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Am Mittwoch wird der Rabbi nass

Am Mittwoch wird der Rabbi nass

Titel: Am Mittwoch wird der Rabbi nass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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ähnlich sehen, aber in verschiedenen Verpackungen auf den Markt kommen und in völlig verschiedenen Behältern aufbewahrt werden. Deshalb kann sie diesen Fehler nicht mal mit verbundenen Augen begehen. Also, wenn es somit kein Irrtum war, muss es Absicht gewesen sein. Oder fällt Ihnen eine dritte Möglichkeit ein?»
    «Bitte weiter.»
    «Die Frage ist also nun, wer würde so etwas tun?», fuhr Lanigan fort. «Offensichtlich doch jemand, der einen Groll gegen einen der beiden Kestlers hegt. Ich sage einen der beiden Kestlers, weil Dr. Cohen das Rezept durchtelefoniert hat und Kestler als den Namen des Patienten ansah. Ross McLane, der Apotheker, fragte nach dem Anfangsbuchstaben des Vornamens, und er sagte J. Aber J kann sowohl Jacob, der Vater, heißen als auch Joseph, der Sohn.»
    «Ross McLane hat das Rezept am Telefon entgegengenommen?», fragte der Rabbi. «Hat er sich daran erinnert?»
    Lanigan nickte zustimmend. «Sie finden es seltsam, dass er sich an ein Rezept erinnert, das er vor vielen Tagen entgegennahm? Nun, er erinnert sich daran, weil ihm der Name Kestler etwas ganz Besonderes bedeutete. Denn sehen Sie, er hegte Groll gegen den alten Kestler.»
    «Also, dann …»
    Lanigan hob den Zeigefinger, um anzudeuten, dass er noch nicht fertig war. «An jenem Abend waren drei Apotheker im Town-Line Drugstore, und jeder einzelne von ihnen hegte einen Groll gegen den einen oder den anderen der Kestlers. Ross McLanes Groll richtete sich gegen den Vater; Marcus und Arnold Aptaker hegten beide Groll gegen den Sohn.»
    «Was für eine Art Groll?», erkundigte sich der Rabbi ungeduldig. «Bei Groll gibt es, genau wie bei anderen Dingen, eine ganze Gradskala. Der kleine Sohn meines Nachbarn hat zum Beispiel mein Kellerfenster zerbrochen, also könnte man behaupten, ich hegte einen Groll gegen ihn, aber nicht so sehr, wie wenn er die große Panoramascheibe im Wohnzimmer zerbrochen hätte. Und in keinem Fall wäre der Groll groß genug gewesen, um mich zu veranlassen, ihm Schaden zuzufügen, wenigstens keinen größeren Schaden als eine Tracht Prügel, die zwar ein ausgezeichnetes Mittel für seine Charakterentwicklung gewesen wäre, die aber wiederum bei seinen Eltern einen Groll gegen mich ausgelöst hätte, da sie von einer Bestrafung bei Kindern nichts halten, was wiederum überhaupt erst dazu geführt hat, dass er mein Fenster zerbrochen hat.»
    «Meinen Sie den kleinen Damon?» Lanigan lachte. «Von dem muss ich mir allmählich eine ganze Akte anlegen. In ein paar Jahren wird er vermutlich offiziell polizeinotorisch werden. Doch dieser Groll gegen die Kestlers kommt von Schlimmerem als einem zerbrochenen Keller- oder Panoramafenster.» Er berichtete kurz über die Schwierigkeiten, die jeder der drei Apotheker mit den Kestlers gehabt hatte. «Sie sehen also», fasste er zusammen, «dass jeder von ihnen einen guten Grund hatte, entweder den alten Kestler zu hassen oder den jungen.»
    «Und weil Sie meinen, Arnold hätte den stärksten Groll gehegt, deshalb verdächtigen Sie ihn?»
    «Aber nein, David! Zuerst verdächtigte ich McLane, vor allem, als wir feststellten, dass Marcus Aptaker vorn im Laden Kunden bediente und dass McLane die Rezepte anfertigte. Aber da wusste ich noch nicht, dass Arnold da gewesen war. Ich war überzeugt, den Schuldigen erkannt zu haben. Aber ich wollte nicht überstürzt handeln, vor allem, da Aptakers Geschäft möglicherweise darunter leiden würde und wo er doch im Krankenhaus lag. Als daher McLane einmal in einer anderen Angelegenheit herkam, bat ich ihn hier in mein Büro, und wir unterhielten uns eine Weile. Wir kamen auf den Grund zu sprechen, warum er seinen Laden verloren hatte, und er machte keinen Hehl aus seinem Hass auf Kestler.» Er rutschte, um die Bedeutung der nun folgenden Sätze zu betonen, auf seinem Schreibtischsessel nach vorn. «Und er zögerte keinen Augenblick zuzugeben, dass er sich, als er feststellen musste, dass das Rezept, das er am Telefon entgegennahm, für Kestler war – er erinnerte sich ganz genau –, dass er sich da gesagt hat, er würde lieber zur Hölle fahren, als für ihn ein Rezept anzufertigen, und dass er es Arnold überlassen hat. Also, wenn er nun Kestler etwas hätte antun wollen, dann hätte er bloß ein anderes Medikament zu nehmen und anschließend zu behaupten brauchen, es wäre das, was Cohen ihm durchtelefoniert hätte. Wie hätte der Doktor beweisen sollen, dass das nicht der Fall gewesen ist?»
    Der Rabbi schwieg; er dachte über die

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