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Am Rande Der Schatten

Titel: Am Rande Der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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klären. Ein Nachbar hatte Kylar weggehen sehen, einen Körper über die Schulter gelegt, einen gutaussehenden jungen Mann mit dunkler Haut, dessen Haar in winzige, mit Goldperlen besetzte Zöpfe geflochten war. Elene wusste sofort, dass es Jarl sein musste. Nachdem Kylar mit dem leblosen Mann fortgegangen war, hatte der Nachbar eilends die Wachen geholt.
Die Wachen hatten erst die halbe Strecke zum Haus zurückgelegt, als ihnen die Ehefrau des Nachbarn entgegengekommen war, die ungefähr eine Minute vor Ulys Rückkehr gesehen hatte, wie eine Frau mit einem Bogen das Haus betreten hatte. Später war sie dann mit dem Mädchen fortgegangen. Aufgrund der Beweise vermutete die Wache, dass die Frau die Mörderin war - Gott sei Dank -, aber sie wollten trotzdem mit Kylar reden.
    Elene lag spät in der Nacht im Bett, trauerte um Jarl und versuchte, das Ganze zu begreifen. Warum war Jarl hergekommmen? Weil er in Gefahr war? Weil er wollte, dass Kylar einen Auftrag übernahm? Hatte er sie nur besuchen wollen? Nun, Jarl war zu wichtig, als dass er Cenaria aus einer Laune heraus verlassen hätte, und wenn er fortgegangen war, weil ihm Gefahr drohte, hätte er Leibwächter bei sich gehabt. Also war Jarl - durch ein Missgeschick? - getötet worden, während er versucht hatte, sich Kylars Dienste zu versichern. Kylar hatte entweder den Auftrag angenommen, oder er war fortgegangen, um Rache zu üben. So oder so, er war vor Ulys Entführung aufgebrochen. Möglicherweise wusste er gar nichts davon.
    Am Mittag des nächsten Tages war Kylar noch immer nicht zurückgekehrt. Es klopfte an der Tür, und Elene beeilte sich, sie zu öffnen. Es war einer der Wachposten vom vergangenen Tag.
    »Ich dachte nur, Ihr solltet es wissen«, sagte der junge Mann. »Wir haben sobald wir konnten mit den Torwächtern gesprochen, aber sie arbeiten in verschiedenen Schichten, und es ist schwierig, allen eine Nachricht zukommen zu lassen. Eine Frau, auf die die Beschreibung der Mörderin passt, hat die Stadt gestern in nördlicher Richtung verlassen. Sie hatte ein kleines Mädchen bei sich. Wir haben bereits Männer hinter
ihr hergeschickt, aber sie hat einen ziemlichen Vorsprung. Es tut mir leid.«
    Nachdem der Wachposten wieder gegangen war, sahen Braen und Tante Mea Elene an, als erwarteten sie, dass sie in Tränen ausbrechen würde.
    »Ich gehe Uly suchen«, sagte Elene stattdessen.
    »Aber …«, begann Tante Mea.
    »Ich weiß, glaub mir, ich weiß, dass ich die letzte Person bin, die das tun sollte. Aber was könnte ich denn sonst tun? Wenn Kylar hierher zurückkommt, sagt ihm, wohin ich gegangen bin. Er wird mich einholen, davon bin ich überzeugt. Wenn er die Verfolgung bereits aufgenommen hat, umso besser. Aber wenn er nichts von Ulys Entführung weiß, bin ich vielleicht ihre einzige Chance.«
    Tante Mea öffnete den Mund, um abermals zu protestieren, dann schloss sie ihn wieder. »Ich verstehe.«
    Elenes Sachen passten in einen kleinen Beutel, und als sie nach unten kam, hatte Tante Mea ihr bereits genug Essen für eine Woche eingepackt. »Wird Braen sich verabschieden?«, fragte Elene.
    Tante Mea begleitete Elene nach draußen. »Braen verabschiedet sich auf seine eigene Art.« Vor der Werkstatt stand ein gesatteltes Pferd. Es war stämmig und sah sanft aus. Elenes Augen füllten sich mit Tränen. Sie hatte gedacht, dass sie zu Fuß gehen würde. »Er sagt, er habe in letzter Zeit einige große Bestellungen bekommen«, bemerkte Tante Mea, die offensichtlich stolz auf ihren Sohn war. »Geh jetzt, Kind, und möge der Gott mit dir sein.«
     
     
    Kylar stand vor dem Grab, das er ausgehoben hatte, und tat sein Bestes, sich zu betrinken. Bis zur Morgendämmerung
waren es noch zwei Stunden. Auf dem Friedhof war alles still. Die einzigen Geräusche waren die im Wind raschelnden Blätter und die Klagen der nächtlichen Insekten. Kylar hatte diesen Friedhof ausgewählt, weil er auf seinem Weg aus der Stadt hinaus der schönste war. Nachdem er den Shinga getötet hatte, hatte er den Mann ausgeraubt, sodass er jetzt reichlich Geld besaß, und Jarl verdiente das Beste. Wenn der Grabhüter Wort hielt, würde hier in einer Woche sogar ein Grabstein stehen.
    Sie gaben ein beachtliches Paar ab. Jarl lag neben dem Loch auf dem Boden, das Blut von dunklerem Schwarz als seine Haut. Seine Glieder wurden langsam steif. Kylar hatte mehr Blutspritzer abbekommen als sein toter Freund; Blut trocknete entlang seiner Gliedmaßen und wurde brüchig, während er

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