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Am Malanger Fjord

Am Malanger Fjord

Titel: Am Malanger Fjord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Mügge
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es nicht, Olafs Namen auszusprechen. Er hatte sie verlassen, sie wußte am besten, warum. Er hatte es ihr ja selbst gesagt, daß er hoffnungslos und verzweifelnd fliehen müsse, ohne Stockfleths Vorschläge anzunehmen, aber schmerzhaft krampften sich ihre Nerven zusammen, wenn Stureson ihre Hand nahm, und ihre Augen wandten sich scheu ab, wenn seine feurigen Blicke auf ihr ruhten. Immer fiel ihr ein, was Olaf von diesem Wolfe gesagt hatte, der zum Lamme geworden war. Ein ohnmächtiges Gefühl überkam sie, wenn sie seine Stimme hörte und ihr Vater sein pfiffiges Gesicht machte.
Am nächsten Morgen aber kam es nun zur vollen Erklärung zwischen Stureson und Hvaland. Der Landrichter hielt um Mary an, der Kaufmann sagte sie ihm mit Freudigkeit zu.
»Sollt sie haben«, rief er, »hat die gesegnete Stunde mir lange schon vorgeschwebt, und vom ersten Tage an, wo ich Euch sah, Stureson, kam der Gedanke in meinen Kopf, Ihr müßtet mein Schwiegersohn werden! – Komm her, Mary, komm her, mein Kind«, fuhr er dann fort, als seine Tochter hereintrat, »weiß jetzt das rechte Mittel, dich gesund zu machen. Wirst Lars Sturesons Frau werden und in Holmböes Haus am Malanger Fjord wohnen, wo es dir immer so gut gefallen hat!«
»Nein, Vater, nein!« rief Mary zitternd, als er sie festhielt und Stureson zuführte. Mit heftiger Anstrengung wand sie ihre Hand los.
»Nicht?« schrie Christie, »nicht, Mädchen? Hör auf mit deinem Gezier; als ob ich's nicht wüßte, wie es unter dem Tuche da aussähe!«
»Du weißt nichts, Vater, nichts«, erwiderte sie, ihr Gesicht senkend.
»Potz Speer und Kreuz«, lachte Hvaland, »ich weiß nichts, meinst du? Weiß aber mehr als zuviel! Hätte mit dir einen Gang gemacht, Mädchen, der dir wenig gefallen täte, wenn es ein anderer gewesen wäre als Lars Stureson, als du mit ihm am Morgen heimkamst. Sollst es wissen, Mary, daß ich damals am Fenster stand. War aufgewacht, als ob es einer mir ins Ohr gesagt hätte: Sieh hin, Christie, wie's deine Tochter treibt! Ei, närrisches Kind«, fuhr er fort, als Mary schamvoll ihre Hände aufhob, »habe ja nichts dagegen und ist auch keine übermäßige Sünde dabei, mit dem Manne, den man ins Herz geschlossen, eine Sommernachtstunde einsam zu verplaudern. Aber was in der Finsternis geschehen ist, soll nicht länger geleugnet werden beim Sonnenschein. – Gottes Segen auf dein Haupt, meine Mary! Deines alten Vaters Segen über dich! Machst ihn glücklich, Mädchen, froh und glücklich, daß er dich in solchen Armen sieht.«
Stureson war nahe herangetreten und hatte Mary an seine Brust gezogen. Er sprach kein Wort zu ihr, er küßte ihre Hände, ihre Stirn, ihre Lippen, und seine Augen blickten mild und bittend in ihr verstörtes Gesicht.
»Vertraue mir, teure Mary«, sagte er dann, »ich will dich heiß und zärtlich lieben und dein Leben so schön machen, wie ich es vermag. Nicht allein in meinem Hause, in meinem Herzen sollst du als Herrin schalten, mein Glück und meine Freude auf Erden will ich allein bei dir suchen.«
Hvaland war entzückt von diesen Beteuerungen, er umfaßte sie beide, drückte und küßte sie und hatte keinen Sinn dafür, daß Mary leidend ertrug, was zu ändern sie keine Kraft besaß.
In wenigen Minuten hatte Christie sein ganzes Hausgesinde herbeigerufen und ihm mitgeteilt, daß Jungfer Mary Sorenskriver Sturesons Braut geworden sei. In einer Viertelstunde wußte es der ganze Gaard und alle seine Anwohner. Viele kamen, um Glück zu wünschen, der eine drängte den anderen; Hvaland hatte genug zu tun, die Gläser zu füllen und die guten Wünsche zu erwidern, welche auf das Heil des Brautpaars reichlich dargebracht wurden.
So gingen die ersten Stunden geräuschvoll vorüber, und Stureson ließ Mary keine Zeit, sich zu besinnen. Es war zu spät – das fühlte sie mit jeder Minute mehr, und was hätte sie auch sagen können! Sie war in der Gewalt des Mannes, der, wenn sie ihn zurückwies, Dinge erzählen konnte, die ihres Vaters jährzornigste Wut aufwecken mußten. Sein ganzer Ehrgeiz hing an dieser Verbindung, sein ganzer Stolz war verwachsen mit dem Gedanken, Stureson seinen Schwiegersohn zu nennen, der den Neid von Tromsöe bis Bodöe rege machte und dessen vornehme Sippschaft ihm heimlich ebensowohl zusagte wie der stolze gewaltige Landrichter selbst.
Stureson wandte alle seine Sanftmut und alle Überredungskünste an, um Mary heiter zu stimmen und die Furcht zu zerstreuen, welche sie so sichtlich beherrschte. Es gelang ihm im

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