Am Montag flog der Rabbi ab
Bombe explodierte», ergänzte Adoumi trocken.
«Das könnte reiner Zufall sein. Es beweist gar nichts.»
«Ach, Chaim, Sie sind Polizist. Sie denken ständig in Ihren Begriffen … Beweismaterial, das die Anklagevertretung dem Gericht vorlegen kann, eine Kette, die zu einem klaren Schluss führt. Aber im Geheimdienst haben wir für die Sicherheit des Staates zu sorgen und können uns den Luxus eines absolut hieb- und stichfesten Beweises nicht leisten. Wir suchen nach einem bestimmten Schema, nach irgendwelchen auffälligen, absonderlichen Einzelheiten.»
«Was bezeichnen Sie in diesem Fall als absonderlich?»
«Chaim, Chaim, es wimmelt doch nur so von absonderlichen Dingen. Nehmen Sie jeden Einzelnen von den Leuten, mit denen wir’s zu tun haben. Jeder benimmt sich alles andere als normal. Fangen wir mit Stedman an. Er kommt in Israel an, und was macht er? Statt direkt nach Jerusalem zu fahren, wo sein Sohn ist, geht er zuerst auf ein paar Tage nach Tel Aviv.»
«Aber er hat dort Freunde …»
«Erklären kann man das natürlich, trotzdem bleibt’s ein bisschen merkwürdig, wo er seinen Sohn ’ne ziemliche Zeit nicht gesehen hat. Er könnte doch genauso gut später nach Tel Aviv fahren. Es ist sogar sonderbar, dass ihn sein Sohn nicht am Flugplatz abgeholt hat. Aber darüber hinaus ist eine der ersten Personen, die er in Tel Aviv trifft, die Ripescu, eine bekannte Agentin. Also das ist schon wirklich eigenartig. Doch damit noch nicht genug. Er kommt nach Jerusalem und hat eine absonderliche Beschäftigung, die sehr wohl als Tarnung dienen könnte. Sie ermöglicht es ihm, mit jedem scheinbar in aller Harmlosigkeit zu reden. Kein Treffen an besonderen Orten, keine im Vorbeigehen geflüsterten Mitteilungen, sondern alles offen und ehrlich. Würden wir ihn stellen und fragen, wieso er sich mit jemand unterhalten hat, den wir beobachten, erklärt er seelenruhig, das ist seine normale Methode, Material zu sammeln.»
«Aber überlegen Sie doch mal … wenn ihm dabei irgendwelche Mitteilungen zugespielt würden, wären sie ja auf dem Tonband als Beweis gegen ihn.»
«Nein, Chaim, für so töricht würde ich ihn nicht halten. Wäre die Information gefährlich, würde er einfach das Band löschen. Wenn ihn einer unserer Leute auf der Straße stellen würde, könnte er mit einer Hand in der Tasche das Tonband sofort löschen, während ihn unser Mann am Arm festhält. Glauben Sie mir – da stecken phantastische Möglichkeiten drin, ein Buch zu schreiben, in dem Gespräche auf der Straße verwendet werden. Ist Ihnen mal der Gedanke gekommen, Chaim, dass er derjenige gewesen sein könnte, der die Bürgermiliz nach Victory Street fünf gefragt hat? In diesem Fall hätten wir noch eine weitere Absonderlichkeit.»
«Denkbar. Das ließe sich vermutlich feststellen. Wir könnten uns den Mann von der Bürgermiliz schnappen und ihn ins King David bringen.» Ish-Kosher schien die Aussicht auf eine bestimmte Arbeit zu erfreuen.
«Der Versuch könnte sich lohnen», meinte Adoumi. «Aber machen wir erst mal weiter. Als nächstes stoßen wir auf ihn in Zusammenhang mit Memavet. Und ausgerechnet am Abend des Tages, an dem er ihn aufsucht, wird ein Sprengstoffanschlag auf Memavets Wohnung verübt. Also das ist schon verdammt eigenartig.»
«Fraglos ein interessantes Zusammentreffen, vor allem, wenn er es war, der mit dem Mann von der Bürgermiliz gesprochen hat, denn das würde ihn mit beiden Anschlägen in Verbindung bringen.»
Adoumi geriet immer mehr in Fahrt. «Und nun das Interessanteste: Er ist der Vater von Roy Stedman, der nicht nur genau zum passenden Zeitpunkt für den Anschlag auf Memavets Wohnung am Schauplatz war, sondern der zudem noch mit Abdul El Khaldi befreundet ist. Und für den wiederum interessieren wir uns schon seit langem.»
«Haben Sie ihn mal zum Verhör hier gehabt?»
Adoumi schüttelte den Kopf. «Nein, er ist ein Intellektueller. Die arabischen Intellektuellen fassen wir mit Glacéhandschuhen an, besonders wenn sie Studenten an der Universität sind. Regierungspolitik, und soweit es möglich ist, respektieren wir das. Aber weiter. Dass Roy seinen Vater nicht am Flugplatz abgeholt hat, habe ich bereits als sonderbar erwähnt. Und ebenso eigenartig ist es, dass ein Jude so freundschaftlich mit den Arabern steht. Aber nehmen Sie die beiden zusammen, Vater und Sohn, und schon haben Sie eine weitere seltsame Tatsache. Wir behalten den Pass des Jungen ein, und statt das Normale zu tun, nämlich beim
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