Hand zurück.
     
     
    Die nächsten Tage waren schlimm. Joan versuchte, mit Anna

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