Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Am Montag flog der Rabbi ab

Am Montag flog der Rabbi ab

Titel: Am Montag flog der Rabbi ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
Vom Netzwerk:
er abermals einen langen Korridor und eine weitere Treppe passieren musste. Er blieb stehen, atmete ein paar Mal tief durch, um sich von dieser Anstrengung zu erholen, und schlenderte gemächlich zu Adoumis Büro.
    Er ließ sich nieder, stellte die Aktenmappe auf den Fußboden zwischen seine Beine. «Ihrer Frau geht es hoffentlich besser?»
    Adoumi bewegte die flache Hand hin und her. «Mal so, mal so. Dr. Ben Ami möchte sie noch mal ins Hadassa schicken zur Beobachtung und für ein paar weitere Tests. Er fährt einen Monat oder länger weg und hätte sie gern vor seiner Abreise dort.»
    «Einen Monat? Urlaub? Die Ärzte sorgen nicht schlecht für sich.»
    «Er soll zu einem Ärztekongress nach Genf. Dann zu einem anderen nach Valparaiso. Sie wissen doch, wie so was läuft. Sie tragen sich in die Liste ein, das heißt, sie haben offiziell dran teilgenommen, und dann setzen sie die Spesen von der Einkommensteuer ab. Auf die Art kommt er zu einer Weltreise, denn von Valparaiso aus spielt’s keine Rolle, ob er die westliche oder östliche Route nach Hause benutzt. Sie und ich haben Massel, wenn wir ’ne Woche freinehmen und nach Elath gehen können. Aber Ben Ami ist ein guter Kerl, und ich gönne es ihm.» Er schob einen Aktendeckel beiseite, damit Ish-Kosher Platz für seine Papiere hatte. «Na, haben Sie was?»
    Ish-Kosher zog eine Akte aus der Mappe. «Nur Routinekram über den Vater des Jungen. Bis vor kurzem war er Auslandskorrespondent für eine der amerikanischen Fernsehstationen. Sie erinnern sich vielleicht, er war als Nahost-Berichterstatter vor und während des Sechs-Tage-Krieges hier stationiert. Sein Hebräisch ist recht gut. Im Augenblick wohnt er im King David. Tut anscheinend nicht viel. Angeblich schreibt er ein Buch über die öffentliche Meinung in Israel. Er kommt mit Leuten ins Gespräch und nimmt’s auf Tonband. Benutzt ein verstecktes Gerät und ein Mikrophon am Rockaufschlag. Das Zimmermädchen sagt, er hat ’ne Menge Tonbänder, alle säuberlich etikettiert.»
    «Gehört sie zu Ihren Leuten?»
    «H-hm.»
    «Dann lassen Sie die Bänder kopieren.»
    «Okay. Ach ja, hier ist noch was Interessantes: eins von den Tonbändern ist ‹Memavet› beschriftet.»
    Adoumi zuckte die Achseln. «Wenn die Geschichte mit dem Wagenkauf stimmt, und das tut sie meiner Meinung nach, weil der Rabbi sie bestätigt hat, dann handelt sich’s wahrscheinlich nur um eine Aufzeichnung von der Zusammenkunft.» Er starrte ins Leere und murmelte: «Er geht rum und nimmt Gespräche auf Tonband, wie? Wenn man ein bisschen darüber nachdenkt, ist das ’ne hervorragende Tarnung. Er kann mit jedem reden und behaupten, er zeichnet das Gespräch auf, weil er’s möglicherweise in seinem Buch verwenden kann.»
    «Sie meinen, er ist Agent? CIA?»
    «Sämtliche amerikanischen Korrespondenten sind dabei», erklärte Adoumi sachlich. «Und wenn sie nicht sogar vom CIA bezahlt werden, tauschen sie wenigstens Informationen aus. Sonst noch was über ihn?»
    Ish-Kosher schüttelte den Kopf. «Nur dass er für ein paar Tage nach Tel Aviv gefahren ist. Er hat von dort im Hotel angerufen und wegen Telefongesprächen für ihn gefragt. Er wär für ein paar Tage im Sheraton , hat er gesagt.»
    «Im Sheraton ? Interessant.»
    «Was ist denn daran interessant?»
    «Ausgerechnet dort ist er gleich nach seiner Ankunft in Israel gewesen. Statt direkt nach Jerusalem zu fahren, ist er nach Tel Aviv und im Sheraton abgestiegen.»
    «Sie haben ihn beobachten lassen?»
    Adoumi lächelte verschlagen. «Nicht ihn. Eine rumänische Tänzerin, Primaballerina bei der rumänischen Balletttruppe, die in Tel Aviv aufgetreten ist. Olga Ripescu heißt sie. Russische Agentin. Sie haben wir beobachtet. Kaum hatte Stedman sich eingetragen, entdeckte sie ihn, und sie waren ’ne Weile zusammen. Was halten Sie davon?»
    «Sie könnten sich schon länger gekannt haben. Schließlich kommen diese Auslandskorrespondenten ganz hübsch rum.»
    «Stimmt, aber interessant ist es doch. Haben Sie irgendwas über diesen Rabbi rausgebracht?»
    «Nur was ich Ihnen erzählte, nachdem ich ihn befragt hatte», sagte Ish-Kosher. «Er wirkt absolut harmlos. Tut nicht viel, spaziert bloß in der Stadt rum, manchmal mit Stedman, geht gelegentlich morgens in die Synagoge …»
    «Und wohnt rein zufällig in Victory Street fünf, genau in dem Haus, nach dem sich jemand bei den Leuten von der Bürgermiliz erkundigt hat, und das ausgerechnet in der Nacht, als eine Straße weiter die

Weitere Kostenlose Bücher