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Am Horizont die Freiheit

Am Horizont die Freiheit

Titel: Am Horizont die Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorge Molist
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Joan, und wir möchten Ihren Mann besuchen.«
    Sie lächelte dem Jungen zu und sagte, dass sie ihren Mann im Ladeninnern finden könnten.
    »Sie ist die Frau des Besitzers«, erzählte ihm Bartomeu leise, während sie eintraten. »Sie haben eine verheiratete Tochter und einen Jungen, der an der Universität Lleida studiert.«
    Die Ladenwände waren mit Schränken bedeckt. Sie enthielten Bücher, Pergamentrollen, Tintenfässer, Radiermesser, Scheren und alle möglichen anderen Gegenstände, die mit Schreiben und Lesen zu tun hatten.
    Ramón Corró saß hinter einem Schreibtisch, der zwei Stufen höher als der übrige Fußboden war. Von seinem Posten aus kontrollierte er, was sowohl in der weiträumigen Buchhandlung als auch auf der Straße vor sich ging. Er war ein kräftiger Mann mit breiter Stirn, kleiner Nase und grauen Augen, der zwar den Kopf mit einer roten Kappe bedeckt hatte, seine Kahlköpfigkeit jedoch nicht verbergen konnte.
    »Guten Tag, Bartomeu«, grüßte er, während er die Feder in ein Tintenfass steckte, das in den Tisch eingelassen war. »Ist das der Ladendiener, von dem Ihr mir erzählt habt?«
    »Guten Tag«, erwiderte der Kaufmann. »Tatsächlich, das hier ist Joan Serra aus Llafranc. Joan, begrüße Mosén Corró.«
    Joan trat auf den Buchhändler zu, der von seinem Podest hinabgestiegen war, und küsste ihm die Hand.
    »Nun gut, Joan«, sagte Mosén Corró, »du musst die Fähigkeiten beweisen, von denen Mosén Bartomeu mir erzählt hat, damit du in meinem Haus bleiben kannst. Komm her.«
    Er machte ihm ein Zeichen, dass er die Stufen zu seinem Schreibtisch hochsteigen sollte, und Joan folgte ihm. Der Buchhändler zeigte ihm einen Zettel, auf dem ein Satz geschrieben war.
    »Was steht hier?«
    Joan betrachtete die schwarzen Striche, die unterschiedlich stark waren, was von der jeweiligen Tintenmenge abhing. Er murmelte leise: »Das weiß ich nicht, Mosén Corró. Ich kann nicht lesen.«
    »Und der Buchstabe hier«, sagte er. Er tauchte die Feder ins Tintenfass, um ein paar gotische Striche aufs Papier zu schreiben. »Welcher ist das?«
    »Ich kann nicht lesen, Señor«, antwortete Joan. Er war überzeugt, dass er nicht eingestellt werden würde.
    »Und der hier?«, drängte der Buchhändler, nachdem er nun einen Buchstaben im italienischen Stil geschrieben hatte.
    »Es tut mir leid, Señor. Ich weiß es nicht«, flüsterte Joan noch leiser.
    »Also auch diese Buchstaben kennst du nicht?«, erkundigte sich Mosén Corró streng.
    »Nein, Señor.«
    »Probieren wir es. Nimm die Feder und male auf diesem Zettel den ersten Buchstaben, den ich geschrieben habe.«
    »Ich kann nicht schreiben, Señor.«
    »Das ist gleich. Versuche es.«
    Joan blickte Bartomeu an, der zustimmend nickte. Mit zitternder Hand tauchte er die Feder ins Tintenfass, wie es der Mann getan hatte, und drückte sie aufs Papier, um zu versuchen, den Buchstaben zu kopieren. Die Tinte tropfte aus dem Federkiel und bildete einen Fleck.
    »Es tut mir leid, Señor«, wisperte der Kleine. »Es ist das erste Mal, dass ich eine Feder benutze.«
    »Das merkt man. So fasst man die Feder nicht an«, erklärte der Buchhändler und legte ein Papier, das die Tinte aufsaugte, auf den Fleck. »Aber darauf kommt es nicht an. Probier es einfach noch einmal.«
    Joan bemühte sich, seine zitternden Hände zu beherrschen, und zeichnete eine klägliche Nachahmung des gotischen Buchstabens, den der Mann geschrieben hatte, auf das Papier.
    »Nun kopiere den anderen Buchstaben.«
    »Aber der erste ist mir nicht gelungen«, sagte Joan.
    »Das ist gleich. Kopiere den zweiten.«
    Er tat es, und das Ergebnis war ebenso katastrophal wie das vorherige. Der Buchhändler sah aufmerksam zu, wie sich der Junge abmühte.
    »Also gut«, brummte er schließlich und blickte dabei Bartomeu an. »Vielleicht habt Ihr recht, und eines Tages können wir aus ihm einen guten Kopisten machen. Ich nehme ihn in meinem Haus auf, weil Ihr ihn empfehlt.«
    Bartomeu sagte nichts, doch er nickte zustimmend.
    »Junge, ich stelle dich als Ladendiener an«, sagte er nun zu Joan. »Und wenn du gehorsam, fleißig und ehrlich bist, mache ich dich zum Lehrling, nachdem du vierzehn Jahre alt geworden bist. Wenn du dann weitere Fortschritte machst, kannst du es zum Gesellen und zum Meister bringen. Dies sind die Bedingungen: Ein Lehrling bekommt neunzig Sueldos im Jahr, dazu Essen und Unterkunft in meinem Haus. Er arbeitet vom Morgen bis zum Abend und ruht zum Essen aus. Aber weil du noch

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