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Am Horizont die Freiheit

Am Horizont die Freiheit

Titel: Am Horizont die Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorge Molist
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umschwirrten und ihn am Schlafen hinderten.
    Joan glaubte an die Zauberkraft der Worte. Und daran, dass die geschriebenen Worte noch größere Macht hätten. Am nächsten Tag, auf hoher See, presste er Tinte aus einem Kalmar, der ins Netz gegangen war, und nachdem er einen schmalen Papierstreifen aus seinem Lehrlingsbuch, das er in seinem Bündel bei sich trug, herausgerissen hatte, schrieb er mit einem Angelhaken: »Ich liebe dich, Papa. Ich räche dich, und wir werden frei sein.« Er wusste, dass dieses Boot für Ramón ein Sinnbild der Freiheit gewesen war. Er war an das Meer und seine Bewegungen gewöhnt, und obwohl er sich solch unzulänglicher Mittel bediente, gelang es ihm, einigermaßen deutlich zu schreiben. Er ließ die Schrift in der Sonne trocknen. Danach rollte er den Zettel zusammen und warf ihn in die Wellen. Er sah zu, wie er sich mit Wasser vollsog und im Meer unterging. Er war sicher, dass sein Vater seine beschwörenden Worte gehört hatte und dass diese in Erfüllung gehen würden. Unter den väterlichen Blicken des alten Kapitäns schlief er ein. Am zweiten Abend erklärte er sich einverstanden, mit der Familie des Fischers zu essen. Er legte sich an Bord der
Möwe
schlafen, während er an seine Familie, an Tomás, seine Tochter und die übrigen Freunde dachte. Als er sich am nächsten Tag von dem Alten verabschiedete, sagte er: »Ihr seid ein guter Mensch. Ihr habt das Boot meines Vaters verdient.« Sie umarmten sich. »Gebt gut acht auf die
Möwe

    »Das werde ich tun. Ich verspreche es dir.«
    Joan schaute dem Alten in die Augen und erkannte, dass auch sie tränenfeucht waren.

34
    A ls Joan nach Barcelona zurückkam, besuchte er Bartomeu und erzählte ihm, was in Sitges geschehen war. Der Kaufmann nickte, und Joan verstand, dass ihn die Geschichte nicht überraschte.
    »Ja. Ich habe die Fischer gefragt, woher das Boot kam, und sie haben mir dieselbe Antwort gegeben. Aber du musstest es mit eigenen Augen sehen, mit eigenen Ohren hören und mit eigenem Herzen erleiden.«
    »Wer ist dieser Vilamarí? Der Mercedariergeneral hat gesagt, er habe gegen die provenzalischen Korsaren gekämpft, und Abdalá, dass er ihn versklavte, nachdem er ihn gefangen genommen hatte, als er ein genuesisches Schiff enterte.«
    »Er ist Admiral unserer Flotte. Viele halten ihn für einen Helden. Im Bürgerkrieg hatte er entscheidenden Anteil am Sieg des Königs, und er hat die Türken in mehreren Schlachten besiegt.«
    »Warum hat dann Bruder Dionís, der Administrator von Palafrugell, behauptet, dass es Mauren wären?«, fragte der Junge weiter.
    »Darüber habe ich lange nachgedacht«, antwortete Bartomeu stirnrunzelnd. »Bruder Dionís musste vom ersten Augenblick an erkannt haben, dass das Schiff zur Flotte Vilamarís gehörte. Ich glaube, dass er es sogar schon wusste, bevor er es gesehen hatte.«
    »Also meint Ihr, dass er gelogen hat?«
    Er dachte daran, wie der Administrator die Truppe zurückhielt und es unterließ, den Gefangenen zu Hilfe zu kommen.
    »Ja.« Bartomeu nickte ernst mit dem Kopf.
    »Warum? Warum hat er gelogen?«
    »Bernat de Vilamarí ist Herr von Palau am Golf von Rosas, nahe bei den Medas-Inseln, deren Herr der Prior von Santa Anna ist. Beide sind Adlige in El Ampurdán, Nachbarn und Freunde. Als der Administrator die Galeere des Königs erkannt hat, wagte er keinen Angriff, vielleicht aus Angst, aber auch wegen der Freundschaft seines Herrn und Vilamarís. Er beschloss, die wirkliche Herkunft der Piraten zu verheimlichen und mit dem Prior zu reden. Und sobald der von der Sache erfuhr, hat er ihm offenbar befohlen, den Mund zu halten.«
    »Wie kann es sein, dass die Galeeren des Königs seine eigenen Untertanen angreifen?«
    »Der König leidet an Geldnot. Er gibt fast alles für den Krieg gegen Granada aus. Vorrangige Bedeutung hat dabei die Flotte des Admirals Requesens, der gemeinsam mit den Kastiliern die muslimischen Häfen blockiert, um zu verhindern, dass sie Hilfe aus Nordafrika erhalten. Wenn Vilamarí der Proviant ausgeht und er keine Geldmittel erhält, verlegt er sich offenbar auf Piraterie.«
    Joan schwieg und dachte nach. Dann stieß er zwischen den Zähnen hervor: »Und ermordet meinen Vater, versklavt meine Familie und raubt alles, was wir hatten.«
    Der Kaufmann sah ihn besorgt an. Er erkannte, wie groß der Groll des Jungen war.
    »Nimm dich in Acht, Joan«, sagte er behutsam. »Damit der Hass dich nicht zugrunde richtet.«
    Doch Joan hörte ihn gar nicht.
    »Glaubt Ihr,

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