Am Horizont die Freiheit
Fußsoldaten haben sie niedergemacht. So viel Raserei war gar nicht notwendig.«
»Es ist eine Schande, dass sie so einen großen Verlust erlitten haben«, gestand Joan. »Es ist ungerecht, wie die
remensas
leben, und die Menschen haben die Pflicht, für ihre Freiheit zu kämpfen. Der König müsste handeln. Er darf nicht erlauben, dass manche seiner Untertanen von anderen versklavt werden.«
»Der König wollte vermitteln, aber beide Parteien haben nicht nachgegeben. Außerdem denken die
remensas
, dass der König sie verraten habe.«
»Hat er es denn getan?«
Bartomeu zuckte die Achseln.
»Ich glaube schon. Den
remensas
ist es zu verdanken, dass der Vater des Königs den Bürgerkrieg gewonnen hat. Dafür hatten sie ihre Freiheit erhofft, doch der Herrscher vergaß die Bauern und machte schließlich gemeinsame Sache mit den besiegten Adligen.« Mit einem Lächeln klopfte ihm Bartomeu leicht auf die Schulter. »Du bist ein sonderbarer Junge und zu klein, um dich für solche Sachen zu interessieren. Aber mach dir keine Sorgen, der Krieg der
remensas
wird nicht mit dem Tod von Pere Joan Sala enden.«
»Nicht?«, fragte Joan hoffnungsvoll.
»Pere Joans
remensas
hatten nichts außer dem Leben zu verlieren. Sie waren sehr verzweifelt, und darum haben sie es gewagt, Barcelona anzugreifen. Der oberste Führer der
remensas
heißt Verntallat, und in seinen Festungen im Norden ist er gut geschützt. Er wird die Rebellion fortsetzen, bis er eine Übereinkunft erreicht.«
Als die Nachricht eintraf, dass Pere Joan Salas Hinrichtung bevorstand, wollten sich alle das Spektakel ansehen. Er sollte auf dem sogenannten »Weg der Schande« zum Strand gebracht werden, wo man ihn vierteilen würde, wie es dem Ritual des grausamen Todesurteils entsprach.
Mosén Corró erklärte ihnen, dass die Todesqualen dieses Mannes lange dauern würden und dass er die Mahlzeit nur um eine Stunde verschiebe. Wer die vollständige Hinrichtung sehen wolle, müsse auf das Essen verzichten.
Joan teilte dies Abdalá mit, der entgegnete, er habe schon zu viele Menschen sterben sehen, er bleibe in der Werkstatt. Dann setzte er hinzu: »Sogar der Todeskampf kennt unterschiedliche Klassen. Da es um einen armen Bauern geht, macht man aus seinem Tod ein öffentliches Schauspiel, damit die Armen daraus lernen. Wenn der Verurteilte einer der anderen gewesen wäre, ein hoher Herr, hätte man ihn insgeheim und schnell hingerichtet.«
Das Spektakel der Hinrichtung begann am Mittag auf der Plaza del Blat. Dort befand sich das Stadtgefängnis. Die Leute drängten sich derart, dass die Soldaten sie zurückstoßen mussten. Joan nutzte seine kräftigen Ellbogen, um durch die Lücken zu schlüpfen und einen Platz in der ersten Reihe zu erreichen.
Auf einem Karren in der Platzmitte erhob sich ein Pfosten, und daran band man den Mann fest. Er war ungefähr vierzig Jahre alt, mager, sehnig, mit einem Bart und tiefliegenden dunklen Augen. Es war ein unfreundlicher und kalter Tag, aber von einem schmalen Lendenschurz abgesehen war Pere Joan Sala nackt. Sein Körper zeigte zahlreiche Wunden, die die Folterungen der letzten Tage hinterlassen hatten, doch er strengte sich immer noch an, den Kopf hochzuhalten. Die Leute schrien, beleidigten ihn und bewarfen ihn mit Unrat. Dann spuckte der Mann auf einmal so kräftig und zielsicher, dass er einen derjenigen in der ersten Reihe, die ihn am schlimmsten beschimpften, ins Gesicht traf. Man hörte Gelächter und ein paar Flüche.
»Dieser
remensa
ist ein toller Kerl!«, rief einer.
Er freute sich, dass Pere Joan Sala in seinen letzten Augenblicken immer noch mutig und kämpferisch auftrat. Die Menge benahm sich dem Bauern gegenüber nun respektvoller.
In diesem Moment brachte ein Trommelwirbel die Schaulustigen zum Schweigen. Man wollte das Urteil verlesen.
»Pere Joan Sala«, rief der Gerichtsdiener. »Man verurteilt dich als Räuber, Mörder und Verräter und weil du Barcelona angegriffen hast …« Er machte eine Pause, »… zum grausamen Tod! Dein Körper wird gevierteilt, und die Stücke werden als abschreckendes Beispiel ausgestellt.«
Der Pöbel begrüßte das Urteil mit Beifall, doch der Verurteilte ließ sich offensichtlich nicht erschüttern. Dann stiegen ein Priester, der Henker und sein Gehilfe auf den Karren. Die Scharfrichter zeigten der Menge ihre Werkzeuge. Der Henker streckte ein Beil hoch, das er dann an seinen Gehilfen weitergab. Es folgten einige große Messer, eine Säge, mehrere
Weitere Kostenlose Bücher