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Am Rande des Abgrunds: Thriller (German Edition)

Am Rande des Abgrunds: Thriller (German Edition)

Titel: Am Rande des Abgrunds: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire McGowan
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»Willst du, dass ich den Tag über verschwinde?«
    Charlotte schämte sich; war es das, was sie gewollt hatte? »Wo würdest du denn hingehen?«
    »Ins Kino, shoppen … irgendwohin.«
    »Nein, nein, red keinen Blödsinn, ich bin ja nachher wieder da.«
    »Okay. Dann bleib ich hier.« Verlegen wandten sie den Blick voneinander ab.
    Die Fahrt zum Gefängnis war diesmal nicht mehr ganz so schlimm. Sie kannte jetzt die Strecke und fragte sich nicht mehr die ganze Zeit ängstlich, wie es dort wohl aussehen und riechen würde und ob die Leute sie anglotzen würden. Sie sah sich die anderen Fahrgäste im U-Bahn-Wagen an: Die Frau im rosaroten Trainingsanzug schien das gleiche Ziel zu haben wie sie. Charlotte blickte immer mal wieder verstohlen zu ihr hinüber, doch als sie ausstiegen, ging die Frau in entgegengesetzter Richtung davon, und Charlotte machte sich ganz allein auf den Weg zum Gefängnis, die schwere Tasche mit Dans Kleidern schleppend. Sie hatte seine schönsten Freizeitsachen eingepackt, Pullover aus edler Wolle und perfekt eingetragene Jeans. Als könnte sie ihn damit in Liebe hüllen.
    Als sie vor dem Empfang anstand, überlegte sie, ob es eine gute Idee gewesen war, Keisha in ihrer Wohnung bleiben zu lassen. Sie kannte sie ja schließlich kaum. War es klug, sie mit all ihren schönen Dingen allein zu lassen, nur weil sie eventuell etwas wusste, das Dan helfen könnte? Charlotte dachte gar nicht mehr daran, wo sie gerade war; so schnell hatte sie sich an die neuen Umstände gewöhnt.
    Als die Frau hinterm Schalter, eine mürrisch schauende Vollzugsbeamtin, Charlotte erblickte, zückte sie ihr Funkgerät.
    »Stimmt irgendwas nicht?« Es war, wie wenn man in ein Restaurant kam und der Ober die Reservierung nicht finden konnte und einen ansah, als wäre man selbst schuld daran.
    Die Frau wandte den Blick ab. »Der Sarge ist gleich bei Ihnen.«
    Während die Schlange hinter ihr in dem stickigen Raum ungeduldig wurde, kam der Wärter vom letzten Mal angelatscht, mit einem Gang, als drückten ihn die Schuhe. Charlotte bekam wieder dieses Eiscreme-Gefühl in der Kehle. »Ist irgendwas nicht in Ordnung? Geht es ihm gut?«
    Der Wärter kratzte sich hinterm Ohr. »Tut mir leid, Miss. Er will heute keinen Besuch.«
    Sie starrte ihn an. Sie war sprachlos.
    »Er hat gesagt, er will Sie nicht sehen. Ich hab ihm gesagt, es wäre doch jammerschade, so eine hübsche junge Dame wieder wegzuschicken, aber nein, er will Sie nicht sehen.«
    Charlotte stand in ihrem Gefängnisbesuch-Outfit da und hielt sich an ihrer Mulberry-Tasche fest. Hinter ihr hörte sie eine Frau in der Schlange murren, sie solle mal in die Gänge kommen, verdammt noch mal.
    Dem Wärter war es sichtlich peinlich. »Es tut mir wirklich sehr leid, Miss. Er will nicht mal einen Anwalt, sagt er.«
    »Aber – nicht mal mich will er sehen?«
    Er zuckte mit den Achseln. Dann war es also tatsächlich so. Der muffige Geruch des Raums hüllte sie ein, ihr wurde schlecht davon. Sie sah auf den funkelnden Diamantring an ihrem Finger hinab, der mehr wert war als alle Kleider all der Frauen, die hier anstanden, um ihre Männer zu besuchen. Was hatte das zu bedeuten: wenn er sie nicht zu sich ließ, wenn sie ihn besuchen kam?
    Als sie heimkam, war Keisha aufgestanden und schaute schon wieder fern. Ihre Schuhe lagen im Flur; Charlotte stellte sie beiseite. Sie gab sich Mühe, sich nicht darüber aufzuregen, ebenso wenig wie über das große Glas Cola, das Keisha ohne Untersetzer auf dem Couchtisch abgestellt hatte.
    »Alles okay?« Keisha zupfte an ihren Haaren herum.
    »Nein.« Charlotte ging in die Küche und räumte auch dort ein wenig auf. »Er wollte mich nicht sehen.«
    »Scheiße.«
    »Ich weiß nicht, was ich tun soll.«
    »Setz dich doch erst mal und trink ’ne schöne Tasse Tee. Ich mach dir eine.«
    Charlotte sank auf einen Küchenstuhl. »Ich meine: Hat man so was schon gehört? Dass jemand im Gefängnis sitzt und Besucher wieder wegschickt? Ich hab ihm seine Sachen mitgebracht. Er trägt die ganze Zeit diese Anstaltskluft, obwohl er das gar nicht müsste.«
    Keisha löffelte Zucker in einen Becher. »So was kommt vor. Manche wollen da drinnen nicht gesehen werden. Die schämen sich.«
    »Aber er ist doch nur in Untersuchungshaft! Ich nehme übrigens keinen Zucker.«
    »Natürlich nicht, du Hungerhaken. Hattest einen richtig miesen Morgen, was?«
    Charlotte vergrub das Gesicht in den Händen und brach in Tränen aus. Keisha stellte ihr den dunklen, süßen

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