Am Rande Der Schatten

Titel: Am Rande Der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks

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Achseln. »Komm mit oder geh zugrunde.«
    »Kannst du mich nicht zurücklassen?« Baron Kirof war jämmerlich. Ferl hatte ihn mitgenommen, weil er nicht wusste, was geschehen würde, wenn er floh. Und er hatte ein Faustpfand gebraucht. Aber vielleicht war es ein Fehler gewesen. Der fette Mann hielt ihn auf.
    »Sie wollen Euch lebend. Wenn Ihr hierbleibt, wird dieser Vürdmeister mich vom Fels sprengen. Wenn Ihr bei mir seid, tut er es vielleicht nicht.«
    »Vielleicht nicht?«
    »Bewegt Euch, Fettwanst!«
    Ferl Khalius betrachtete grimmig die dunklen Wolken. Sein Stamm, der der Iktana, war ein Bergstamm. Er war einer der besten Kletterer, die er kannte, aber er hatte das Klettern nie gemocht. Die Schlacht mochte er. Die Schlacht gab einem das Gefühl, lebendig zu sein. Aber das Klettern war launenhaft, die Berggötter kapriziös. Er hatte einen erfahrenen Mann in den Tod stürzen sehen, der sein Gewicht auf einen Stein verlagerte, der Ferl - der schwerer war - nur einen Moment zuvor noch getragen hatte. In der Schlacht konnte man natürlich von einem verirrten Pfeil getötet werden, aber man konnte kämpfen. Der Tod kam vielleicht trotzdem, doch er würde einen nicht voller Angst vorfinden, während man sich mit schweißfeuchten
Fingern an ein Stück Fels klammerte und Gebete in den nächsten Windstoß flüsterte.
    Diese vor ihnen liegende Traverse war keinesfalls die schlimmste, die er gesehen hatte. Sie stieg vielleicht dreißig oder vierzig Meter in die Höhe und war über die ganze Strecke schmal, vielleicht einen knappen Meter breit. Ein Meter war verdammt breit. Es war der steile Abgrund, der diesen Meter um so vieles schmaler erscheinen ließ. Das Wissen, dass man, wenn man ausrutschte, absolut keine Chance hatte, sich wieder zu fangen, dass Stolpern den sicheren Tod bedeutete, das machte einem zu schaffen.
    Es machte Fettwanst Kirof zu schaffen.
    Und Fettwanst war wichtig genug, dass der Gottkönig einen Vürdmeister hinter ihnen hergeschickt hatte.
    »Ihr geht als Erster, Fettwanst. Ich übernehme die gesamte Ausrüstung, aber das ist alles an Gnade, was Ihr bekommen werdet.«
    Es war keine Gnade. Es war praktische Erwägung. Der Fettwanst würde mit einem Rucksack langsamer werden, und falls er abstürzte, wollte Ferl seine Vorräte nicht verlieren.
    »Ich kann das nicht«, sagte Baron Kirof. »Bitte.« Schweiß rann ihm über das runde Gesicht. Sein kleiner roter Schnurrbart zitterte wie der eines Kaninchens.
    Ferl zog sein Schwert, das Schwert, das zu schützen er so viel gegeben hatte, das Schwert, das ihn zu einem Kriegsfürsten machen würde. Das war alles, was ein Kriegsfürst sich wünschen konnte: ein perfektes Schwert mit Hochlandrunen auf dem Stahl, die Ferl erkannte, aber nicht lesen konnte.
    Er gestikulierte mit dem Schwert, ein kleines Achselzucken, das sagte: »Geh ein Risiko bei dem Pfad ein, oder geh dein Risiko mit dem Schwert ein.«

    Der Baron starrte auf den Pfad. Er murmelte zu leise vor sich hin, als dass Ferl ihn hätte hören können, aber es klang, als bete er.
    Überraschenderweise kam der Fettwanst gut voran. Ferl musste ihn einmal mit der flachen Seite seiner Klinge schlagen, als er erstarrte und nicht mehr weiterwollte. Für solche Mätzchen hatten sie keine Zeit. Wenn sie sich nicht weit genug von dem Vürdmeister wegbewegten, war Ferl tot. Er hatte beschlossen, nach Fettwanst über den Weg zu gehen, weil das die einzige Möglichkeit war, den Mann in Bewegung zu halten, aber es bedeutete auch, dass er jedweder Magie ausgesetzt war, die der Vürdmeister nach ihnen schleuderte. Wenn sie nicht weit genug entfernt waren, um den Vürdmeister dazu zu bringen, sich Sorgen zu machen, dass er den Baron töten könnte, würde alles vorbei sein.
    Die Aussicht war atemberaubend. Sie hatten den mittleren Teil der gefährlichen Querung hinter sich gelassen und konnten fast bis in die Unendlichkeit blicken. Ferl glaubte, Cenaria-Stadt sehen zu können, weit im Nordwesten. Das ließ es so scheinen, als seien sie kaum vorangekommen. Aber Ferl interessierte sich nicht für die wolkenlosen Weiten im Norden. Er interessierte sich für das leise Kribbeln, das er gerade auf der Haut gespürt hatte. Schnee.
    Er blickte auf.
    Der Böenkragen der schwarzen Wolkenwand war direkt über ihnen.
    Fettwanst blieb stehen. »Der Pfad wird schmaler.«
    »Der Vürdmeister hat den Wald jetzt hinter sich. Wir haben keine Wahl.«
    Der Baron schluckte und begann vorwärtszuschlurfen, das Gesicht an den Fels