Am Horizont die Freiheit
und sie würde es bald sein. Anna trug Trauer und hielt alle Vorschriften ein, die die Gesellschaft einer gerade verwitweten Frau auferlegte. Doch wenn sie ihn an einem Straßenende erblickte, während sie gerade den Ladentisch ihres Vaters aufräumte, lächelte sie ihm zu und wandte dann die Augen ab. Dieses Lächeln genügte Joan, um glücklich zu sein. Der große Unterschied zu seinen verstohlenen Blicken in Barcelona oder bei seiner Ankunft in Neapel bestand darin, dass er nun die begründete Hoffnung hatte, sie zu seiner Frau zu machen.
Voller Elan kümmerte er sich dann um die Zukunft, die er für beide plante. Er wollte Buchhändler werden, und unter dem freundlichen Schutz Antonellos suchte er nach neuen Möglichkeiten außerhalb der Werkstätten, in denen Bücher gedruckt und eingebunden wurden.
Aus Barcelona trafen Neuigkeiten ein, zusammen mit einer Ladung Bücher, die Bartomeu geschickt hatte. Dafür hatte Joan das ihm verbleibende Kapital angelegt und außerdem Darlehen von Antonello und dem Kaufmann selbst bekommen. Dabei waren weitere Exemplare von
Tirant lo Blanc
und eine Auswahl von Büchern, die nicht nur aus Druckereien in Valencia und Katalonien, sondern auch aus Zaragoza, Sevilla und Salamanca kamen. Es handelte sich um eine erste Lieferung, denn die Liste war lang, und der Kaufmann musste selbst einen Teil des Auftrags bei anderen bestellen.
Alle bekundeten ihre Freude über seine Freilassung und beglückwünschten ihn. Bartomeu, der seit einigen Monaten verwitwet war, gehörte weiterhin der Stadtregierung an. Er gab ihm geschäftliche Ratschläge und empfahl ihm Bücher für Italien. Abdalás Schrift sah weniger kraftvoll aus als früher, doch sie war immer noch harmonisch und kultiviert. Er teilte ihm mit, dass er ihn stets in seine Gebete einschließe. Er lobe jeden Tag den Herrgott für die Gnade, dass er trotz seines Alters noch gut lesen könne. Sogar die Mönche hatten ihm geschrieben. Die Streitigkeiten mit dem Prior gingen an diesem angeblich friedlichen Ort, der das Santa-Anna-Kloster war, weiter.
Sein Bruder Gabriel teilte ihm mit, dass er Ágata, der jüngeren Tochter Elois, mit dem Einverständnis ihres Vaters den Hof mache. Joan hatte ihm geschrieben, was Vilamarí gesagt und welche Schritte er bei dem genuesischen Buchhändler unternommen hatte. Gabriel bat ihn, sobald er etwas über ihre Mutter und Schwester erfahre, solle er ihn unverzüglich informieren, damit er bei seiner Suche helfen könne. Er schickte ihm etwas, das Joan tief rührte: die Azcona ihres Vaters und die übrig gebliebenen Korallen.
Joan drückte Ramóns Waffe fest an sich, während ihm Tränen in die Augen traten. Joan wusste, dass ein Mann nicht frei war, wenn seine Familie es nicht war. Er trug die Verantwortung.
Er fragte Antonello nach seinem genuesischen Kollegen. Es gab nichts Neues. Joan entschied, dass er nicht warten durfte und nach Genua fahren musste. Vielleicht reichten die Korallen, um seine Reise zu bezahlen. Davon brachte ihn der Buchhändler ab. Er sagte, sein Freund sei äußerst gewissenhaft, und er vertraue ihm. Er könne nicht ohne Geld fahren und solle nichts überstürzen. Wenn er nach beinahe elf Jahren noch ein paar Monate warte, werde das die Lage nicht ändern.
»Warten«, schrieb er bekümmert in sein Buch. »Wieder warten. Aber jetzt ist es anders. Ich habe Kraft. Mir fehlt nur das Geld.«
Joan nutzte seine Erfahrung als Schreiber auf der
Santa Eulalia
und bot den spanischen Schiffen in Neapel die leeren Bücher an, die sie für ihre Bordtagebücher brauchten. Außerdem Tinte, Federn, Pergament und Briefpapier sowie alles mögliche andere Büromaterial. Er behandelte die Schreiber wie Kollegen, belohnte sie mit kleinen Geschenken und sicherte sich bald die Belieferung der Flotten. Die spanischen Schiffe in Neapel kamen nicht mehr allein aus den Königreichen der Krone von Aragonien, sondern auch aus dem übrigen Spanien, vor allem aus dem Baskenland und Andalusien. Joan sprach gut Kastilisch. Er hatte es bei Abdalá gelernt und mit den Seeleuten in den Schänken praktiziert. Das brachte ihm einen Vorteil, als es darum ging, sich das Geschäft mit den Schiffen aus Kastilien zu sichern.
Beim Schreibmaterial arbeitete er im Auftrag Antonellos, doch die geschriebenen oder gedruckten Bücher waren sein eigenes Geschäft, und das Risiko wie der Gewinn waren nur seine Sache.
Antonio de Nebrija war einer der Autoren, die sich bei den Schiffsschreibern am meisten
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