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Am Mittwoch wird der Rabbi nass

Am Mittwoch wird der Rabbi nass

Titel: Am Mittwoch wird der Rabbi nass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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weißen Kittel neben Ross McLane in der Rezeptur arbeiten. Früher hatte ihm Jimmie, ein Schuljunge, beim Bedienen geholfen, aber der lieferte jetzt Waren aus, die letzten für diesen Abend, und würde nicht noch einmal zurückkommen.
    Bill Safferstein kam herein, blickte sich um und schritt zielbewusst auf den Besitzer zu, der gerade frei war. «Hören Sie, Aptaker, ich möchte …»
    «Tut mir Leid, Mr. Safferstein», sagte Aptaker mit einer Handbewegung zu den wartenden Kunden hinüber, «nicht jetzt. Wie Sie sehen, habe ich sehr viel zu tun. Ich habe keine Zeit, mit Ihnen zu sprechen.»
    «Oh, deswegen bin ich nicht hier. Es handelt sich um meine Frau. Sie ist krank. Könnten Sie mir das hier geben?»
    Aptaker warf einen Blick auf das Rezept. «Das wird aber ein paar Minuten dauern.»
    «Macht nichts, ich warte.» Er sah sich um. «Wie ich sehe, haben Sie einen zweiten Apotheker eingestellt!»
    «Mein Sohn», erklärte Aptaker stolz. Dann eilte er davon, weil ein Kunde nach ihm gerufen hatte.
     
    Jackie war widerspruchslos zu Bett gegangen und schon fast eingeschlafen, ehe ihn seine Mutter richtig zugedeckt hatte. Leah blickte im Zimmer umher, machte das Fenster zu und löschte das Licht. Dann spülte sie das Abendbrotgeschirr, stellte es fort und ging ins Wohnzimmer. Dort studierte sie das Fernsehprogramm in der Morgenzeitung; es enthielt zwar kaum etwas, das sie interessierte, aber sie schaltete den Apparat trotzdem ein. Es gab viel Rauschen, das Bild wackelte, und es schneite auf dem Schirm. Sie versuchte es mit den anderen Kanälen, immer mit demselben Resultat, und stellte den Fernseher ärgerlich ab.
    Vom Tisch nahm sie ein Buch, in dem sie während der letzten paar Tage gelesen hatte, aber sie konnte sich nicht konzentrieren und merkte, dass sie immer wieder denselben Satz las. Als sie feststellte, dass sie die Worte nur anstarrte, klappte sie das Buch zu und warf es auf den Tisch.
    Sie wanderte im Zimmer umher, rückte hier ein Bild zurecht, dort einen Sessel. Sie sah, dass das Barometer auf dem Kaminsims niedrig stand. Als sie drauf klopfte, ging es noch weiter herunter. Sie ging zum Fenster und starrte auf die Straße und das dahinter liegende Meer hinaus. Sie war ruhelos, wollte irgendetwas tun, wusste aber nicht was.
    Läge Jackie nicht da oben, wäre sie nicht ans Haus gefesselt. Dann könnte sie in den Wagen steigen und über dunkle Landstraßen fahren, bis sie vielleicht zu einer Imbissbude kam, wo sie eine Tasse Kaffee trinken konnte. Dort gab es einen Lastwagenfahrer, der das College absolviert hatte, mit einem am Hals weit offenen blauen Arbeitshemd und einer frech auf den Hinterkopf geschobenen Mütze, der mit seiner Tasse Kaffee an ihren Tisch kommen würde … Oder sie konnte barfuß im Dunkeln am Strand entlangschlendern, und das Wasser würde warm sein, sie würde aus den Kleidern schlüpfen und schwimmen gehen – schön lange. Sie würde sich auf den Rücken drehen und sich treiben lassen und das Geräusch eines anderen Schwimmers hören …
    Plötzlich wurde es taghell im Zimmer: Ein greller gezackter Blitz hatte im Wasser eingeschlagen. Dem Blitz folgte unmittelbar das Krachen von Donner, und im Haus gingen die Lichter aus. Dann kam der Regen. Leah lief zum Fenster. Die Straßenlaternen waren auch ausgegangen. Sie trat auf die Veranda hinaus und blickte die Straße hinauf und hinab. Alle Häuser waren dunkel, nur hier und da entdeckte sie in einem Fenster flackerndes Licht, weil die Leute Kerzen angezündet hatten. Sie ging wieder hinein und tastete sich in die Küche, wo sie einen Kerzenstumpf fand. In seinem Licht versuchte sie ihre Eltern anzurufen, aber es kam kein Rufzeichen, nur schwaches Summen. Wieder im Wohnzimmer, zog sie sich einen Hocker zum Fenster, kniete sich drauf, stützte die Arme auf die Fensterbank und starrte die Regentropfen an, die vom Straßenpflaster hochsprangen.
     
    Ross McLane nahm den Anruf entgegen, da er in der Rezeptur dem Telefon am nächsten war. Da er schwer hörte, neigte er schon normalerweise dazu, laut zu sprechen, am Telefon jedoch konnte man ihn im ganzen Laden hören: «Town-Line Drugstore … Wer? … Ach so, guten Abend, Doktor. Was kann ich für Sie tun? … Augenblick mal … So, legen Sie los … jawoll … Jawoll … Kestler, jawoll. Anfangsbuchstaben des Vornamens? J … Hab ich … Minerva Road siebenundvierzig? … Hm-hm … Okay … Himmel, nein, ich glaube nicht. Der Laufjunge ist schon weg … Ich glaube nicht, aber warten Sie mal

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