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Am Montag flog der Rabbi ab

Am Montag flog der Rabbi ab

Titel: Am Montag flog der Rabbi ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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die Gelegenheit beim Schopf. «Gut, das werde ich tun. Kommen Sie irgendwann nächste Woche vorbei, dann sag ich Ihnen, was mir eingefallen ist.»
    «Nein, nein. Jetzt gleich. Auch wenn Sie bei der Arbeit sind, behalten Sie den Vordergrund des Büros, wo sein Schreibtisch steht, doch irgendwie im Auge. Hab ich Recht?»
    «Wenn ich arbeite, arbeite ich. Dann kümmere ich mich nur um das, was ich gerade mache …»
    «Sicher, aber von Zeit zu Zeit schauen Sie doch mal hoch. Sie müssen unterbrechen, weil Sie ein anderes Werkzeug brauchen. Da bleibt’s nicht aus, dass Sie sehen, wer bei ihm neben dem Schreibtisch sitzt.»
    «Von mir aus. Ich sehe also jemand neben dem Schreibtisch sitzen.»
    «Und wenn’s Krach gibt, würden Sie doch zuhören. Was wollen Sie dagegen machen? Ist ja nur menschlich. Erzählen Sie mir bloß nicht, Sie hätten Memavet nie mit einem Kunden streiten hören.»
    «Wer erzählt denn das? Freilich hab ich so was gehört.»
    «Haben Sie mal einen Kunden erlebt, der so wütend war, dass er türenknallend abgezischt ist …?»
    «Ich will Ihnen mal was sagen, junger Mann, im Geschäffsleben hauen die Kunden oft türenknallend ab, aber später kommen sie gewöhnlich zurück. Wenn Sie Geschäftsmann wären, wüssten Sie das.»
    «Sicher», sagte der Sergeant liebenswürdig, «und ich geh jede Wette ein, dass Memavet oft hinterher zu Ihnen gekommen ist und Ihnen davon erzählt hat. Vielleicht haben Sie beide dann gelacht, und Sie haben ihn beruhigt: ‹ Keine Aufregung, der kommt schon wieder.›»
    «Wieso nicht? Wenn zwei Leute in denselben Räumen arbeiten, sprechen sie sich gegenseitig Mut zu, falls sie nicht gerade Konkurrenten sind.»
    «Sehr richtig. Und jetzt sagen Sie mir – ist mal jemand so wütend geworden, dass er gedroht hat, er würde mit ihm abrechnen? Ich denke da an einen jungen Mann, einen Ausländer, Amerikaner, um genau zu sein …»
     
    Am frühen Abend schlenderten Roy und Abdul nach dem Dinner die Straße entlang. Als sie zu Roys Wohnhaus kamen, löste sich eine Gestalt aus dem Schatten. Mahmud.
    Roy grüßte ihn, und Mahmud lächelte zurück. Dann sprach er in schnellem Arabisch mit Abdul. «Ich dachte mir, dass du hierher kommst», sagte er. «Ich hab dich gesucht. Sie haben Leila geschnappt.»
    «Das ist schlecht. Meinst du, sie wird reden?»
    Mahmud zuckte die Achseln. «Wenn’s andersrum wäre und wir eine von ihnen gegriffen hätten, die was wüsste – also ich würde sie bestimmt zum Reden bringen.»
    «Vermutlich hast du Recht. Was wirst du nun unternehmen?»
    «Ich hab was in der Altstadt, wo ich hin kann. Ich schlage vor, du gehst nach Norden.»
    «Das wäre wahrscheinlich ratsam. Dazu brauch ich aber den Wagen.»
    «In ’ner halben Stunde kann ich ihn herbringen.»
    «Gut. Wir hauen dann ab.»
    «Wir? Du meinst – den Amerikaner?»
    «Genau. Ich will versuchen, ihn mitzunehmen. Sozusagen als Rückversicherung.»
    Als sie die Treppe hochgingen, fragte Roy: «Was wollte er denn von dir?»
    Abdul wartete, bis Roy die Tür geöffnet und das Licht angeknipst hatte. Dann sagte er: «Mein Onkel verheiratet eine seiner Töchter. Es gibt ein großes Fest, das mehrere Tage dauert. Mahmud und ich sind dazu eingeladen.»
    «Fahrt ihr hin?»
    «Mahmud kann nicht weg von seiner Arbeit. Er will mir seinen Wagen leihen, aber es ist eine ziemliche Strecke. Mein Onkel wohnt in Galiläa. Ich bin nicht scharf darauf, zwei oder drei Stunden allein in der Nacht zu fahren.»
    «Dann fahr doch morgen früh …»
    Abdul schüttelte den Kopf. «Das verstehst du nicht. Die ganze Familie versammelt sich dort, und wenn ich nicht heute Nacht hinkomme, sind die besten Zimmer und Betten weg. Nein, falls ich überhaupt fahre, muss ich noch am Abend los.»
    «Na, das ist ja … hör mal, hat Mahmud was von mir gesagt? Kam mir so vor, als hätte ich das Wort ‹ Amerikaner› aufgeschnappt.»
    «Ach, das war was anderes. Doch, er hat dich erwähnt.» Er wurde sachlich. «Als er hier gewartet hat, ist die Polizei gekommen und hat bei dir geläutet.»
    «Wirklich? Vielleicht wollten sie mir meinen Pass zurückbringen.»
    Abdul schüttelte den Kopf. «Es waren zwei. Um deinen Pass abzuliefern, brauchen sie keine zwei Leute. Er hörte den einen sagen, sie könnten ja morgens nochmal wiederkommen.»
    «Hm … was meinst du, was ich tun sollte?»
    Abdul überlegte. «Ich glaube, wenn du ein paar Tage von der Bildfläche verschwindest, während dein Vater die Sache in Tel Aviv regelt, würde das …»

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