Am Rande Der Schatten
Männer beeindruckte. Theoretisch konnte jeder Magus sich selbst heilen, aber aus irgendeinem Grund funktionierte es nicht nur oft nicht, es war auch ungeheuer schmerzhaft, mehr als die kleinste Wunde zu heilen. Es war, als müsse der Patient während der gesamten Zeit der Heilung jeden Schmerz, jedes Ungemach und jeden Juckreiz spüren, den eine Wunde ihm zugefügt hätte. Wenn ein Magus einen anderen heilte, konnte er den Patienten betäuben. Wenn er sich selbst heilte, konnte
eine Betäubung zu Fehlern und Tod führen. Weibliche Magi, Magae, dagegen hatten solche Probleme nicht. Sie heilten sich regelmäßig.
»Du bist unglaublich«, sagte Solon. »Wie machst du das?«
»Es ist nur eine Frage der Konzentration«, antwortete Dorian. »Ich hatte jede Menge Übung.« Er lächelte und schüttelte sich, als streife er seine Müdigkeit ab, und plötzlich war sein Gesicht lebhaft, und er war auf eine Weise präsent, die immer seltener wurde.
Solon wirkte bekümmert. Dorians Wahnsinn war unumkehrbar. Er würde wachsen, bis sein Freund ein plappernder Idiot war, der draußen oder in Scheunen schlief. Man würde ihm keinerlei Beachtung mehr schenken, und er würde in jedem Jahr nur ein oder zwei Augenblicke der Klarheit haben. Manchmal würden diese Augenblicke kommen, wenn niemand in der Nähe war, dem er erzählen konnte, was er erfahren hatte.
»Beruhige dich«, sagte Dorian zu Solon. »Ich hatte gerade eine Offenbarung.« Er sagte es mit einem kleinen Grinsen, um sie wissen zu lassen, dass es wirklich eine Offenbarung gewesen war. »Wir gehen in die falsche Richtung. Zumindest du tust es«, fügte er hinzu und deutete auf Feir. »Du musst Curoch nach Süden folgen, nach Ceura.«
»Was soll das heißen?«, fragte Feir. »Ich dachte, wir würden dem Schwert schon folgen. Wie dem auch sei, mein Platz ist bei dir.«
»Solon, du und ich müssen nach Norden gehen, nach Schreiende Winde«, erklärte Dorian.
»Moment mal«, wandte Feir ein.
Aber Dorians Augen waren wieder glasig geworden. Er war fort.
»Entzückend«, sagte Feir. »Einfach entzückend. Ich schwöre, das macht er mit Absicht.«
4
Es war nach Mitternacht, als Jarl in der kleinen Hütte der Cromwylls zu ihnen stieß. Er kam mehr als eine Stunde zu spät. Elenes Ziehmutter schlief in dem Schlafzimmer, das sie alle sich teilten, daher saßen Kylar, Elene und Uly im vorderen Zimmer. Uly war an Kylar gelehnt eingeschlafen, aber sie fuhr bei Jarls Eintritt sofort erschrocken hoch.
In was für einen Schlamassel ziehe ich dieses kleine Mädchen hinein? , dachte Kylar. Aber er drückte sie nur an sich, und als sie richtig wach war, beruhigte sie sich verlegen.
»Entschuldigt«, sagte Jarl. »Die Bleichen … bestrafen das Labyrinth für den Mordversuch. Ich wollte hingehen, um nach einigen Dingen zu sehen, aber sie haben die Brücken abgesperrt. Heute ist kein Bestechungsgeld hoch genug.« Kylar konnte erkennen, dass Jarl Einzelheiten vermied, weil Uly im Raum war, aber wenn man bedachte, wie schlimm es vor dem Mordversuch im Labyrinth ausgesehen hatte, konnte Kylar sich kaum vorstellen, wie es heute Nacht dort sein musste.
Kylar fragte sich, wie viel schlimmer es wohl gewesen wäre, wenn der Gottkönig tatsächlich getötet worden wäre. Gewalt erzeugt Gewalt, in der Tat. »Bedeutet das, dass der Auftrag abgesagt ist?«, erkundigte er sich, damit Elene und Uly keine weiteren Fragen wegen des Labyrinths stellen würden.
»Nein, ist er nicht«, erwiderte Jarl. Er reichte Elene eine Börse. Sie wirkte verdächtig leicht. »Ich habe mir die Freiheit genommen, die Torwachen im Voraus zu bestechen. Der Preis ist bereits gestiegen, und ich garantiere, dass er morgen erneut steigen wird. Du hast die Liste der Uhrzeiten, zu denen die bestochenen Wachen in dieser Woche arbeiten?« Jarl öffnete ein Bündel und nahm eine cremefarbene Robe, Hosen und hohe schwarze Stiefel heraus.
»Ich habe sie auswendig gelernt«, sagte Kylar.
»Hör mal«, meldete Elene sich zu Wort, »ich weiß, dass Kylar es gewohnt ist, Aufträge zu übernehmen, ohne nachzufragen und ohne zu wissen, warum er tut, was er tut, aber ich muss diese Angelegenheit verstehen. Warum bezahlt jemand Kylar fünfhundert Gunder dafür, dass er seinen Tod vortäuscht? Das ist ein Vermögen!«
»Nicht für einen khalidorischen Herzog. Und soweit ich es mir zusammenreimen konnte, hat es damit Folgendes auf sich«, sagte Jarl. »Die Herzöge in Khalidor sind nicht wie unsere Herzöge, weil der Adel in
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