Am Meer ist es wärmer
noch immer da.
»Hallo«, sagte ich. »Rei« brachte ich nicht über die Lippen.
Die größere wandte sich zu mir um. Sie stand im Gegenlicht der Straßenlaterne, und ihr Gesicht lag im Schatten. Die weiße Supermarkttüte mit den Bananen und Äpfeln kam mir plötzlich sehr schwer vor.
Die beiden Gestalten blieben, wo sie waren.
»Hattet ihr schönes Wetter?«, fragte die Frau.
Wie bitte?
»Du warst doch mit deiner Tochter auf dem Sportfest, oder?«
Ach so, ja. Mit einer Matte und ein paar Tupper-Dosen mit Bananen und Äpfeln hatten wir uns auf den Weg zum Kindergarten gemacht. Er war mit Fähnchen aus aller Welt geschmückt.
»Rei war auch dabei«, erinnerte ich mich.
Es war ein Sonntag. Als ich am Morgen aufgewacht war, lag Rei neben mir, als wäre nichts geschehen.
»Guten Morgen«, sagte er heiter.
Momo schlief noch. Wir drei schliefen damals in einem Zimmer. Links neben mir lag Momo, rechts Rei. Wir bildeten das Zeichen für Fluss — 川 (Sen) —, nur dass der kleine Strich in der Mitte links neben mir lag.
Pscht! Ich legte den Finger auf die Lippen und schmiegte mich an Reis Brust. Rei, der sich gerade aufsetzen wollte, legte sich wieder hin. Mit einem Seufzer gab ich ihm zu verstehen, dass ich mit ihm schlafen wollte. Er zögerte.
Zögere nicht. Ich sah ihm in die Augen. Ein Teil meines Gesichts spiegelte sich darin wider. Ich berührte seine Schlafanzughose.
Ich steckte meine Hand hinein und umfasste seinen Penis.
Von Momo kam ein Geräusch. Sie atmete im Schlaf und gab dabei einen kleinen Ton von sich. Ohne sich zu bewegen, ließ Rei mich gewähren. Ich legte mich auf ihn. Wir lagen flach aufeinander wie eine Matratze und eine Decke. Ich stützte mich mit den Händen ab und glitt auf die Stelle, die ich vorher mit der Hand erforscht hatte.
Er ist drin, flüsterte ich. Rei zog ein wenig die Augenbrauen zusammen.
Als hätte er Schmerzen, dachte ich, während ich mich auf und ab bewegte. Rei schloss wie leidend die Augen. Aber er litt keineswegs. Bald bewegten wir uns in rhythmischem Einklang. Wir waren Komplizen. Inbrünstig und leise, damit Momo nichts merkte, beendeten wir, was wir begonnen hatten.
Momo wachte langsam auf.
Es roch nach Rei. Mit zusammengepressten Beinen lief ich ins Bad, um zu duschen. Mit dem Wasser floss sein Samen davon. Um dies zu verhindern presste ich die Beine wieder zusammen. Er sollte tief in meinen Körper eindringen, die tiefste dunkelste Stelle in mir erreichen und einen Menschen formen. Ich sehnte mich geradezu nach heftiger Schwangerschaftsübelkeit.
»Mami!«, rief Momo und öffnete die Tür des Badzimmers. »Wir nehmen Bananen mit, ja? Die Sonne scheint!«
Sie war so klein und klang so niedlich, dass ich sie fest an mich drücken musste.
Im Kindergarten wirkte Rei abwesend. Die Sonne stach.
»Ich hatte in letzter Zeit so viel zu tun, dass ich ganz erledigt bin«, sagte er und streckte sich auf der mitgebrachten Alumatte aus. Er legte sich seine Mütze aufs Gesicht, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und zog die Knie an. Ich hätte nicht einmal mehr genau sagen können, ob der Mann, der dort lag, Rei war oder ein anderer.
»Nächstes Jahr kommt Momo schon in den Kindergarten«, sagte er. Die Mütze dämpfte seine Stimme.
Momo sollte an einem Wettrennen für die ganz Kleinen teilnehmen, die noch nicht im Kindergarten waren. »Momo will auch rennen«, sagte sie und schob die Mütze von Reis Gesicht.
»Klar doch«, sagte er und setzte sich auf. Er nahm sie auf den Schoß, packte sie unter den Achseln und hob sie ein paar Mal in die Luft. Sie quietschte vor Vergnügen. Ein etwa gleichaltriger Junge kam auf Rei zugelaufen. »Onkel, bitte, ich auch mal!«, bettelte er.
»Nein, Papa!«, rief Momo. »Der nicht, nur Momo!«
Plötzlich bekam ich Angst. Die Sonne brannte. Rei und ich hatten ein Kind. Wir drei lebten wie in einer Erbsenschote. Ich hätte mich geborgen fühlen müssen. Es war nicht die Hitze der Sonne, die mich in Schweiß ausbrechen ließ.
Die Kleinen stellten sich an der Startlinie auf. Sie wirkten schutzbedürftig und hilflos. Aufgeregt umklammerten sie die Hände ihrer Mütter oder Väter. Auch Momo klammerte sich an meine Hand.
»Bitte, lauf mit mir.« Ängstlich blickte sie zu mir auf.
»Aber du bist doch schon groß. Du kannst alleine laufen.«
Momo verzog weinerlich das Gesicht. Rei schlenderte auf uns zu. Er lachte Momo an. »Hau ruck«, sagte er und hob sie auf seine Schultern. Der Startschuss ertönte, und Rei schritt, Momo
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