Am Horizont die Freiheit
er doch, dass sich manche Menschen nach einem bewegten Leben in die friedliche Ruhe eines Klosters zurückzogen. An diesem Ort hier gab es alles Mögliche, nur keinen Frieden.
»Nun, dann müsst Ihr bald ein neues Dokument unterschreiben, nicht wahr?«, fragte er.
Der Mönch lachte schallend. Dann verstummte er einige Zeit und starrte Joan argwöhnisch an.
»Weißt du was?«, sagte er. »Du bist zu pfiffig für dein Alter. Damit wirst du Probleme bekommen.«
17
B artomeu ging an diesem Nachmittag zu Prior Gualbes, um mit ihm abzurechnen. Danach besuchte er die Kinder. Er kam zu ihnen, als sie unter der Aufsicht des im Kloster dienenden Bauern im Garten arbeiteten.
»Guten Tag, meine Lieblingsseeleute«, begrüßte er sie lächelnd.
»Bartomeu!«, riefen sie freudig, als sie ihn sahen.
Sie stellten den Korb ab, den sie getragen hatten, und liefen zu ihm.
»Einen Augenblick, wartet!«, hielt er sie zurück. »Ich werde nicht zulassen, dass ihr mein neues Wams mit Erde beschmiert, so hochheilig sie hier auch sein mag.«
Bartomeu trug ein dunkelgrünes Wams über granatroten Beinkleidern, und er hatte einen Ledergürtel mit einer Silberspange umgeschnallt. Das Wams stand am Hals offen und ließ ein weißes Hemd und eine Goldkette sehen, an der ein roter Korallenzweig von beachtlicher Größe hing. Vom Gürtel hingen Dolch, Degen und ein Beutel, der, wenn man nach seinem Aussehen schließen wollte, gut gefüllt war. Lederschuhe, eine grüne Mütze, die farblich mit dem Wams harmonierte, und granatrote Handschuhe vervollständigten seine Kleidung.
Die Brüder hatten außer Gualbes nie jemanden gesehen, der so gut gekleidet war. Joan führte das sofort auf die Unterredung mit dem Prior zurück. Bartomeu wusste sicher, wie er gegenüber dem Geistlichen aufzutreten hatte.
Der Kaufmann zerzauste Gabriels Haar und klopfte Joan ein paarmal auf die Schulter, um sie zu begrüßen. Er erkundigte sich, wie sie sich in ihrem neuen Zuhause eingelebt hatten. Dann sagte er zu dem Älteren: »Wasch dich und zieh deine Sonntagssachen an. Ich habe eine Arbeit für dich gefunden.«
Joan lief freudig los. Er wollte aus der Gefangenschaft hinaus, die das Kloster für ihn bedeutete. Er hatte nur wenige Sachen zum Aussuchen. Anstelle der Bauernschuhe aus ungegerbtem Leder, die man ihm für den Garten geliehen hatte, nahm er seine Hanfschuhe, mit denen er immer noch nicht gern lief, denn er war lieber barfuß. Dann zog er sein sauberes Hemd und darüber den dunklen Kittel an, den er sich mit einem Strick umgürtete.
Als Joan in den Straßenlärm hinaustrat, sagte er sich, dass das Kloster zwar in der Stadt lag, dass es jedoch trotzdem völlig unterschiedliche Welten waren. Die Leute liefen hin und her. Es gab Läden. Sie begegneten Fuhrwerken. Wenn auch Bartomeu ständig behauptete, Barcelona habe bessere Zeiten erlebt, so war doch für Joan alles neu und beeindruckend. Er hielt die Augen weit offen, und alle Dinge regten ihn an, zu staunen und zu lernen.
»Bald wirst du dreizehn, aber bis du vierzehn Jahre alt wirst, darfst du nicht Lehrling werden«, sagte Bartomeu. »Außerdem muss jemand für dich bürgen, damit man als Lehrling eines Handwerks angenommen wird.«
»Was soll ich dann tun?«
»Du wirst Ladendiener in der Buchhandlung von Antoni Ramón Corró.«
»In einer Buchhandlung?«
»Glaube nicht, dass es in den heutigen Zeiten einfach ist, eine Stellung für einen kleinen Jungen zu finden. Aber Antoni Ramón ist mein Teilhaber beim Buchverkauf.«
»Was heißt das, Teilhaber?«
»Du weißt ja, dass ich Kaufmann bin, und außerdem verwalte ich das Vermögen des Santa-Anna-Klosters. Es hat zwar viele von seinen früheren Besitzungen verkauft, doch es unterhält immer noch Güter von den Medas-Inseln bis nach Valencia, wozu die in Palafrugell, Tortosa und El Garraf gehören. Deshalb reise ich auf Rechnung des Priorats an der Küste, und ich nutze das, um Waren zu kaufen und zu verkaufen. Aber mein eigentliches Gebiet sind die Bücher. Wenn ich die Bücher von Corró verkaufe, behalte ich einen Anteil, und darum sind wir Teilhaber.«
»Aber müsste der Prior nicht das Kloster persönlich verwalten?«
Bartomeu ließ ein leises und amüsiertes Lachen hören und antwortete: »Cristòfol de Gualbes ist ein Adliger, und er hat mich, einen Bakkalaureus der Universität Lleida, mit der Verwaltung und dem Handel beauftragt.«
»Vor kurzem haben sich der Subprior und der Prior um Geld gestritten. Gualbes meinte, die Mönche
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