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Am Horizont die Freiheit

Am Horizont die Freiheit

Titel: Am Horizont die Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorge Molist
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entdeckte er einen roten Kreis, der einen Punkt umgab. Und noch einen am Bein und etwas weiter noch einen.
    »Was ist das?«, fragte er besorgt.
    Der Novize sah ihn lachend an.
    »Das sind Flohstiche! Wisst ihr etwa auch nicht, was Flöhe sind?«
    Joan erinnerte sich, dass ein streunender Hund einmal ein paar im Dorf eingeschleppt hatte und dass die Frauen sie beseitigt hatten, bevor sie zu einer Plage wurden.
    »Sie können springen, und sie saugen dein Blut«, erklärte der Junge.
    »Das weiß ich schon«, entgegnete Joan. »Sag mir, was ich tun muss, damit ich sie loswerde.«
    »Nichts«, sagte er achselzuckend. »Du kannst nichts tun, außer dass du sie erledigst, wenn du einen erwischst.«
    Auf einmal schlug er sich an die Stirn.
    »Die Primgebete! Die habe ich vergessen! Schnell, zieht euch an, sonst bekommen wir kein Frühstück!«
     
     
    Nach dem Frühstück ermahnte sie Bruder Jaume sehr ernst, dass sie sich zur Gebetsstunde nicht wieder verspäten dürften. Dann aber fragte er sie mit einem warmen Lächeln, ob er ihnen das Kloster zeigen solle. Voller Freude stimmten die Jungen zu. Auf den Regen des Vortags war ein strahlender Morgen gefolgt. Die Angst der Nacht verflüchtigte sich, und alles erschien ihnen heiter und schön.
    Das Kloster bildete ein grobes Rechteck, dessen Basis die Häuserlinie war, die auf die Calle Santa Anna ging. Das Klostergebäude verbarg sich hinter den Häusern, und sein einziger Eingang war das Tor, das zwischen ihnen hindurchführte. Die Hauseigentümer bezahlten dem Prior eine Pachtsumme, denn der Boden gehörte der Gemeinschaft. An den anderen Seiten befanden sich Mauern, die das Gelände von einem parallel zu den Außenmauern verlaufenden schmalen Rundenweg trennten. Es war ein Teil der zweiten Stadtmauer, die das Kloster von der Rambla abgrenzte.
    Der Mönch führte sie zum Kreuzgang. Mit den prächtigen Orangenbäumen und den hohen Palmen bot sein Garten einen schönen Anblick. Joan bewunderte wieder die zierlichen Bogen, die von schlanken Säulen gestützt wurden. Begeistert blieb er vor den Skulpturen an jedem Kapitell stehen.
    »Merkt euch, der Kreuzgang ist der Mittelpunkt des Klosters. Hier kann ein Bruder entlanggehen und sich dem Ziel zuwenden, das er erreichen muss, ohne dass er bei Regen nass wird«, erklärte ihnen Bruder Jaume.
    Das stimmte, denn durch seine Türen gelangte man zu dem kleinen Platz am Eingang, zu den Zellen der Mönche, zu dem großen Gebäude, in dem sich der Krankensaal, die Küche und der Speisesaal befanden, zur Kirche und zum Kapitelsaal. Er hatte sogar einen Zugang zu den Waschplätzen und zum Garten.
    »Nun kennt ihr schon die wichtigen Gebäude«, sagte der Mönch. »Das Übrige sind Speicher und Ställe.«
    Da ertönten die Glocken, und ein Lächeln erhellte Gabriels Gesicht. Er sagte nichts und lief zu dem kleinen Platz hinaus. Von dort aus betrachtete er den Glockenturm.
    »Die Stunde der Terz«, erklärte der Mönch. »Die Zeit der Messe. Wir rufen die Nachbarn herbei.«
    Als sie zur Kirche liefen, läuteten die Glocken fröhlich. Der Klang schien alles zu erfüllen – den großen Speisesaal, die Treppen und die Küche. Er überflutete den Kreuzgang und drang durch das große offene Viereck des zentralen Innenhofs ein, wo sich die Palmen von der Sonne liebkosen ließen. Die Mönche bildeten wie immer eine Reihe, und als sie die drei feierlichen Glockenschläge der Stunde hörten, begannen sie zu singen und betraten in majestätischer Reihe die Kirche, wo ungefähr fünfzig Pfarrkinder warteten.
    Gabriel schloss sich seinem Bruder an, und beide folgten dem Novizen ins Innere des Gotteshauses.
    »Das ist hübsch, wenn die kleine Glocke die größere begleitet, nicht wahr? Dann klingen sie fröhlicher«, strahlte er seinen Bruder an.
    Joan nickte. Ihn überraschte Gabriels leidenschaftliche Begeisterung für die Glocken.

15
    N ach dem Ende der Messe erlaubte Bruder Jaume, dass der Novize ihnen die kleineren Nebengebäude des Klosters zeigte.
    »Pere begleitet euch«, sagte er. »Ich muss in der Küche nach dem Rechten sehen und zum Kapitel gehen. Ihr könnt alles anschauen, was ihr wollt. Nutzt die Gelegenheit, denn am Nachmittag beginnt ihr mit der Arbeit.«
    Sie liefen durch den Garten, der sehr groß war. Die Mönche waren im Kapitelsaal zusammengekommen. Der Gärtner arbeitete in einer Ecke. Die Furchen mit dem Gemüse waren sorgfältig ausgerichtet, und es gab viele Obstbäume: Apfel-, Mandel- und Birnbäume, doch nur die

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