Am Horizont die Freiheit
damit an die Wand gekettet waren. Ein ungefähr fünfzigjähriger kräftiger, dicker und glatzköpfiger Mann saß auf einer kleinen Bank neben der Tür und verprügelte, ohne aufzustehen, einen der Sklaven, der sich niedergekauert hatte.
»Steh auf, du Kohlebrocken!«, fuhr er ihn an. »Die Herrschaften hier sollen sehen, dass Simones Sklaven stark sind.«
Als er merkte, dass Joan und Niccolò in den Laden hineinsahen, sagte er: »Ich habe die besten Sklaven in ganz Ligurien. Sucht Ihr ein Männchen oder ein Weibchen?«
»Ich suche eine Frau«, antwortete Joan. »Und ich will eine Weiße.«
»Und Ihr wollt auch, dass sie jung und schön ist, nicht wahr?«, fragte der Mann lachend und machte eine unzüchtige Geste. Dann zwinkerte er ihm zu.
»Tatsächlich«, stimmte Joan zu. »Seid Ihr Simone?«
»Ja, das bin ich«, bestätigte der Mann. »Und ich sage Euch, dass Ihr Euch mit etwas anderem begnügen müsst, weil ich jetzt keine weißen Frauen habe.«
»Nun, dann eine, die Ihr verkauft habt und deren Herr bereit ist, auf sie zu verzichten«, drängte Joan.
»Das ist nicht mein Geschäft«, unterbrach ihn Simone in unangenehmem Ton. »Verschwendet nicht meine Zeit, wenn Ihr nicht kaufen wollt. Erkundigt Euch hier in der Gegend, und wenn Ihr es eilig habt: Im Hafen gibt es billige Huren.« Er spuckte vor Joans Füße.
Simone erinnerte Joan an Felip, und er verspürte das Verlangen, ihm eine grobe Antwort zu geben. Doch er beherrschte sich mühsam. Er durfte sich diesen Mann nicht zum Feind machen. Er holte einen Golddukaten aus der Tasche und ließ ihn vor den Augen des anderen glänzen.
»Wenn ich die Sklavin finde, die ich suche, wird das Euch gehören. Ich will eine weiße Sklavin, und sie soll keine Türkin oder Maurin sein.«
»Jetzt redet Ihr wirklich meine Sprache«, sagte der Mann lächelnd und starrte die Münze begierig an. »Ich verstehe Euch vollkommen. Ihr wollt eine weiße Christin, die gutaussieht.«
Joan nickte zustimmend.
»In letzter Zeit sind keine weißen Sklavinnen eingetroffen«, teilte Simone mit. »Die Leute, die uns gewöhnlich mit diesem Vieh beliefern, haben zu viel im Krieg zu tun. Das muss Material von vor einigen Jahren sein. Außerdem, warum wollt Ihr eine Christin? Es geht doch wohl nicht darum, zusammen zur Jungfrau Maria zu beten, nicht wahr?« Und er lachte laut.
Joan durchschaute, dass der Mann zwar eine raue Jovialität zeigte, aber ihn misstrauisch musterte und Berechnungen anstellte. Wenn er die richtige Antwort bekommen wollte, so erkannte er, blieb ihm nichts anderes übrig, als seine Karten aufzudecken. Dieser Kerl witterte, dass er etwas ganz Konkretes suchte, und er hatte das Gold glänzen sehen. Die Auskunft würde ihn viel kosten. Doch darauf kam es ihm nicht an, wenn sie stimmte.
»Ich suche eine Gruppe von Gefangenen, die Ihr vor elf Jahren in Bastia gekauft habt«, sagte er schließlich. »Die meisten waren Frauen. Man hat sie Euch als Sardinnen verkauft, aber sie waren Katalaninnen.«
»Ach! Katalaninnen!«, rief der Kerl und blickte finster. Er schien nachzudenken.
Joans Herz klopfte. Dieser Mann war ihm sehr unangenehm, doch er war seine letzte Hoffnung. Joan hielt den Atem an und betete, dass er sich erinnerte. Nach einer Weile rief Simone ins Innere des Ladens: »Andrea! Komm her!« Sein Gesicht bekam ein verschlagenes Lächeln.
Nach seinem zweiten Rufen hörten sie, wie jemand von drinnen antwortete. Kurz darauf erschien ein Bursche, der noch keine dreißig war und ebenfalls einen gewaltigen und plumpen Körper hatte. Er trug Dolch und Degen am Gürtel. Joan fragte sich, ob er Simones Sohn war.
»Erinnerst du dich an eine Gruppe Katalaninnen, die wir vor elf Jahren in Bastia gekauft haben?«, fragte er lächelnd. »Waren es nicht die, mit denen du es das erste Mal getrieben hast?«
Der andere nickte selbstzufrieden, und Joans Herz krampfte sich zusammen. Endlich eine zuverlässige Spur! Doch als er begriff, worüber sie sprachen, musste er seinen Zorn beherrschen.
»Ich war nicht der Einzige. Ihr Übrigen hattet auch Euren Spaß«, sagte der Jüngere.
Simone seufzte und lächelte glücklich.
»Was für Zeiten das waren!«, sagte er. »Damals gab es wirklich schöne Frauen.«
»Wohin habt Ihr sie verkauft?«, wollte Joan wissen, während er versuchte, seinen Zorn zu verbergen.
Der Sklavenhändler blickte ihn an, als hätte er seine Anwesenheit ganz vergessen.
»Ihr seid Katalane, nicht wahr?«, fragte er ihn geradeheraus.
»Ja.«
»Und Ihr
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