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Am Rande Der Schatten

Titel: Am Rande Der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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dich auf der anderen Seite«, sagte er grinsend. Es war die falsche Bemerkung gewesen. Ulys Augen füllten sich mit Tränen. »Nur zu«, sagte er in sanfterem Tonfall. »Mir wird schon nichts passieren.« Sie ging, und als sie außer Sichtweite war, begann sein Gesicht zu schimmern. Kylars hagerem, jungem Gesicht wuchs ein Doppelkinn, ein roter Bart begann nach khalidorischer Mode zu sprießen, seine Nase wurde schief, und seine Augenbrauen wurden zu dicken, breiten Büscheln. Jetzt war er Baron Kirof.
    Er zog einen Handspiegel hervor und betrachtete sich stirnrunzelnd. Die falsche Nase schrumpfte ein wenig. Er öffnete den Mund, lächelte, runzelte die Stirn und zwinkerte, um festzustellen, wie das Gesicht sich bewegte. Es war nicht gut, aber es würde genügen müssen. Uly hätte ihm geholfen, das Gesicht richtig hinzubekommen, aber je weniger sie über seine Talente wusste, umso besser. Er machte sich auf den Weg zum verabredeten Pier.
    »Bei allen Göttern«, sagte Herzog Tenser Vargun, als er näher kam. »Seid Ihr das?« Selbst im Licht der Fackeln am
Ende des Piers sah der Herzog verschwitzt und totenbleich aus.
    »Herzog Vargun, ich habe Eure Nachricht erhalten«, erwiderte Kylar laut, während er die Hand ausstreckte und das Handgelenk des Herzogs umfasste. Dann senkte er die Stimme. »Es wird schon gutgehen. Macht einfach alles so, wie wir es geplant haben.«
    »Baron Kirof, vielen Dank«, sagte der Herzog ein wenig dramatisch, bevor er die Stimme wieder senkte. »Ihr seid also der Spieler.«
    »Ja. Lasst uns versuchen, mich nicht um meine Arbeit zu bringen.«
    »Ich habe noch niemals zuvor jemanden getötet.«
    »Dann lasst uns dafür sorgen, dass Ihr es heute Nacht nicht zum ersten Mal tut«, entgegnete Kylar. Er betrachtete den juwelenbesetzten Dolch im Gürtel des Herzogs. Es war ein Erbstück der herzoglichen Familie, und sein unerklärlicher Verlust würde Teil des Beweises dafür sein, dass der Herzog Baron Kirof tatsächlich getötet hatte. »Wenn Ihr das tut, werdet Ihr ins Gefängnis gehen, und zwar nicht in ein besonders nettes. Wir können die Sache immer noch abblasen.« Kylar wedelte mit den Händen, während er sprach, wie der echte Baron Kirof es tat, wenn er nervös war.
    »Nein, nein.« Der Herzog klang, als versuche er sich selbst zu überzeugen. »Habt Ihr so etwas schon zuvor getan?«
    »Jemanden hereingelegt, indem ich mich als jemand anderer ausgebe? Sicher. So getan, als würde ich getötet? Nicht so oft.«
    »Keine Bange«, sagte der Herzog. »Ich …« Sein Blick flackerte an Kylar vorbei, und im nächsten Moment klang seine Stimme gepresst vor Angst. »Sie sind hier.«

    Kylar zuckte vor dem Herzog zurück, als sei er erschrocken. »Ist das eine Drohung?«, blaffte er. Es war nur eine mittelmäßige Imitation der Stimme des Barons, aber Blut verdeckt eine Vielzahl schauspielerischer Sünden.
    Der Herzog packte ihn am Arm. »Ihr werdet tun, was ich Euch sage!«
    »Oder was? Der Gottkönig wird davon erfahren.« Jetzt hatten sie definitiv die Aufmerksamkeit der Wachen.
    »Ihr werdet nichts sagen!«
    Kylar riss seinen Arm los. »Ihr seid nicht klug genug, um den Thron für Euch zu erobern, Herzog Vargun. Ihr seid ein Feigling und …« Er senkte die Stimme. »Ein Stich. Die Blutblase befindet sich direkt über meinem Herzen. Alles andere übernehme ich.« Er verzog Baron Kirofs Gesicht zu einem höhnischen Grinsen und wandte sich ab.
    Der Herzog hielt Kylar am Arm fest und riss ihn zurück. Mit einer wilden Bewegung rammte Vargun den Dolch - nicht in die mit Blut gefüllte Schafsblase, sondern in Kylars Magen. Er stach einmal zu, zweimal, dann wieder und wieder. Rückwärts taumelnd senkte Kylar den Blick. Seine cremefarbene Seidenrobe war durchnässt von rotschwarzem Blut. Tensers Hände waren blutverschmiert, und rote Flecken sprenkelten das Blau seines Umhangs.
    »Was tut Ihr da?«, stieß Kylar erstickt hervor; die Pfeife, die am anderen Ende des Piers geblasen wurde, hörte er kaum. Er taumelte und griff nach dem Geländer, um sich aufrecht zu halten.
    Heftig schwitzend, das schwarze Haar schlaff herabhängend, ignorierte ihn Herzog Vargun. Jede Spur des zögerlichen, unsicheren Adligen, der er noch vor einer Minute gewesen war, verschwand. Er packte Kylar an den Haaren und
hatte Glück dabei. Einen Zoll weiter vorn, und er hätte das illusionäre Gesicht, das Kylar trug, zerstört.
    Als Schritte über den Pier hallten, ließ Herzog Vargun Kylar auf die Knie fallen. Mit vor

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