Am Mittwoch wird der Rabbi nass
sie – wie zu erwarten war – nur flüchtig. Miriam stellte dem Babysitter die üblichen Fragen. Waren sie artig? Haben sie schön gegessen?
«Sie haben sehr gut gegessen, und geschlafen haben sie mittags auch», berichtete Sandy. «Jedenfalls Hepsibah hat geschlafen, Jonathan nur ein bisschen. Und sie haben schon Abendbrot gegessen. Aber es sind mehrere Anrufe für Sie gekommen, Rabbi. Hier ist eine Liste. Einige wollten wissen, wann Sie wieder zurück wären.»
«Und was hast du ihnen gesagt?»
«Dass ich es nicht genau wüsste», erwiderte Sandy. «Aber ganz bestimmt vor acht, weil Sie heute Abend eingeladen sind.»
«Gut so, Mädchen.»
Sie nahmen einen kleinen Imbiss zu sich, und während Miriam anschließend die Kinder zu Bett brachte, ging der Rabbi in sein Arbeitszimmer, um sich dem Abendgebet zu widmen. Er war kaum ins Wohnzimmer zurückgekehrt, als es klingelte. Es war Dr. Muntz.
«Ich hatte schon früher angerufen, aber Sie waren nicht da», erklärte er. «Als ich eben vorbeifuhr, sah ich jedoch Ihren Wagen in der Einfahrt.»
«Kommen Sie herein, Doktor.»
«Da Sie –», er kicherte –, «auf Aufforderung hin nicht an der Sitzung teilgenommen haben, meinte Chester Kaplan, dass man Sie benachrichtigen müsse.»
«Aber ihm war es peinlich, selber zu kommen, da er mich geschlagen hatte, darum hat er Sie geschickt.»
Muntz lachte abermals. «So ungefähr. Chet ist ein sehr sensibler Mensch. Die Abstimmung ist fünfzehn zu fünf ausgefallen.»
Der Rabbi nickte. «Das ist besser, als ich erwartet hatte.»
«Einige, vielleicht sogar die meisten, haben nur gegen Sie gestimmt, weil sie fanden, der Verkauf sei ein gutes Geschäft für die Synagoge, und das wollten sie nicht gern verlieren.»
«Für eine Neuabstimmung zu stimmen bedeutete aber nicht unbedingt, dass der Block nicht verkauft werden kann, sondern nur, dass man auf Aptaker Rücksicht nehmen muss.»
«Nun», sagte Al Muntz, «es gab auch einige, die das Gefühl hatten, man sei ihm keine Rücksicht schuldig, da er nicht Mitglied der Gemeinde sei und so gut wie gar keinen Kontakt mit der jüdischen Bevölkerung habe. Er kümmert sich nicht um uns, warum sollten wir uns um ihn kümmern? Das war die Einstellung einiger Vorstandsmitglieder. Aber selbst von Ihrem Standpunkt aus, Rabbi, finde ich, sollten Sie sich nicht allzu viel Sorgen um Aptaker machen. Vermutlich wird er seinen Laden früher oder später doch aufgeben müssen. Er ist zuletzt reichlich achtlos beim Anfertigen von Rezepten geworden. Vor ein paar Tagen erst hat er eines für eine meiner Patientinnen verpfuscht. Zum Glück ist kein Schaden daraus entstanden, aber es hat schon andere Fälle gegeben. Und was meinen Sie, wie lange es dauert, bis sich das herumspricht? Wer wird dann noch mit einem Rezept zu ihm kommen, selbst wenn seine Zulassung nicht gesperrt wird?»
«Wie kann er in den letzten paar Tagen einen Fehler gemacht haben, wenn er seit zwei Wochen im Krankenhaus liegt?», protestierte der Rabbi aufgebracht.
«Ich meine, ich habe erst vor ein paar Tagen davon gehört», verbesserte sich Dr. Muntz. «Passiert ist es, als Marcus Aptaker noch selbst im Geschäft war.» Und er berichtete von den Ereignissen am Abend des Sturms.
«Was war denn nun mit diesen Pillen?»
«Gar nichts. Die Pillen, die Safferstein am nächsten Tag holte, als Ersatz für diejenigen, die in seinem Mantel steckten, waren in Ordnung, und seiner Frau ging es bald wieder gut. Aber vor ein paar Tagen fand er die ursprüngliche Flasche, und da stellte er fest, dass diese Pillen anders aussahen als die späteren. Sie waren anders gefärbt als die Nachfüllpillen. Also machte er sich natürlich Gedanken. Welche waren nun die richtigen? Wenn seine Frau die falschen Pillen genommen hatte, gab es irgendwelche Nachwirkungen? Sie wissen ja, was man sich so denkt. Also rief er mich an, und ich fuhr auf dem Heimweg dort vorbei und sah sie mir an.» Dr. Muntz hielt inne, um seinen Worten einen dramatischen Effekt zu verleihen. «Rabbi, es waren die falschen Pillen. Es waren nicht die, die ich Mrs. Safferstein verschrieben hatte. Das Etikett war richtig, aber die Pillen waren falsch.»
«Und wenn Mrs. Safferstein die Pillen geschluckt hätte?»
«Nun, zufällig hätten sie keinen Schaden angerichtet. Aber das ist nicht der springende Punkt. Der springende Punkt ist, dass es die falschen Pillen waren. Also, wie oft kann ein Apotheker so einen Fehler machen, bis er keine Kunden mehr hat?»
«Haben Sie das dem
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