Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Am Rande des Abgrunds: Thriller (German Edition)

Am Rande des Abgrunds: Thriller (German Edition)

Titel: Am Rande des Abgrunds: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire McGowan
Vom Netzwerk:
dumm, aufzuspringen und zu versuchen, ihn zu umarmen. Man war hier allerdings netter zu ihr, als sie das aus dem amerikanischen Kino kannte.
    »Sie bleiben bitte sitzen, Miss.« Der Wärter war ein moppeliger Daddy-Typ. Charlotte hielt einen hysterischen Aufschrei zurück; sie musste sich wirklich beruhigen.
    Sie hatte immer gedacht, Verbrechen wären etwas, das andere Leute begingen, ein ganz anderer Menschentypus. Ihr wäre nie in den Sinn gekommen, dass man einfach so ins Straucheln geraten und stürzen konnte – und dabei womöglich mit jemandem zusammenprallte, dessen ganzes Leben man, ohne es zu wollen, aus der Bahn warf. Aus diesem Grund war Dan jetzt hier, in diesem fahlen Licht: weil er gestrauchelt und gestürzt war. Mehr brauchte es nicht.
    Am anderen Ende des Raums gab es einen Stand, an dem Ehrenamtliche Tee, Schokoriegel und so etwas verkauften. Es war der von dort ausgehende ekelhafte Geruch von angebranntem Kaffee, den Charlotte nicht mehr vergessen sollte, wenn sie später daran dachte, was Dan als Nächstes zu ihr sagte.
    Einen Moment lang verstand sie nicht, weshalb er immer noch dort stand und sie anstarrte. »Was ist denn mit deinem Gesicht passiert?«
    Natürlich – er wusste ja nichts davon, dass sie zusammengeschlagen worden war. »Ach, das ist nichts. Ich bin … na ja, ich bin im Gerichtsgebäude überfallen worden. Aber es ist halb so wild.«
    Einige Sekunden lang sagte er nichts darauf. Dann: »Wegen mir?«
    »Ich weiß es nicht. Das ist nichts, wirklich nicht. Bitte, Baby, setz dich hin.«
    »Ich hätte nicht gedacht, dass du heute kommst«, murmelte Dan, nachdem er sich gesetzt und seinen Stuhl zurückgeschoben hatte.
    Sie griff über den Tisch hinweg nach seiner Hand. »Natürlich komme ich! Es ist das erste Mal, dass ich dich besuchen darf. Sie haben gesagt …«
    »Ich meinte, wegen gestern.« Er verzog das Gesicht. »Ich hab die ganze Zeit daran gedacht. Ich bin sogar immer wieder aufgewacht, weil ich dachte, ich komm zu spät zur Trauung.«
    »Es ist nicht deine Schuld«, zwang sie sich zu sagen.
    Er lachte. Es war ein schrecklicher Laut. »Wessen Schuld ist es denn sonst? Ich werde mir das nie verzeihen. Schau dich doch mal an, um Himmels willen, dein Auge! Du siehst ja aus wie eine misshandelte Ehefrau.«
    Er sagte das so sachlich-nüchtern, dass es ihr Angst machte. »Das heilt wieder, hat der Arzt gesagt. Es ist nicht so schlimm.« Sie zog seine Post hervor, die man am Eingang auf Heftklammern und etwaige scharfe Kanten durchsucht hatte. »Tut mir leid, Baby. Das hier ist für dich gekommen.«
    Dan verzog den Mund, als er sein Kündigungsschreiben überflog. »Das war ja klar. Jetzt wollen sie natürlich nichts mehr mit mir zu tun haben.«
    »Aber du hast viele Jahre da gearbeitet, manchmal rund um die Uhr. Das ist nicht fair.«
    »Das kümmert die doch einen Scheißdreck. Die haben’s mit der Angst bekommen. Die wollen nicht, dass ich ausplaudere, was ich im vergangenen Jahr alles machen musste und wie gestresst ich war … Nein, die wollen mich aus dem Weg räumen.« Er beugte sich vor, und sein Blick huschte kurz durch den Raum. »Hör zu. Ich hab mit so was gerechnet. Bei uns zu Hause gibt es eine Schublade.« Jetzt flüsterte er. »In meinem Schreibtisch. Versprich mir, dass du diese Sachen sicher aufbewahrst. Rück sie nicht raus, auch nicht, wenn sie dich direkt danach fragen.«
    »Was denn für Sachen?«, fragte sie verwirrt.
    »Versprich es mir einfach.«
    »Also gut … ja. Aber es erscheint mir wirklich nicht fair, was sie mit dir gemacht haben. Können wir da denn gar nichts unternehmen? Können wir das nicht anfechten? Oder die Bank verklagen? Ich hab das mal nachgelesen, und es gibt da sogar eine Möglichkeit, dass du noch mal darum bitten könntest, gegen Kaution freizukommen, falls …«
    »Und was soll das bringen? Ich sitze im Knast, wie du vielleicht bemerkt haben wirst. Oder hast du gedacht, wir wären hier bei Starbucks?«
    Sie starrte ihn gekränkt an. »Ich verstehe nicht, warum du es nicht wenigstens versuchen willst.«
    »Weil es sinnlos wäre, verdammt noch mal. Siehst du das denn nicht?«
    Charlotte blinzelte, überlegte, wie sie den außer Kontrolle geratenen Zug, in den sich dieses Gespräch zusehends verwandelte, noch aufhalten konnte. »Ich weiß, das hier muss schwierig für dich sein …«
    »Du hörst mir nicht zu!« Er schlug mit der flachen Hand auf den Tisch, und der Wärter warf ihm einen mahnenden Blick zu. »Es hat Zeugen gegeben …

Weitere Kostenlose Bücher